Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 02.11.2020; Aktenzeichen 18 O 264/20) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2020, Az. 18 O 264/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 Prozent des nach den Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Streitwert: 97.643,84 EUR
Gründe
I. Die Klägerin betreibt eine Gaststätte. Sie macht Ansprüche gegen die Beklagte aus einer bei dieser genommenen Betriebsschließungsversicherung geltend.
Die Zusatzbedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden aufgrund behördlicher Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz (Betriebsschließung) - 2008 (ZBSV 08) in der Fassung von 09.14 im Folgenden: AVB bestimmen unter anderem Folgendes:
"§ 2 Versicherte Gefahren
1. Versicherungsumfang
Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)
a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt;
...
2. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger
Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Zusatzbedingungen sind die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:
a) Krankheiten
...
b) Krankheitserreger
...
§ 4 Ausschlüsse
...
3. Krankheiten und Krankheitserreger
Der Versicherer haftet nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf.
...
Nicht in § 2 Nr. 2 genannt sind die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) oder das Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (SARS-CoV) und das Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2).
Die Klägerin, die behauptet hat, ihre Gaststätte vom 17.03.2020 bis zum 17.05.2020 geschlossen gehabt zu haben, ist der Auffassung, ihr stehe ein Anspruch auf eine Leistung aus der Betriebsschließungsversicherung zu.
Sie hat in erster Instanz einen Anspruch in Höhe von 97.643,84 EUR geltend gemacht. Die Beklagte, die die Abweisung der Klage beantragt hat, hat einen Anspruch der Klägerin in Abrede gestellt.
Wegen des Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung sowie die dort gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 02.11.2020, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen. Dabei hat es unter anderem ausgeführt, Versicherungsschutz bestehe nur für die aufgeführten Krankheiten. Die Regelung sei transparent, klar, weder überraschend noch werde der Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt. COVID-19 lasse sich auch nicht unter Influenzaviren fassen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie bringt dazu unter anderem vor, es liege spätestens ab 21.03.2020 eine bedingungsgemäße Schließung des Betriebs vor. Die Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger sei nicht abschließend, sondern beispielhaft dynamisch zu verstehen, so dass auch eine Betriebsschließung wegen des aktuellen Corona-Virus unter den Versicherungsschutz falle. Die Regelung sei jedenfalls mehrdeutig und zu Gunsten der Klägerin auszulegen. Die Risikobegrenzung auf aufgeführte Krankheiten und Krankheitserreger neben der ausdrücklichen Beschränkung in § 4 sei überraschend und intransparent. Der Versicherungsnehmer könne eine Anpassung des Versicherungsschutzes erwarten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin wird Bezug genommen auf die Berufungsschrift vom 30.12.2020 sowie den Schriftsatz vom 22.02.2021.
Die Klägerin beantragt:
Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 02.11.2020, Az. 18 0 264/20 wird die Beklagte dazu verurteilt, an die Klägerin 97.643,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.06.2020 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt in ihrer Berufungserwiderung vom 25.02.2021, auf die Bezug genommen wird, ergänzend aus und verteidigt die angefochtene Entscheidung des Landgerichts.
Vor dem Senat fand am 19.04.2021 eine mündliche Verhandlung statt, auf deren Protokoll verwiesen wird.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Kla...