Leitsatz (amtlich)
Sind bei einer Maschinenversicherung für Schäden bei Abhandenkommen versicherter Sachen durch Diebstahl in den Versicherungsschutz auch Schäden einbezogen, die durch Unterschlagung des Mieters entstehen, so tritt ein Versicherungsfall auch dann ein, wenn sich der Mieter den Besitz an der versicherten Sache durch Betrug (§ 263 StGB) verschafft und hierbei gleichzeitig den Tatbestand der Unterschlagung (§ 246 StGB) erfüllt.
Die Parteien haben den Rechtsstreit nach Verkündung des Grundurteils durch Vergleich beendet.
Normenkette
AMBG § 2 Ziff. 1, § 92; StGB §§ 246, 263
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 25.03.2009; Aktenzeichen 40 O 122/08 KfH) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Stuttgart vom 25.3.2009 - 40 O 122/08 KfH - abgeändert:
Die Klageanträge Ziff. 1 und 2 sind dem Grunde nach gerechtfertigt.
2. Eine Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Berufungsstreitwert: bis 530.000 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Versicherungsleistung.
Die Klägerin betreibt u.a. die Vermietung von Baumaschinen.
Sie unterhält bei der Beklagten einen am 7.1.2008 geschlossenen Maschinenversicherungsvertrag (Anlage K 2), in den die AMBG 92 (Anlage K 1) einbezogen sind.
Ziff. 2.5 des Versicherungsvertrages ist wie folgt überschrieben:
"Schäden durch Unterschlagung (zu § 2 AMBG)".
Er lautet: " Der Versicherer leistet auch Entschädigung für Schäden, die dem Versicherungsnehmer dadurch entstehen, dass durch die in die Versicherung einbezogenen Personen und Mieter versicherte Geräte unterschlagen und für den Versicherungsnehmer innerhalb von zwei Monaten nicht wieder sichergestellt werden. Maßgeblich für den Beginn der Zweimonatsfrist sind der Eingang der Schadenmeldung beim Versicherer und der Eingang der Strafanzeige bei der Strafverfolgungsbehörde, und zwar der Zeitpunkt der zuletzt erfolgten Anzeige. Eine Veruntreuung liegt vor, wenn sich Personen einer qualifizierten Unterschlagung gem. § 246 StGB schuldig machen, d.h. sich ihnen anvertraute und im Versicherungsvertrag bezeichnete Geräte rechtswidrig zueignen. "
Nach § 2 Ziff. 1 der ABMG 92 leistet der Versicherer Entschädigung auch bei Abhandenkommen versicherter Sachen durch Diebstahl.
Nach deren § 7 Ziff. 4 ABMG 92 ist auch das Interesse des Mieters versichert, wenn dies besonders vereinbart ist, was vorliegend gem. Ziff. 2.11 des Versicherungsvertrages erfolgte.
Hinsichtlich des Weiteren Vertrags- und Bedingungsinhalts wird auf die Anlagen K 2 und K 1 Bezug genommen.
Die Klägerin erhielt am 8.5.2008 telefonisch und am 13.5.2008 per E-Mail (Anlage K 3) von einem "Dipl.-Ing. P." namens einer Firma AA. GmbH, B. erlin eine Anfrage über die Vermietung von Baumaschinen für eine Baustelle. Die Klägerin holte daraufhin am 16.5.2008 eine Auskunft der Creditreform bezüglich der Firma AA. ein (Blatt 42 der Akte) und übersandte per E-Mail am 21.5.2008 ein Mietangebot (Anlage K 6). Am 13.6.2008 erhielt sie einen Mietvorschuss i.H.v. 12.000, - Euro.
Am 18. und 19.6.2008 transportierte die Klägerin insgesamt zwei Radlader und vier Kettenbagger zur mieterseits benannten Baustelle nach 0450. B. K., L. Str. 11 (im Folgenden: Baustelle). Dabei handelt es sich um ein eingezäuntes, mit einem Metalltor verschlossenes Industriegelände mit einer Siloanlage. Bei der Ablieferung der Radlader und der Kettenbagger wurde von einer auf der Baustelle anwesenden Personen für jede Maschine ein Mietvertrag und ein Lieferschein mit dem Namen "H. W." unterzeichnet. Ein Hydraulikhammer wurde von der Klägerin nach Mitteilung der Zahlenkombination des Torschlosses am 23.6.2008 ebenfalls auf die Baustelle verbracht und neben den dort befindlichen Maschinen abgestellt. Der Mietvertrag dafür war bereits am 18.6.2008 mit "H. W." unterschrieben worden.
Am 27.6.2008 stellte einen Außendienstmitarbeiter der Klägerin fest, dass sich die Maschinen nicht mehr auf der Baustelle befanden.
Eine Nachfrage bei der Firma AA. ergab, dass ein Herr P. dort unbekannt war. Die Baumaschinen konnten bis heute nicht aufgefunden werden.
Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie Anspruch aus der Maschinenversicherung auf Entschädigung habe, da die Maschinen entweder gestohlen oder unterschlagen worden seien.
Den Versicherungsfall habe sie nicht schuldhaft herbeigeführt. Wenn doch, so sei § 81 VVG n.F. anzuwenden.
Der Zeitwert der Baumaschinen belaufen sich nach computergestützter Berechnung auf insgesamt 539.300, - Euro. Nach Abzug des Selbstbehalts i.H.v. 10.225, - Euro ergebe sich die Klageforderung i.H.v. 529.075, - Euro.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin die Maschinen in betrügerischer Weise verloren habe. Dieses Risiko sei nicht versichert.
Im Übrigen sei sie gem. § 61 VVG a.F. leistungsfrei, da die Klägerin den Versicherungsfall jedenfalls grob fahrlässig herbeigeführt habe.
Hilfsweise bestreitet die Beklagte den klägerseits geltend gemachten Zeitwert der Baumaschinen. Dieser belaufe sich nach einem von der Beklagten eingeholten Sac...