Verfahrensgang

LG Ravensburg (Urteil vom 18.02.2015; Aktenzeichen 6 O 207/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.10.2016; Aktenzeichen VI ZR 618/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Ravensburg vom 18.02.2015, Az 6 O 207/14, aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das LG zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.(1.) Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen unerlaubter Ausübung von Finanzdienstleistungen, hilfsweise wegen fehlerhafter Durchführung einer Vermögensverwaltung.

Im Jahre 2004 wurden dem in Deutschland wohnhaften Kläger und seiner Frau zwei Lebensversicherungen ausbezahlt. Die Beträge wurden auf ein Konto bei der W-Bank in der Schweiz eingezahlt.

Der Beklagte, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, ist Gründer, Alleinaktionär und Vorstand der seit Anfang 2004 im Handelsregister eingetragenen und später liquidierten G AG mit Sitz in Vaduz, Liechtenstein. Eingetragener Zweck der G AG war unter anderem die Ausführung folgender Tätigkeiten: "Anlageberatung; Vermögensverwaltung für Dritte; Portfolioverwaltung für private und institutionelle Kunden; Wertpapier- und Finanzanalyse oder sonstige Formen allgemeiner Empfehlungen, die Geschäfte mit Finanzinstrumenten betreffend der Kundenbetreuung dienen; Beratung hinsichtlich Vermögensstrukturierung (Asset Allocation); Durchführung aller mit diesem Zweck direkt oder indirekt im Zusammenhang stehenden Transaktionen" (Bl. 3 d.A.).

Der Zeuge S stellte dem Kläger im Jahre 2007 die Möglichkeit vor, mit der G AG einen Vermögensverwaltungsvertrag abzuschließen. Er war ein früherer Nachbar des Klägers, als Versicherungsmakler tätig gewesen und hatte dem Kläger bereits verschiedene Versicherungsverträge vermittelt. Nachdem der Zeuge S mit dem Kläger und seiner Frau mehrere Gespräche an deren Wohnsitz in Wangen geführt hatte, suchten der Kläger und seine Frau am 22.05.2007 den Beklagten gemeinsam mit dem Zeugen S in der Schweiz auf. Dort schlössen der Kläger und seine Frau mit der G AG einen Vertrag über eine aktive Vermögensverwaltung mit einer Anlagesumme von 230.000,00 EUR. Der Vertrag enthielt in Ziffer 12 eine Rechtswahl zu Gunsten des liechtensteinischen Rechts und eine Vereinbarung über einen Gerichtsstand in Vaduz, Liechtenstein. Außerdem unterzeichneten der Kläger und seine Frau ebenfalls am 22.05.2007 ein so genanntes Anlegerprofil für Vermögensverwaltung. Dabei wurde zum Anlageziel und zur Risikobereitschaft angekreuzt: "Überdurchschnittliches Vermögenswachstum. Ich möchte Anlageformen, die überdurchschnittlich hohe Ertragsaussichten bieten und nehme dafür grosse Kursschwankungen und einen möglichen Verlust des Kapitals in Kauf" (Anlage B2).

Danach überwiesen der Kläger und seine Frau im Juni und September 2007 von ihrem Konto bei der W-Bank in der Schweiz auf das vom Beklagten auf den Namen des Klägers und seiner Frau eingerichtete und von der G AG verwaltete Konto/Depot bei der Raiffeisenbank ... Beträge in Höhe von insgesamt 250.039,05 EUR. Eine von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erteilte Erlaubnis als grenzüberschreitender Dienstleister gemäß § 53b KWG war der G AG zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgestellt worden. Diese Erlaubnis wurde erst später, im September 2009, erteilt (Anlage K 5).

In der Folgezeit kam es zu Verlusten im Rahmen der Vermögensverwaltung durch die G AG. Mit Verfügung des Amtes für Justiz vom 8.7.2013 wurde die amtliche Auflösung und Liquidation der Gesellschaft bekannt gegeben.

Die Rolle und nähere Funktion des Zeugen S im Rahmen und im Vorfeld des Vertragsschlusses zwischen dem Kläger und der G AG im Mai 2007 ist zwischen den Parteien streitig. Insbesondere ist der Zeitpunkt streitig, ab dem der Zeuge S für die Firma G AG tätig war. Ein Arbeitsvertrag zwischen dem Zeugen S und der G AG datiert vom 26.09.2007 (Anlage B 4). Das Ausmaß der Vermittlungstätigkeit und Erstberatung des Zeugen in Deutschland blieb zwischen den Parteien ebenso streitig wie die Frage, ob eine Geschäftsanbahnung in Deutschland durch den Beklagten veranlasst worden war.

Der Kläger sieht darin, dass die G AG ohne die erforderliche KWG-Zulassung die Vermögensverwaltung übernommen habe, eine unerlaubte Handlung im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 32, 54 KWG, für die der Beklagte als Organ der G AG persönlich hafte. §§ 32, 54 KWG seien ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

Für die ihm gegenüber begangene unerlaubte Handlung sei gemäß Art. 5 Abs. 3 LugÜ ein Gerichtsstand in Deutschland eröffnet.

Hilfsweise macht der Kläger eine fehlerhafte Durchführung der Vermögensverwaltung geltend. Ihm und seiner Frau sei zugesichert worden, dass die Gelder konservativ verwaltet würden und dass das für sie geltende Anlageprinzip der Sicherheit und Wertbeständigkeit berücksichtigt würde. Diese Anlagerichtlinien habe der Beklagte nicht eingehalten.

Der Kläger verlangt deshalb Rückzahlung des in...

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