Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichsanspruch aus Gütergemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Zum Vorliegen der Voraussetzungen eines aus Gütergemeinschaft nach Tod des einen Ehegatten hergeleiteten Ausgleichsanspruch.
Normenkette
BGB §§ 1473, 1476, 1482, 1976, 2032 ff.
Verfahrensgang
LG Ellwangen (Urteil vom 20.10.2000; Aktenzeichen 3 O 275/00) |
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 20.10.2000 – 3 O 275/00 – wird
zurückgewiesen.
2. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Streitwert der Berufung und Wert der Beschwer für die Kläger: 635.000,– DM.
Tatbestand
Die Kläger verlangen als Nacherben von den Beklagten als Erben Schadensersatz wegen einer Verfügung ihrer Erblasserin als Vorerbin.
Am 21.11.1956 verstarb in Göppingen der Kaufmann H. W.. Dieser war seit 26.05.1934 mit H. W., geb. … verheiratet. Die Eheleute W. schlossen am 31.03.1936 vor dem Notar in S. einen Ehe- und Erbvertrag, mit welchem sie die Gütergemeinschaft vereinbarten. Die Vertragschließenden trafen darüber hinaus unter VII. folgende erbrechtlichen Regelungen:
„Sind beim Tode eines Gatten keine Abkömmlinge desselben vorhanden, dann soll der überlebende Gatte Alleinerbe als Vorerbe sein.
Die Nacherbfolge tritt ein:
a) …
b) Wenn der überlebende Gatte nicht wieder heiratet mit dessen Tod. Nacherben sind die an diesem Tage gesetzlich zur Erbschaft berufenen Verwandten des Erstgestorbenen nach den Regeln des § 1924 BGB …
VIII.
Jeder von uns ist berechtigt, von dem Vertrag im Ganzen zurückzutreten.”
Am 22.08.1951 verfaßte H. W. ein privatschriftliches Testament, worin er u. a. für den Fall seines Ablebens vor seiner Ehefrau verfügte:
„1) …
2) Das Gut L. samt Landhaus und sämtlichem Zubehör sowie unsere gesamte Wohnungseinrichtung, Schmuck, Kleider etc. betrachte ich als Gemeinschaftsgut und verfüge daher, dass dieses als gemeinschaftlich erworben meiner Frau bzw. nach deren Tod an die Familie S. … bzw. den Erbnachfolgern fällt.
3) …”
Der Erblasser H. W. verstarb ohne Nachkommen. Die Kläger sind die Kinder seiner zwischenzeitlich ebenfalls verstorbenen Schwester E. B.
Auf entsprechende Beschwerde erteilte das Amtsgericht S. mit Beschluß vom 23.04.1957 der Witwe He. W. einen Erbschein des Inhalts, dass sie unter Anordnung der Nacherbfolge Alleinerbin nach H. W. geworden ist, wobei sich das Recht der Nacherben, der Kläger, nicht „auf das der Vorerbin ausgesetzte Vorausvermächtnis, bestehend in dem Anteil des Erblassers am Gesamtgut der zwischen ihm und der Vorerbin bestandenen allgemeinen Gütergemeinschaft (Gut L. samt Landhaus mit Zubehör. Wohnungseinrichtung, Schmuck, Kleider etc.)” erstreckt. Aufgrund dessen veranlaßte He. W. am 03.11.1958 ihre Eintragung im Grundbuch als Eigentümerin des Anteils ihres verstorbenen Ehemannes am Grundstück L. Am 21.04.1994 errichtete die Witwe He. W. ein notarielles Testament, mit welchem sie ihren Neffen, den Beklagten Ziff. 1, als Erben zu 2/3 und ihre Schwester I. V. als Erbin zu 1/3 einsetzte. Als Ersatzerbin nach ihrer Schwester bestimmte sie die Beklagte Ziff. 2. Außerdem ordnete sie Testamentsvollstreckung an.
Am 02.04.1996 verstarb He. W.. I. V. ist zwischenzeitlich ebenfalls verstorben. Sie wurde von den Beklagten je zur Hälfte beerbt.
Der Testamentsvollstrecker am Nachlaß He. W. hat das Grundstück Gut L. mit dem notariellen Kaufvertrag vom 04.09.1996 für 1.200.000,– DM veräußert. Den Wert der übrigen Vermögensgegenstände (Inventar, Schmuck etc.) hat der Testamentsvollstrecker auf 70.000,– DM geschätzt.
Die Kläger sind der Ansicht, einen Schadensersatzanspruch gegen die Erblasserin He. W. erworben zu haben, für welche die Beklagten als Erben haften würden. Die Erblasserin sei zwar befreite Vorerbin am Anteil ihres verstorbenen Ehemannes am Gesamtgut der Eheleute W. geworden. Das privatschriftliche Testament ihres Ehemannes vom 22.08.1951 sei aber wirkungslos. Der Erblasser H. W. habe die Nacherbenanordnung im Ehe- und Erbvertrag vom 31.03.1936 nicht einseitig durch privatschriftliches Testament abändern können. Die Eintragung der Witwe He. W. im Grundbuch als Alleineigentümerin des Gutes L. stelle eine unzulässige, weil unentgeltliche Verfügung über einen der Nacherbschaft unterfallenden Nachlaßgegenstand dar. Der Schadensersatzanspruch errechnet sich aus dem hälftigen Verkaufserlös für das Gut L. von 1,2 Mio. DM und dem hälftigen Inventarwert von 70.000,– DM und belaufe sich somit auf 635.000,– DM.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie zur gesamte Hand 635.000,– DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 04.09.1996 zu bezahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten meinen, die Auslegung des Ehe- und Erbvertrages vom 31.03.1936 und des privatschriftliche...