Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung des Enteignungsbeschlusses des Regierungspräsidiums … vom 12.12.1985

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 07.05.1986; Aktenzeichen 15 O 3/86)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 18.02.1999; Aktenzeichen 1 BvR 1367/88, 1 BvR 146/91, 1 BvR 147/91)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beteiligten zu 1 gegen das Urteil der Kammer für Baulandsachen beim Landgericht Stuttgart vom 7.5.1986 wird

zurückgewiesen.

2. Die Beteiligte zu 1 trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beteiligte zu 1 kann die Vollstreckung durch die Beteiligte zu 2 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9.600,– DM abwenden, wenn nicht die Beteiligte zu 2 vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert der Berufung und Beschwer der Beteiligten zu 1:

149.175,– DM

 

Tatbestand

Die Beteiligte zu 1 ist Eigentümerin des auf Markung … im Gewann … gelegenen Grundstücks Flurstück Nr. … mit einem Meßgehalt von 19,89 a. Das Grundstück, das als Obstbaumwiese genutzt wird, liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans …, der am 2.11.1983 als Satzung beschlossen und vom Regierungspräsidium … am 7.2.1984 genehmigt worden ist.

Der Bebauungsplan sieht die Verwendung des Grundstücks für das Sondergebiet … (Kindergarten, Werk-, Sport- und Klassenräume, Festsaal) für öffentliche Grünfläche und für einen zwischen Schulgebäude und Grünfläche liegenden Feldweg vor. Die Stadt …, die mit Ausnahme des Grundstücks der Beteiligten zu 1 inzwischen im Besitz aller dortigen Grundstücke ist, beantragte mit Schreiben vom 9.7.1984 beim Regierungspräsidium … die Enteignung des Grundstücks zu ihren Gunsten, nachdem die Beteiligte zu 1 einen Verkauf abgelehnt und erklärt hatte, sie sei nicht gewillt, das Grundstück zu irgendeinem Preis zu veräußern. Mit Beschluß vom 12.12.1985 entzog das Regierungspräsidium … der Beteiligten zu 1 das Eigentum an dem Grundstück und setzte als Vorauszahlung auf die zu erwartende Entschädigung DM 75.840,40 fest. Die Stadt … schloß am 18.12.1985 mit dem Verein … einen Erbbauvertrag.

Gegen den Enteignungsbeschluß des Regierungspräsidiums … hat die Beteiligte zu 1 am 27.12.1985 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.

Die von der Beteiligten zu 1 gegen die Stadt … erhobene Normenkontrollklage hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch Urteil vom 26.4.1985 als unbegründet abgewiesen (8 S 1877/84).

Die Stadt … genehmigte am 17.12.1985 den ersten Bauabschnitt des Bauvorhabens des Vereins … der noch nicht die Erstellung der Hausmeisterwohnräume und der Werkräume betrifft, zu deren Bau das Grundstück der Antragstellerin benötigt wird. Am 30.6.1986 erteilte das Baurechtsamt der Stadt … die Baugenehmigung für den zweiten Bauabschnitt. Gegen diese Baugenehmigungen erhob die Beteiligte zu 1 jeweils Widerspruch, den das Regierungspräsidium … mit Bescheid vom 10.12.1986 zurückwies, über die hiergegen erhobene Anfechtungsklage der Beteiligten zu 1 ist vom Verwaltungsgericht … noch nicht entschieden. Den von der Stadt … für den ersten Bauabschnitt angeordneten Sofortvollzug haben sowohl das Verwaltungsgericht … als auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigt. Inzwischen ist das Unterrichtsgebäude aus dem ersten Bauabschnitt, das etwa 2/3 des gesamten Bauvorhabens entspricht, im Rohbau erstellt.

Die Beteiligte zu 1 hat im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, sie wolle das Grundstück im Rahmen des Familienbesitzes erhalten. Die Enteignung sei unzulässig. Der Bebauungsplan sei ungültig. Da der Gemeinderat in bezug auf die Grundstückssituation von der Stadtverwaltung falsch informiert worden sei, liege ein Abwägungsverstoß gegen § 1 Abs. 7 BBauG vor. Auch werde durch den Bau der Schule das Grundwasser im Bereich des nahegelegenen … nachhaltig beeinträchtigt. Darüber hinaus erfordere das Wohl der Allgemeinheit nicht die Enteignung. Die Stadt habe im Gebiet … genügend eigenes Gelände, um dort die Schule bauen lassen zu können. Die Stadt wolle jedoch dieses Gebiet für Wohnbebauung nutzen, um auf diese Art und Weise beim Verkauf ihrer Grundstücke höhere Kaufpreise erzielen zu können, als dies bei dem streitgegenständlichen Gebiet der Fall sei. Auch erfülle die … nicht hoheitliche Aufgaben im Schulbereich, da der Träger ein privatrechtlich organisierter Verein sei. Es bestehe keine Rechtspflicht der öffentlichen Hand, einer Privatschule Bauland zur Verfügung zu stellen.

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,

den Bescheid des Regierungspräsidiums … vom 12.12.1985 aufzuheben.

Die Beteiligte zu 2 hat beantragt,

den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2 hat vorgetragen, der Bebauungsplan sei gültig. Eine Umplanung, bei der das Grundstück der Beteiligten zu 1 von einer Bebauung ausgenommen werde, sei sowohl aus planerischen als auch aus rechtlichen Gründen nicht durchführbar. Die … sei unbedingt darauf angewiesen, daß sie spätestens zu Beginn des Schuljahres 1987/88 die neuen Gebäude beziehen kann, da die räumliche Kapazität des bisherigen Prov...

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