Leitsatz (amtlich)

1. Will ein Leasinggeber seiner Pflicht zur bestmöglichen Verwertung eines Leasinggegenstands dadurch genügen, dass er ihn dem Leasingnehmer nach Einholung eines Schätzgutachtens zum Schätzwert anbietet (BGH NJW 1997, 3166), so genügt es, wenn er dem Leasingnehmer das Ergebnis des Gutachtens mitteilt. DIe Übersendung des Gutachtens ist nicht erforderlich.

2. Jedenfalls dann, wenn der Leasingnehmer weiß, dass das Schätzgutachten einen zu niedrigen Preis ausweist, kann der Leasinggeber selbst dann nach den vom BGH in NJW 1997, 3166 festgelegten Grundsätzen vorgehen, wenn er den zu geringen Schätzwert zu vertreten hat.

3. Auch der markengebundene Leasingnehmer ist bei einer Verwertung des Leasingfahrzeuges nicht verpflichtet, dem Leasingnehmer den Händlerverkaufspreis ohne Abzüge gutzuschreiben (Abweichung von OLG Brandenburg NJW-RR 1998, 1671).

4. Beauftragt der Leasinggeber im Rahmen der Verwertung des Leasinggegenstands einen Schätzgutachter mit der Feststellung des Wertes des Leasinggegenstands, so ist der Gutachter - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 278 BGB - der Erfüllungsgehilfe des Leasinggebers.

 

Verfahrensgang

LG Ulm (Urteil vom 01.02.2007; Aktenzeichen 6 O 155/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Ulm vom 1.2.2007 (6 O 155/06) abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.600 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.2.2006 zu bezahlen.

2. I. Ü. wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin 60 %, der Beklagte 40 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 3.000 EUR.

 

Gründe

A. Die Klägerin macht ggü. dem Beklagten aus Leasingvertrag die Differenz zwischen dem von ihm garantierten Restwert und dem Verwertungserlös des Leasingobjekts sowie die Hälfte der Kosten eines Sachverständigengutachtens geltend, das sie zur Ermittlung des Händlereinkaufspreises des Leasingobjekts eingeholt hatte. Der Beklagte rechnet hiergegen mit einem Schadensersatzanspruch auf, der ihm wegen einer Verletzung der Pflicht der Klägerin zur bestmöglichen Verwertung des Leasingobjekts zustehe.

I. Die Parteien hatten im März 2002 einen sog. "offenen" Leasingvertrag (Vertragsnummer: ...) über einen Pkw Porsche 911 Carrera Coupé geschlossen. Der Beklagte sollte das bis dahin als Vorführwagen zu nutzende Fahrzeug im Herbst 2002 bei einem Kilometerstand von ca. 12.000 übernehmen. Der Leasingvertrag hatte eine Laufzeit von 3 Jahren. Als jährliche Fahrleistung während der Leasingzeit waren 15.000 km vorgesehen. Auf S. 1 unten des Leasingvertrags ist geregelt:

"Wird nach Vertragsbeendigung bei Veräußerung des Fahrzeuges ein Gebrauchtwagenerlös erzielt, der unter dem kalkulierten Restwert liegt, ist die Differenz in voller Höhe vom Leasingnehmer zu erstatten."

Der kalkulierte Restwert nach Ablauf der Leasingzeit ist mit (inkl. Mehrwertsteuer) 45.000 EUR angegeben. In den Leasingvertrag sind auch Allgemeine "Leasingbedingungen" einbezogen. Deren Ziff. XVII ist mit "ordnungsgemäßer Vertragsauslauf, offener Vertrag (mit Restwertabrechnung)" überschrieben und enthält Regelungen über eine evtl. Vertragsverlängerung sowie über eine Fahrzeugverwertung. Zu letzterer ist vorgesehen, dass die Klägerin das Fahrzeug vorrangig an Dritte veräußern wird. Weiter heißt es in Nr. 2:

"b) Kann der Leasinggeber das Leasingobjekt nicht zu dem kalkulierten Restwert veräußern, so ist der Leasinggeber berechtigt, aber nicht verpflichtet, das Leasingobjekt bei Ablauf der Leasingzeit zu dem im Leasingvertrag aufgeführten kalkulierten Restwert inklusive der MWSt ... an den Leasingnehmer zu verkaufen ...".

Ziff. XVIII der Leasingbedingungen ist mit "Rückgabe des Fahrzeuges" überschrieben und regelt in Nr. 2 den Zustand, in dem sich das Fahrzeug bei Rückgabe befinden muss. In Nr. 3 heißt es weiter:

"Entspricht das Fahrzeug bei geschlossenen Verträgen mit Kilometerabrechnung nicht dem Zustand gem. Ziff. XVIII Ziff. 2 und ist das Fahrzeug hierdurch im Wert gemindert, ist der Leasingnehmer zum Ausgleich des Wertes verpflichtet ...

Können sich die Vertragsparteien bei einer planmäßigen Vertragsbeendigung über einen vom Leasingnehmer auszugleichenden Minderwert des Fahrzeuges nicht einigen, so sind beide Vertragsparteien binnen einer Frist von sieben Tagen nach Rückgabe des Fahrzeuges an den beauftragten Händler berechtigt, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Können sich Leasinggeber und Leasingnehmer auf einen gemeinsamen Sachverständigen einigen, so stellt dieser innerhalb der festgelegten Frist die Mäng...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?