Leitsatz (amtlich)
Ein schadenverursachendes Überfahren einer Fahrbahnschwelle stellt keinen Unfall im Sinne der AKB 2015, sondern lediglich einen von der Vollkaskoversicherung nicht abgedeckten Betriebsschaden dar, da sich lediglich ein Risiko auswirkt, dem das Fahrzeug nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb ausgesetzt ist.
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 22.01.2020; Aktenzeichen 6 O 266/19) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 22.01.2020, Az. 6 O 266/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ravensburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 9.110,00 EUR
Gründe
I. Der Kläger begehrt Leistungen aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Vollkaskoversicherung.
Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2015) lauten auszugsweise wie folgt:
"A.2.2.2 Welche Ereignisse sind in der Vollkaskoversicherung versichert?
Versicherungsschutz besteht bei Beschädigung, Zerstörung, Verlust oder Totalschaden des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile durch die nachfolgenden Ereignisse.
...
Unfall
A.2.2.2.2 Versichert sind Schäden am Fahrzeug durch Unfall. Ein Unfall ist ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis.
Keine Unfallschäden sind deshalb insbesondere:
- Schäden am Fahrzeug, die ihre alleinige Ursache in einem Bremsvorgang haben, z. B. Schäden an der Bremsanlage oder an den Reifen.
- Schäden am Fahrzeug, die ausschließlich aufgrund eines Betriebsvorgangs eintreten, z. B. durch falsches Bedienen, falsches Betanken oder verrutschende Ladung oder durch eine sich während der Fahrt öffnende Motorhaube.
- Schäden am Fahrzeug, die ihre alleinige Ursache in einer Materialermüdung, Überbeanspruchung oder Abnutzung haben.
- Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug oder Anhänger ohne Einwirkung von außen, z. B. Rangierschäden am Zugfahrzeug durch den Anhänger.
- Verwindungsschäden.
Vorhersehbare Beschädigungen des Fahrzeugs, die üblicherweise im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung des Fahrzeugs entstehen, gelten nicht als Unfallschaden. Beispiel: Schäden an der Ladeoberfläche eines Lkw durch Beladen durch Kies."
Der Kläger behauptet, er sei mit dem bei der Beklagten versicherten PKW am 06.01.2017 auf einer asphaltierten Straße am Ortsanfang des Ortes G. in Island mit 30 bis 40 km/h bei einer unstreitig zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h über eine quer zur Fahrbahn angelegte Fahrbahnschwelle gefahren. Diese Fahrbahnschwelle sei für den Kläger aufgrund von Schneebedeckung und Dunkelheit nicht erkennbar gewesen.
Aufgrund dessen habe der PKW Totalschaden erlitten, ihm stehe aus der Vollkaskoversicherung unter Berücksichtigung des Restwerts des Fahrzeugs und der vertraglich vorgesehenen Selbstbeteiligung ein Betrag in Höhe von 9.110,00 EUR zu.
II. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, nachdem die Klage ihrerseits vom Landgericht zutreffend mangels Begründetheit abgewiesen wurde. Der gegenständliche Sachverhalt vermag eine Eintrittspflicht der Beklagten aus der Vollkaskoversicherung des Klägers nicht zu begründen.
1. Gemäß Ziffer A.2.2.2.2 der "Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2015)" der Beklagten (nachfolgend AKB) sind Schäden am Fahrzeug durch Unfall versichert. Ein Unfall ist dort definiert als ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis. Danach gelten insbesondere nicht als Unfallschäden solche aufgrund eines Betriebsvorgangs.
a) Die Bestimmungen in Ziffer A.2.2.2.2 AKB sind wirksam und insbesondere nicht intransparent. Der Ausschluss von Betriebsschäden aus dem Versicherungsschutz stellt eine rein erläuternde Einschränkung des Unfallbegriffs dar.
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnis es insofern ankommt, versteht diese Erläuterung dahin, dass Ursachen, die zwar von außen kommen, aber dem normalen Betriebsrisiko zuzuordnen sind, nicht als Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen gelten.
Ausweislich der zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen mit den Beispielen wird für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer deutlich, dass für die Annahme eines "Unfalls" eine Einwirkung "von außen" notwendig ist, dass der Gegenstand, von dem die auf das versicherte Fahrzeug wirkende mechanische Gewalt ausgehen muss, nicht Teil des Fahrzeugs selbst sein darf (vgl. Stiefel/Maier/Stadler, 19. Aufl. 2017, AKB 2015, Rn. 320).
Durch die beispielhafte, aber nicht abschließende ("insbesondere") Aufzählung in A.2.2.2.2 wird deutlich aufgezeigt, dass das Fehlen der erforderlichen Einwirkung von außen wesentlich für Betriebsschäden und damit für solche, die nicht unter Unfallschäden fallen, sind. Auch aus dem Umstand,...