Leitsatz (amtlich)
Überweisung durch ungetreuen Bankvorstand zu Lasten seiner Bank auf Konto seiner Ehefrau bei einer anderen Bank: Sind die an einer Überweisung beteiligten Banken selbst Überweisender und Überweisungsempfänger, so findet ein Bereicherungsausgleich unmittelbar zwischen ihnen statt.
Normenkette
BGB § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt
Verfahrensgang
LG Tübingen (Aktenzeichen 7 O 342/00) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des LG Tübingen vom 22.6.2001 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; der Streithelfer trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 158.000 Euro abwenden, sofern nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten: jeweils 127.822,97 Euro.
Gründe
I. Die Parteien sind benachbarte Genossenschaftsbanken. Die Klägerin verlangt Rückzahlung von 250.000 DM (127.822,97 Euro), die von einem Geschäftskonto ihrer Rechtsvorgängerin – Raiffeisenbank …eG – am 22.3.2000 von dem früheren Vorstandsmitglied T. an die Beklagte überwiesen wurden zur Tilgung eines Betriebsmittelkredits von 250.000 DM, den die Beklagte der Ehefrau des T. gewährt hatte.
Am Nachmittag des 22.3.2000 – die Geschäftslokale beider Banken waren geschlossen – bemächtigte sich das damalige Vorstandsmitglied u.a. der Bargeldvorräte der Rechtsvorgängerin der Klägerin und tätigte beleglos die genannte Überweisung durch entsprechende Eingabe in die EDV-Anlage zu Lasten des Kontos der Rechtsvorgängerin der Klägerin Nr. … Als Zahlungsempfänger gab er dabei die Beklagte an und zusätzlich das Konto …, auf welchem damals seiner Ehefrau der Betriebsmittelkredit von 250.000 DM ausgereicht war. Bei dem Konto der Klägerin handelt es sich um ein Geschäftskonto für durchlaufende Gelder. Die Kontonummer dieser Geschäftskonten wird zentral vergeben und lautet bei allen Kreditinstituten des hier betroffenen Buchungskreises gleich, so dass auch die Beklagte ein Geschäftskonto mit gleicher Kontonummer besitzt.
Die Forderung der Beklagten gegen die Ehefrau T. war durch eine Bürgschaft des Streithelfers gesichert. Der auf elektronischem Wege erteilte Überweisungsauftrag wurde von einem gemeinsamen Rechenzentrum der beteiligten Banken in Stuttgart bearbeitet, welches auch die entsprechenden Buchungen vornahm. Der überwiesene Betrag wurde am 22.3.2000 um 16.49 Uhr dem genannten Konto der Ehefrau T. bei der Beklagten gutgeschrieben. Das Konto war damit – rechnerisch – ausgeglichen.
Die Straftat des T. wurde am Morgen des 23.3.2000 entdeckt, worauf das damalige Vorstandsmitglied der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der Zeuge S., die Beklagte gegen 10.30 Uhr telefonisch informierte und gegen 11.20 Uhr per Fax die Überweisung zurückrief.
Die Beklagte weigert sich, die ihr überwiesene Summe zurückzuerstatten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Die Parteien haben der Ehefrau des T. und dem Bürgen G.T. jeweils den Streit verkündet. Beigetreten ist der Bürge auf Seiten der Beklagten.
Das LG hat der Klage uneingeschränkt stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 250.000 DM zzgl. Zinsen zu bezahlen.
Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen dargelegt, dass der nicht Alleinvertretungsberechtigte Vorstand T. keine wirksame Weisung im Interbankenverhältnis habe erteilen können, weshalb die Beklagte das transferierte Buchgeld ohne Rechtsgrund auf Kosten der Klägerin erlangt habe und deshalb der Nichtleistungskondiktion gem. § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB ausgesetzt sei, nachdem keine Entreicherung i.S.v. § 818 Abs. 3 BGB bestehe. Dahingestellt bleiben könne deshalb, ob die Beklagte zwischen den Banken bestehende Pflichten, insbesondere solche aus dem Überweisungsabkommen, verletzt habe.
Gegen dieses am 3.7.2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 2.8.2001 bei Gericht eingekommene und am 15.8.2001 mit einer Begründung versehene Berufung der Beklagten.
Die Beklagte hebt u.a. darauf ab, dass der frühere Vorstand T. zumindest für den beleglosen Überweisungsverkehr Alleinvertretungsberechtigung gehabt habe. Überweisungsempfängerin sei dessen Ehefrau gewesen, aus deren bestimmender Sicht der Vorstand T. Leistender gewesen sei, welcher als Privatperson unabhängig vom Umfang seiner Vertretungsmacht eine Leistungszweckbestimmung habe wirksam tätigen können. Die Beklagte habe schon deshalb nichts vereinnahmt, weil der Überweisungsbetrag durch das eingeschaltete Rechenzentrum unmittelbar dem Konto der Ehefrau des T. gutgeschrieben worden sei. Sie selbst habe nur noch eine Plausibilitätsprüfung vornehmen müssen, die vor dem Rückruf der Überweisung beanstandungsfrei abgeschlossen gewesen sei mit der Folge, dass für die Gutschrift autorisierte Abrufpräsenz i.S.d. Rspr. bestanden habe. Wäre sie selbst Ü...