Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 24 O 283/20)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 08.04.2021, Az. 24 O 283/20, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 54.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Dieselfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger erwarb am 07.03.2019 von der Beklagten einen XY als Neuwagen zum Preis von 55.335,89 EUR. Der Kläger finanzierte einen Teilbetrag von 46.195,89 EUR über ein Darlehen bei der XY Bank AG. Hierfür fielen ihm Kreditkosten von 1.577,41 EUR an. Die XY Bank AG legt ihren Darlehensverträgen mit Fahrzeugerwerbern regelmäßig - und so auch im Fall des Klägers - Darlehensbedingungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen (im Folgenden: "AGB") zugrunde, die unter Ziff. II. - neben der Sicherungsübereignung des finanzierten Fahrzeugs - die Stellung von Sicherheiten vorsehen.

Dort heißt es:

"Der Darlehensnehmer räumt dem Darlehensgeber zur Sicherung aller gegenwärtigen und bis zur Rückzahlung des Darlehens noch entstehenden sowie bedingten und befristeten Ansprüche des Darlehensgebers aus der Geschäftsverbindung einschließlich einer etwaigen Rückabwicklung, gleich aus welchem Rechtsgrund, Sicherheiten gemäß nachstehenden Ziffern 1-3 ein.

3. Abtretung von sonstigen Ansprüchen

Der Darlehensnehmer tritt ferner hiermit folgende - gegenwärtige und zukünftige - Ansprüche an den Darlehensgeber ab, die diese Abtretung annimmt:

  • gegen den Schädiger und den Halter des schadenverursachenden Fahrzeuges sowie deren Haftpflichtversicherer auf Ausgleich für Beschädigung oder Zerstörung des Finanzierungsobjektes.
  • gegen den Kaskoversicherer auf Ausgleich für Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen des Finanzierungsobjektes.
  • gegen den Verkäufer für den Fall einer Rückgängigmachung des finanzierten Vertrages oder Herabsetzung der Vergütung.
  • gegen die D. AG, XY Leasing GmbH, XY M. Leasing GmbH oder einen Vertreter der D. AG, gleich aus welchem Rechtsgrund. Ausgenommen von der Abtretung sind Gewährleistungsansprüche aus Kaufvertrag des Darlehensnehmers gegen die D. AG oder einen Vertreter der D. AG. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber auf Anforderung jederzeit die Namen und Anschriften der Drittschuldner mitzuteilen.

[...]

6. Rückgabe der Sicherheiten

Der Darlehensgeber verpflichtet sich, nach Wegfall des Sicherungszweckes (alle Zahlungen unanfechtbar erfolgt) sämtliche Sicherungsrechte (Abschnitt II. Ziff. 1, 2, 3) zurückzuübertragen bzw. Dritte, auf die Sicherungsrechte nach Abschnitt II. Ziff. 5 übertragen sind, zur Rückübertragung zu veranlassen. Bestehen mehrere Sicherheiten, hat der Darlehensgeber auf Verlangen des Darlehensnehmers schon vorher nach ihrer Wahl einzelne Sicherheiten oder Teile davon freizugeben, falls deren realisierbarer Wert 120 % der gesicherten Ansprüche des Darlehensgebers überschreitet. [...]

[...]"

Der Kläger hat das Darlehen noch nicht vollständig zurückgeführt.

Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Dieselmotor der Baureihe OM 651, Schadstoffklasse Euro 6, ausgestattet. Es ist nicht von einem verpflichtenden Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes (im Folgenden: KBA) betroffen. Das Fahrzeug hat im Rahmen der EG-Typgenehmigung den Prüfzyklus Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure (WLTP) durchlaufen.

Durch außergerichtliches Schreiben vom 04.08.2020 (Anl. K4) forderten die Klägervertreter die Beklagte auf, das Fahrzeug Zug um Zug gegen Rückzahlung von 11.458,85 EUR und Freistellung von den noch zu zahlenden Raten i.H.v. 43.367,64 EUR zurückzunehmen. Die Beklagte hat die Ansprüche des Klägers mit E-Mail vom 24.08.2020 zurückgewiesen (Anl. K5).

Der Kläger behauptete, das streitgegenständliche Fahrzeug überschreite im realen Fahrbetrieb die zulässigen Grenzwerte für Stickoxidemissionen. Die Motorsteuerung sei so programmiert, dass die Abgasreinigung bei Außentemperaturen, welche nicht dem im NEFZ herrschenden Bereich zwischen 20 und 25°C entsprächen, reduziert bzw. abgeschaltet werde ("Thermofenster"). Außerdem enthalte das Fahrzeug eine Steuerungssoftware genannt Slipguard, welche das Durchfahren des NEFZ erkenne und abhängig hiervon die Abgasrückführung so regele, dass der Ausstoß an Stickoxiden nur beim Durchfahren dieses Tests optimiert werde. Eine Funktion Bit 15 stoppe die Abgasreinigung nach 26 km. Der Wirkungsgrad der Abgasreinigung verschl...

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