Leitsatz (amtlich)
§ 5a Absatz 2 Satz 4 VVG a.F. bleibt im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung anwendbar, wenn der Versicherungsnehmer Nicht-Verbraucher ist. Eine richtlinienkonforme einschränkende Auslegung ist dann nicht geboten.
Normenkette
VVG a.F. § 5a Abs. 2 S. 4
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 16.09.2019; Aktenzeichen 3 O 145/19) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 16.09.2019, Az. 3 O 145/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 8.661,28 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht Ansprüche wegen Widerspruchs gegenüber dem Zustandekommen von einer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Lebensversicherung geltend.
Der vormalige Arbeitgeber der Klägerin schloss auf Grundlage eines Gruppenversicherungsvertrags mit der Beklagten im Jahr 2003 für die Klägerin eine Direktversicherung in Form einer Lebensversicherung ab. Die Klägerin erhielt eine "Bescheinigung für die Versicherte" vom 22.09.2003, in der ihr Arbeitgeber als Versicherungsnehmer und die Klägerin als versicherte Person genannt ist (Anl. K2) sowie eine Versicherungszusage vom 20.10.2003 (Anl. K1, jeweils Anlagenband Kl.).
Im Jahr 2017 endete das Arbeitsverhältnis, der Versicherungsvertrag wurde mit Versicherungsschein vom 14.08.2017 von der Klägerin als neuer Versicherungsnehmerin beitragsfrei fortgeführt (Anl. K3, Anlagenband Kl.).
Mit Schreiben vom 18.09.2018 erklärte die Klägerin Widerspruch gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrags, den die Beklagte mit Antwort vom 05.10.2018 zurückwies. Mit Anwaltsschreiben vom 20.11.2018 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis 04.12.2018 zur Anerkennung der Rückabwicklungsansprüche auf, die Beklagte lehnte das Begehren der Klägerin mit Antwort vom 11.12.2018 erneut ab. Unter dem Datum 03.04.2019 errechnete die Verbraucherzentrale H. gegen ein Beratungsentgelt von 100,00 EUR der Klägerin einen möglichen Rückabwicklungsanspruch von 8.661,28 EUR.
Die Klägerin hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, die Widerspruchsfrist gemäß § 5a VVG a.F. sei nicht in Gang gesetzt worden, weil der vormalige Arbeitgeber der Klägerin nicht ordnungsgemäß über ein Widerspruchsrecht belehrt worden sei. Dem Arbeitgeber habe als Versicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht zugestanden, dieses könne nun von der Klägerin aus übergegangenem Recht geltend gemacht werden. Zur Höhe ihres Anspruchs hat sie auf die Berechnung der Verbraucherzentrale H. verwiesen.
Die Beklagte, die Klageabweisung beantragt hat, hat vorgetragen, der Arbeitgeber sei ordnungsgemäß belehrt worden. Als versicherter Person stehe der Klägerin kein eigenes originäres Widerspruchsrecht zu. Auch nach Übernahme der Verträge habe sie kein eigenes Widerspruchsrecht erworben, da sie den Vertrag lediglich fortgeführt habe, ohne einen neuen zu begründen.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf die dort eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 16.09.2019 (GA I 65 ff.), auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen. Ein originäres Widerspruchsrecht habe der Klägerin als versicherter Person nicht zugestanden. Es könne dahinstehen, ob ihr Arbeitgeber über sein Widerspruchsrecht ordnungsgemäß belehrt worden sei, da sein Widerspruchsrecht jedenfalls gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nach einem Jahr erloschen sei. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Nichtanwendbarkeit dieser Norm aufgrund verbraucherschützender europarechtlicher Vorgaben greife gegenüber Unternehmern nicht.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie an ihren erstinstanzlichen Anträgen festhält. Sie ist der Ansicht, das Landgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Zur Begründung verweist sie darauf, dass zur Wahrung des Verbraucherschutzes § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung auf den gegenständlichen Versicherungsvertrag nicht angewendet werden dürfe.
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 8.661,28 EUR, zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.10.2018 zu zahlen.
2. Die Beklagte w...