Entscheidungsstichwort (Thema)
Löschungsbewilligung des Nacherben
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bestellung einer Grundschuld beeinträchtigt, die Rchte der Nacherben i. S. v. § 2113 BGB.
2. Die Beeinträchtigung ist nach rechtlichen, nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestimmen. Sie ist deshalb auch dann gegeben, wenn für die Grunstücksverfügung des nicht befreiten Vorerben ein angemessener Gegenwert in den Nachlass gelangt.
3. § 1144 BGB gewährt dem Eigentümer ein uneingeschränktes Recht auf Aushändigung der zur Löschung der Hypothek erforderlichen Urkunde bzw. Erteilung der Löschungsbewilligung. Gegenüber diesem anspruch kann der Hypothekengläubiger kein Zurückbehaltungsrecht wegen anderer persönlicher Ansprüche geltend machen.
Normenkette
BGB §§ 273, 2113
Verfahrensgang
LG Ellwangen (Urteil vom 09.08.1996; Aktenzeichen 3 O 508/95) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 09. August 1996 geändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, die Löschung der im Grundbuch von … eingetragenen Grundschuld über 750.000,– DM zu bewilligen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 43.000,– DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert der Berufung und Beschwer des Beklagten: 750.000,– DM
Tatbestand
Die Klägerin macht mit der Klage einen Anspruch auf Erteilung einer Löschungsbewilligung geltend.
Die Klägerin und die Ehefrau des Beklagten, … sind Geschwister. Ihre Eltern … haben am 04. Juli 1974 vor dem Notar … in Stuttgart ein gemeinschaftliches Testament errichtet (UR-Nr. 19/74), das in Ziffer I u. a. folgende Regelung enthält:
Erbeinsetzung
(1) Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein.
(2) Ich, … setze meine Tochter … als Nacherbin zur Hälfte meines Nachlasses ein. Ersatznacherben sind die leiblichen Abkömmlinge von Frau … nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolgeordnung. Der Nacherbfall tritt beim Ableben meiner Ehefrau … spätestens im Falle ihrer etwaigen Wiederverheiratung nach meinem Ableben ein. Das Nacherbrecht ist nicht vererblich.
Am gleichen Tag schlossen … zusammen mit dem Beklagten und … einen Erbvertrag, der von dem Notar … beurkundet wurde (UR-Nr. 20/74) und in Ziff. I. (1) u. a. folgendes vorsieht:
Herr … setzt seine Tochter Frau … als Nacherbin zur Hälfte seines Nachlasses ein. Ersatznacherben sind die leiblichen Abkömmlinge von Frau … nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolgeordnung. Der Nacherbfall tritt beim Ableben von Frau … spätestens im Falle ihrer etwaigen Wiederverheiratung nach dem Ableben von Herrn … ein. Das Nacherbrecht ist nicht vererblich.
… starb am 02. März 1985. Zu seinem Nachlaß gehört das im Grundbuch von Schwäbisch Gmünd (Grundbuchheft Nr. 104) eingetragene Grundstück … wurde am 14. Januar 1987 als neue Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Am gleichen Tag erfolgte auch die Eintragung eines Nacherbenvermerks.
… bewilligte am 07. September 1992 zugunsten des Beklagten eine Grundschuld über 750.000,– DM, die am 21. September 1992 zu Lasten des Grundstücks … im Grundbuch (Abt. III, Nr. 19) eingetragen wurde. Die Grundschuld sollte die Rückzahlung eines Darlehens sichern, das mit Vertrag vom 08. April 1990 zwischen … und dem Beklagten vereinbart worden war (Bl. 16), in der „Vorbemerkung” des Darlehensvertrags wurde u. a. folgendes festgehalten:
Frau … war bis zu ihrem Ausscheiden am 02. Januar 1990 atypisch stille Gesellschafterin der Firma … deren Inhaber Herr … ist.
Bei der Auseinandersetzung der atypisch stillen Gesellschaft wird sich möglicherweise aufgrund von Privatentnahmen der atypisch stillen Gesellschafterin bzw. ihres Rechtsvorgängers, ihres verstorbenen Ehemannes Herrn … anstelle eines Auseinandersetzungsguthabens ein auszugleichendes negatives Kapitalkonto ergeben. Außerdem obliegt Frau … die Verpflichtung zur Ausgleichung des in der negativen Ergänzungsbilanz zum Stichtag ihres Ausscheidens ausgewiesenen Darlehens (Stand am 30.06.89: DM 696.016,16) gegenüber Herrn ….
In Ziff. 3 des Darlehensvertrages trat … als Sicherheit für den Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens die drei Briefgrundschulden auf dem Grundstück … mit den laufenden Nummern 10, 11 und 18 an den Beklagten ab.
… und die Parteien schlossen am 19. Februar 1990 eine notariell beurkundete Schenkungs- und Teilerbauseinandersetzungsvereinbarung (Bl. 16).
… ist am 17.05.1995 verstorben.
Die Klägerin hat vorgetragen, daß ihre Mutter als Vorerbin zur Bestellung der Grundschuld Nr. 19 nicht berechtigt gewesen sei.
Die Klägerin hat folgenden Antrag gestellt:
Der Beklagte wird verurteilt, die Löschung der zu seinen Gunsten im Grundbuch von … eingetragenen Grundschuld über 750.000,– DM zu bewilligen, soweit davon der Anteil der Klägerin an der Erbengemeinschaft zwischen ihr und … betroffen ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, daß die Vor...