Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Aktenzeichen 2 O 971/86) |
Gründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat, soweit die Klageanträge – Ziff. 1 a (erhöht auf DM 5.100,–), b und c – noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
1.
Als Anspruchsgrundlage kommt, soweit die Klage auf unerlaubte Handlung gestützt wird, § 839 BGB (i.V.m. Art. 34 GG) in Betracht; denn die gesamte dienstliche Tätigkeit der Bundeswehr, und dazu gehören militärische Übungsflüge, ist hoheitsrechtlicher Natur und daher Ausübung einer Amtstätigkeit (allg.M., vgl. Soergel-Glaser, 11. Aufl., § 839 Rz 100 m.w.N.); gleiches gilt für militärische Übungen von in der Bundesrepublik stationierten ausländischen Nato-Truppen (vgl. dazu die Darstellung bei Staudinger-Schäfer, 12. Aufl., § 839 Rz 205). Entgegen der Meinung des Landgerichts scheiden folglich die Vorschriften der §§ 823, 831 BGB als Anspruchsgrundlage aus.
§ 839 BGB setzt voraus, daß die Anordnung oder Durchführung von Tiefflügen über dem Gebiet, in dem die Klägerin Ziff. 1 ihren Gewerbebetrieb betreibt und die Kläger Ziff. 4 a, 4 b und 5 leben, eine rechstwidrige und schuldhafte Amtspflichtverletzung darstellt. Der 3, Strafsenat des OLG Stuttgart hat in seinem Beschluß vom 15.5.1986 (3 Ws 58/86, Abdruck Bl. 36), der den Parteien bekannt ist, überzeugend dargelegt, daß die Anordnung und Durchführung von Tiefflügen rechtmäßig ist; der Senat tritt diesen Gründen bei.
Es mag zutreffen, daß einzelne Piloten von Strahlflugzeugen die Anordnung für die Durchführung von Tiefflügen gelegentlich mißachten und dadurch rechtswidrige und schuldhafte Amtspflichtverletzungen begehen. Die Kläger haben jedoch nicht substantiiert dargetan, daß sie allein durch solche (rechtswidrige) Tiefflüge in ihren von § 839 BGB geschützten Rechtsgütern beeinträchtigt worden sind.
2.
Der Klägerin Ziff. 1 steht auch kein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs zu. Dabei kann zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, daß Lärmbeeinträchtigungen durch Tiefflüge – in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH (BGHZ 59, 378; 79, 45; NJW 1981, 1369; LM § 906 BGB Nr. 64; VersR 1987, 379) zur Entschädigung von Anwohnern für von Militärflughäfen ausgehende Lärmbeeinträchtigungen – einen solchen Entschädigungsanspruch auslösen können. Die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs für einen Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb setzt jedenfalls bei Lärmbeeinträchtigungen voraus, daß durch sie eine wirtschaftliche fühlbare Einbuße entstanden ist (vgl. BH WM 1978, 852, 854 – enteignender Eingriff durch Manöverlärm in eine Gastwirtschaft und Pension). Daran fehlt es hier, selbst wenn unterstellt wird, daß Trude Kürten das Appartment Nr. 36 des Altenwohnheims der Klägerin deshalb nicht gemietet hat, weil sie den Fluglärm unerträglich fand: Die Klägerin Ziff. 1 betreibt ein Altenwohnheim mit etwa 50 Appartments. Davon stehen, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat, im allgemeinen 4 bis 5 leer. Abgesehen davon, daß nicht dargetan ist, daß Appartment Nr. 36 zusätzlich leer steht, kann auch unter Berücksichtigung eines monatlichen Mietausfalls von DM 300,– für dieses Appartment nicht von einer fühlbaren Einbuße gesprochen werden.
Es braucht daher nicht entschieden zu werden, welches Maß an Beeinträchtigung durch Fluglärm gegeben sein muß, um den Tatbestand des enteignenden Eingriffs erfüllen zu können.
3.
Die Kläger Ziff. 4 a), 4 b) und 5 können keine billige Entschädigung i.S.d. § 53 Abs. 3 LuftVG (Schmerzensgeld) verlangen. Mach dieser Vorschrift steht bei Verletzung des Körpers oder der Gesundheit durch militärische Luftfahrzeuge dem Verletzten wegen des Schadens, der nicht Vermögens schaden ist, eine billige Entschädigung in Geld zu. Die Kläger Ziff. 4 a) 4 b) und 5 haben indes nicht substantiiert dargetan, daß sie infolge der Tiefflüge eine Gesundheitsverletzung erlitten haben, welche die Zubilligung eines Schmerzensgeldes (billige Entschädigung) rechtfertigen könnte:
Die Kläger Ziff. 4 a) und b) – Sebastian war bei Klageerhebung eineinhalb Jahre, Maximilian 2 Monate alt – behaupten, ihre Entwicklung werde durch die Tiefflüge in erheblichem Umfang beeinträchtigt, ihre Gesundheit sei bereits geschädigt; sie würden schon beim Herannahen eines Düsenflugzeuges zu schreien beginnen und könnten sich oft längere Zeit nach dem überfliegen nicht beruhigen; sie seien verängstigt, und es drohten ihnen seelische Entwicklungsschaden (Klagevortrag Bl. 11 und 12).
Der Senat verkennt nicht, daß Lärm, vor allem durch Strahlflugzeuge verursacht, das körperliche und seelische Wohlbefinden vermindern kann. Die Zubilligung eines Schmerzensgeldes setzt aber voraus, daß eine medizinisch diagnostierbare Gesundheitsbeschädigung vorliegt, z.B. in Gestalt von Schlafstörungen (OLG Hamm, VersR 1979, 579; Staudinger-Schäfer, 12. Aufl., 1986, § 823 Rz 24, 26). Solche Gesundheitsverletzungen werden jedoch nicht be...