Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 04.05.2021; Aktenzeichen 31 O 26/19 KfH)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 31. Kammer für Handelssachen - Commercial Court - des Landgerichts Stuttgart vom 04.05.2021 (31 O 26/19 KfH) wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die in Ziff. 1. a) des Urteilstenors vorgenommene Abweisung seiner Klage gegen den Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 09.05.2019 zu TOP 4 (b) als unzulässig richtet.

II. Auf die Berufung des Klägers wird das vorerwähnte Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 04.05.2021 teilweise abgeändert und hinsichtlich Ziff. 2 des Urteilstenors wie folgt neu gefasst:

Auf die Anfechtung des Klägers wird der in der Hauptversammlung der Beklagten am 09.07.2020 gefasste Beschluss zu TOP 4 (a) (über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder S. Z., C. Z. und H. H.) für nichtig erklärt. Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

III. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 69 % und die Beklagte 31 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 65 % und die Beklagte 35 %.

V. Das vorliegende Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger wie auch die Beklagte dürfen die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung i.H. von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H. von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren auf 480.000,00 EUR und für das Berufungsverfahren auf 430.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. I. Der Kläger hält etwa 9,5 % der Aktien der beklagten Aktiengesellschaft, deren Grundkapital sich derzeit auf 41,7 Mio. EUR beläuft. Er ist der Sohn von M. B., bei welchem es sich um den Gründer der B. AG handelt, unter welcher die Beklagte einst firmiert hat. Bei der Beklagten handelt es sich um eine nicht börsennotierte Industrieholding. Hauptaktionär der Beklagten ist G. L., welcher über 50 % der Aktien hält.

Mit seiner Anfechtungsklage begehrt der Kläger primär die Nichtigerklärung der in der Hauptversammlung der Beklagten am 09.05.2019 gefassten Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 2, 3, 4, 6 sowie 7. So hat er vor dem Landgericht beantragt (vgl. LGU 9 f.),

auf die Anfechtung des Klägers hin die in der Hauptversammlung der Beklagten am 09.05.2019 gefassten Beschlüsse zu dem Tagesordnungspunkt

"2. Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr 2018",

"3. Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2018"

"4. Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2018",

"6. Beschlussfassung über die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gem. § 147 AktG",

"7. Beschlussfassung und Bestellung eines besonderen Vertreters gem. § 147 Abs. 2 AktG"

für nichtig zu erklären;

hilfsweise - wie mit Schriftsatz vom 13.10.2020 angekündigt - festzustellen, dass der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 09.05.2019 zum Tagesordnungspunkt 2 "Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr 2018" gegen das Gesetz und die Satzung verstoßen habe;

höchst hilfsweise - wie mit Schriftsatz vom 24.03.2021 angekündigt - festzustellen, dass der festgestellte Jahresabschluss der Beklagten für das Geschäftsjahr 2018 nichtig sei.

Die Beklagte hat vor dem Landgericht beantragt (LGU 10),

die Klage (einschließlich der Hilfsanträge) abzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des Landgerichts vom 04.05.2021 (31 O 26/19 KfH; GA 332 ff.) Bezug genommen.

Mit dieser Entscheidung hat das Landgericht die Klage als unzulässig abgewiesen, soweit sie sich gegen die Beschlussfassungen zu den Tagesordnungspunkten 2, 4 (b), 6 und 7 richtet (Ziff. 1 a. des Tenors) und soweit der Kläger hilfsweise die Feststellung begehrt, dass der zum Tagesordnungspunkt 2 gefasste Beschluss gegen das Gesetz und die Satzung verstoßen habe (Ziff. 1 b. des Tenors). Im Übrigen hat das Landgericht die Klage als unbegründet abgewiesen (Ziff. 2 des Tenors).

Zur Begründung seines Urteils hat das Landgericht im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Soweit sich die Anfechtungsklage gegen den unter TOP 2 gefassten Hauptversammlungsbeschluss vom 09.05.2019 über die Gewinnverwendung betreffend das Jahr 2018 richte, sei die Klage wegen zwischenzeitlich eingetretenen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Da der Aufsichtsrat der Beklagten am 06.04.2020 den Jahresabschluss für das nachfolgende Geschäftsjahr 2019 festgestellt habe (vgl. Anlage B 16 i.V.m. GA 241), sei der vorgetragene Bilanzgewinn des Jahres 2018 i.H. von 2.627.765,76 EUR vollständig im Bilanzgewinn des Jahres 2019 aufgegangen, welcher sich gegenüber 2018 durch ein...

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