Leitsatz (amtlich)
Unterziehen sich gemischtstaatliche Parteien (deutsch und türkisch), beide islamischer Glaubenszugehörigkeit, neben der staatlichen Eheschließung einer religiösen Trauungszeremonie, in deren Vorfeld der Geistliche die Vereinbarung eines "mihri müeccel" in Geld herbeiführt, unterliegt die Beurteilung dieser Vereinbarung ebenso wie die Ehewirkung und das Scheidungsstatut dem deutschen Recht. Die Ehefrau kann aus dieser Vereinbarung kein Forderungsrecht ableiten, weil es schon an einer Willensübereinstimmung und einem Rechtsbindungswillen fehlt, wenn die Vereinbarung der traditionellen Vorstellung und dem Willen des Geistlichen geschuldet war, der die islamische Hochzeitszeremonie sonst nicht durchgeführt hätte, und jede Partei mit ihr andere Vorstellungen verbindet.
Normenkette
BGB § 157
Verfahrensgang
AG Besigheim (Urteil vom 20.07.2007; Aktenzeichen 2 F 57/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG Besigheim vom 20.7.2007 (2 F 57/07) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 2.000 EUR.
Gründe
I. Der Rechtsstreit betrifft die Auseinandersetzung der Parteien um die Frage der Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin aus einem Brautgabe- bzw. Morgengabeversprechen einen Geldbetrag i.H.v. 2.000 EUR zu zahlen.
Die Parteien hatten am 17.7.2006 die Ehe vor dem Standesamt in E. geschlossen. Die bei Eheschließung gerade 18 Jahre alt gewordene Klägerin ist seit ihrer Einbürgerung am 28.9.1999 deutsche Staatsangehörige, der Beklagte hat die türkische Nationalität. Beide gehören dem islamischen Glauben an. Die Parteien sind seit 7.12.2007 rechtskräftig geschieden (s. Urteil des AG Besigheim vom selben Tage, 2 F 1248/06).
Der Eheschließung vor dem Standesamt vorausgegangen war eine religiöse Zeremonie am 6.5.2006 in der Wohnung der Schwester der Klägerin in S., wo von einem Geistlichen (Hoca) eine Trauungszeremonie abgehalten wurde. In dessen Verlauf fertigte der Geistliche eine schriftliche Niederschrift mit dem Inhalt "3.000 EUR mihri müeccel", in die er weiterhin seinen Namen, den Namen der Brautleute und zweier Zeugen eintrug. Eine Unterschrift trägt dieses Dokument nicht.
Die Klägerin machte den genannten Betrag im Wege der Zahlungsklage geltend. Sie verwies darauf, dass der Beklagte auf der Grundlage des islamischen Rechts für den Fall des Scheiterns der Ehe bzw. der Scheidung als "mihri müeccel" einen Betrag i.H.v. 3.000 EUR an sie zu zahlen habe.
Der Beklagte bestritt, sich in dieser Weise verpflichtet zu haben.
Mit Urteil vom 20.7.2007, auf das Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), hat das AG den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 2.000 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.2.2007 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Zahlungsklage (konkludent im Restbetrag von 1.000 EUR) abgewiesen.
Mit seiner Berufung begehrt der Beklagte, das Urteil des AG Besigheim aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung.
Wegen des Berufungsvorbringens des Beklagten wird auf dessen Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 24.10.2007, hinsichtlich der Berufungserwiderung der Klägerin vom 12.11.2007 verwiesen.
Der Berufungskläger wendet sich gegen die im angefochtenen Urteil erfolgte Auslegung des Geschehens vom 6.5.2006 als verpflichtendes Zahlungsversprechen seinerseits.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch ergänzend vorgetragen, sie habe sich vorgestellt, dass ihr die Summe von 3.000 EUR für den Fall versprochen worden sei, dass ihre Ehe geschieden werde, weil nach der Wertung der für sie maßgeblichen Parallelgesellschaft eine geschiedene Frau weniger Wert sei und daher ihr Unterhalt gesichert sein müsse.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat gegen ihn aus der am 6.5.2006 gefertigten Niederschrift oder einer dabei geschlossenen mündlichen Vereinbarung keinen Zahlungsanspruch.
1. Maßgeblich für die Frage des Bestehens eines Zahlungsanspruchs der Klägerin ist die rechtliche Einordnung der behaupteten Vereinbarung vom 6.5.2007.
Wenn die Ehe zwischen Muslimen scheitert, wird im Regelfall auch um Zahlung der Brautgabe (mahr) gestritten, die gelegentlich auch unscharf als Morgengabe bezeichnet wird. Es handelt sich um ein Rechtsinstitut, das dem islamischen Rechtskreis entspringt und im Gegensatz zu früheren Zeiten heute oftmals aus traditionellen Gründen anlässlich der Eheschließung von Muslimen vereinbart wird, auch wenn diese in westlichen Rechtsordnungen heiraten. Ist die Brautgabe nicht anlässlich der Eheschließung gezahlt worden, richtet sich ihr weiteres Schicksal und die aus ihr abzuleitenden Ansprüche der Ehefrau nach dem Ehewirkungsstatut, im Scheidungsfall dementsprechend nach dem Scheidungsstatut (OLG Celle FamRZ 1998, 374). Haben die Parteien in einem Ehevertrag eine Brautgabe vereinbart und ist deutsches Recht Ehewirkungs...