Leitsatz (amtlich)
1. Im Wege der einstweiligen Verfügung kann ggü. den beiden alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern der Komplementär-GmbH einer zweigliedrigen GmbH & Co KG mit paritätischen Mehrheitsverhältnissen nur in eng zu begrenzenden Ausnahmefällen ein umfassendes Tätigkeitsverbot ausgesprochen werden. Wenn beiden jeweils von einer Gesellschafterin gestellten Geschäftsführern von der Gegenseite Unregelmäßigkeiten zur Last gelegt werden, müssen ganz erhebliche konkrete und unmittelbar bevorstehende Nachteile für die Gesellschaft drohen, die es rechtfertigen, eine Gesellschafterin von den im Gesellschaftsvertrag angesichts der Mehrheitsverhältnisse bewusst angelegten wechselseitigen Kontrollmöglichkeiten durch die beiden Geschäftsführer bei Geschäften der laufenden Verwaltung auszuschließen.
2. Für einen Verfügungsgrund genügt eine gewisse Verunsicherung der Geschäftspartner und eine abstrakte Gefährdung der Kreditwürdigkeit infolge der Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen eines Geschäftsführers nicht. Vielmehr müsste von der Verfügungsklägerin vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, dass die Gesellschaft in naher Zukunft auf weitere Kredite angewiesen ist, die ihr mit dieser Begründung verweigert werden, oder dass der Abbruch von Geschäftsbeziehungen zu wichtigen Vertragspartnern unmittelbar bevorsteht.
3. Auch unter dem Gesichtspunkt des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache gelten diese strengen Voraussetzungen insb. dann, wenn die Gesellschaft befristet ist, so dass angesichts der notwendigen Tatsachenermittlungen für zahlreiche in der Vergangenheit liegende Vorgänge ein Hauptsacheverfahren erfahrungsgemäß nicht bis zum Ende der werbenden Tätigkeit der Gesellschaft in den nächsten Monaten abgeschlossen werden kann.
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 21.07.2005; Aktenzeichen 21 O 55/05 KfH) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil des LG Heilbronn vom 21.7.2005 (21 O 55/05 KfH) abgeändert.
Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweilen Verfügung wird abgewiesen.
2. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Streitwert: 30.000 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin hat beim LG Heilbronn im Wege der einstweiligen Verfügung gegen den Beklagten die Anordnung eines Tätigkeitsverbots als Geschäftsführer erwirkt. Das LG hat nach Widerspruch des Beklagten die zunächst im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung durch das angefochtene Urteil bestätigt.
1. Die Y. GmbH & Co KG (Geschäftsführer der Komplementär-GmbH H. S.) und die G. GmbH & Co KG (Geschäftsführer der Komplementär-GmbH W. P.) sind als jeweils gleichberechtigte Gesellschafter an der X. GmbH & Co KG (X. KG) mit einer Kommanditeinlage von je 2.020.000 DM und einer Stammeinlage von je 25.000 DM an der Komplementärin X. Verwaltungs GmbH (X. GmbH) beteiligt. Die X. KG betreibt ein Schotterwerk und ein Asphaltmischwerk. Alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Komplementärin X. GmbH sind W. P. und H. S.. Der Geschäftsführer H. S. ist unstreitig von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht befreit, beim Geschäftsführer W. P. ist dies streitig. Nach § 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der X. GmbH "dauert die Gesellschaft bis zum 28.2.2006 und ist bis dahin unkündbar".
Die beiden Gesellschafter der X. KG und der X. GmbH, die Y. GmbH & Co KG und die G. GmbH & Co KG versuchen jeweils im Wege der einstweiligen Verfügung, den gegnerischen Geschäftsführer von der Geschäftsführung/Vertretung der X. GmbH auszuschließen, bis über deren Abberufung in der Gesellschafterversammlung vom 28.5.2005 rechtskräftig in den Hauptsacheverfahren LG Dresden 44 O 222/05 und 44 O 263/05 entschieden ist. In der Gesellschafterversammlung am 28.5.2005 sollte jeweils über die sofortige Abberufung des gegnerischen Geschäftsführers aus wichtigem Grund abgestimmt werden, entsprechende Beschlüsse kamen angesichts der paritätischen Mehrheitsverhältnisse nicht zustande.
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren beim LG Heilbronn (21 O 55/05 KfH) bzw. dem vorliegenden Berufungsverfahren 14 U 50/05 wird von der Verfügungsklägerin G. GmbH & Co KG dem Geschäftsführer H. S. insb. der Vorwurf gemacht, er habe die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens am 15.3.2005 verschwiegen, außerdem habe die Antragstellerin erst vor kurzem erfahren, dass im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren von verschiedenen Firmen der S.-gruppe im Frühjahr 2003 finanzielle Unregelmäßigkeiten aufgetreten seien, die Gegenstand eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens seien. Durch diese beiden Umstände seien die Beziehungen der X. KG und der X. GmbH zu Banken und anderen Vertragspartnern in Gefahr, da diese kein Vertrauen mehr in den Geschäftsführer H. S. hätten.
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren beim LG Stuttgart (39 O KfH 48/05 KfH) bzw. dem weiteren beim Senat unter dem Aktenzeichen 14 U 53/05 anhängigen Berufungsverfahren werden dem Geschäftsführer W. P. von der Y. GmbH & Co KG diverse Unregelmäßigkeiten angelas...