Leitsatz (amtlich)
1. Durch den ungewollten Abschluss eines Kaufvertrags über ein mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenes Fahrzeug entsteht dem Käufer kein Schaden bzw. ein solcher entfällt zeitnah wieder, wenn die Leasinggeberin in den Vertrag eintritt, damit die Vertragspflichten des Käufers übernimmt und den Kaufpreis begleicht.
2. Grundsätzlich kann auch der Abschluss eines Leasingvertrags ungewollt sein und nicht den berechtigten Erwartungen des Leasingnehmers entsprechen. Ein dem Leasingnehmer unter diesem Gesichtspunkt zustehender Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen dieses Vertrags führt bei einem Leasingvertrag regelmäßig dazu, dass der dem Leasingnehmer entstandene Schaden in Form geleisteter Leasingraten durch den im Rahmen der Vorteilsausgleichung in Abzug zu bringenden Nutzungsersatz vollständig aufgezehrt wird.
3. Der bei der Schadensberechnung im Rahmen der Vorteilsausgleichung in Abzug zu bringende Nutzungsersatz ist bei einem Leasingvertrag analog dem Nutzungsersatz für eine Mietsache zu berechnen.
Normenkette
BGB §§ 31, 249, 823 Abs. 2, § 826
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 09.12.2019; Aktenzeichen 19 O 202/18) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 09.12.2019, Az. 19 O 202/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis 65.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klagepartei nimmt die Beklagte wegen Inverkehrbringens eines nach klägerischer Darstellung abgasmanipulierten Fahrzeugs - eines Porsche Macan S Diesel V6 TDI, dessen Herstellerin die Beklagte ist - in Anspruch. Auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
1. Die Klagepartei bestellte das streitgegenständliche Fahrzeug am 13.05.2015 als Neufahrzeug beim ... GmbH. Der Kaufpreis betrug 66.690,00 EUR.
Am 30.06.2015 schloss die Klagepartei mit der ... als Leasinggeberin einen Leasingvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug. Als Laufzeit für den Leasingvertrag wurden zunächst 48 Monate vereinbart. Der Leasingvertrag wurde bisher dreimal um jeweils zwölf Monate verlängert, zuletzt bis Herbst 2022. Die monatliche Leasingrate für die ersten 48 Monate betrug 736,30 EUR zzgl. USt.
Dem Leasingvertrag liegen die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen Leasingvertrag gewerblich" der Leasinggeberin zugrunde. Darin ist u.a. bestimmt, dass die Leasingnehmerin in dem Fall, in dem sie das Leasingobjekt bereits bestellt hat, den Eintritt der Leasinggeberin in ihre Bestellung genehmigt (I.2.).
Weiter enthalten die allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Xl. 2. Bestimmungen zur Abtretung von Ansprüchen der Leasinggeberin gegen den Lieferanten an die Leasingnehmerin und zur Regelung der Geltendmachung dieser Ansprüche, wobei Zahlungen an die Leasinggeberin zu leisten sind.
Die Leasinggeberin hat unter dem 22.01.2019 eine schriftliche "Bestätigung zur Aktivlegitimation" abgegeben. In dieser ist unter Bezugnahme auf Ziffer XI der AGBs ausgeführt, dass die Abtretung erneut bestätigt werde und die Leasingnehmerin berechtigt sei, nach Maßgabe der Bestimmungen der AGBS die Gewährleistungsansprüche in eigenem Namen geltend zu machen. Sie sei ferner auch berechtigt, etwaige deliktische Ansprüche, insbesondere aus § 823 und § 826 BGB, in eigenem Namen gegen den Lieferanten oder Hersteller des betreffenden Fahrzeugs geltend zu machen. Da der Kaufpreis bereits geleistet sei, seien sämtliche Leistungen des Lieferanten grundsätzlich nur an sie, die Leasinggeberin, auszuzahlen.
Das Fahrzeug ist mit einem 3,0l V6 Dieselmotor ausgerüstet, der von der Audi AG entwickelt und produziert wurde. Der streitgegenständliche Fahrzeugtyp ist durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nach Emissionsklasse Euro 6 typgenehmigt. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist von einer mit der Feststellung unzulässiger Abschalteinrichtungen begründeten Rückrufanordnung des KBA betroffen.
2. Die Klagepartei hat geltend gemacht, das Fahrzeug weise eine so genannte Umschaltlogik auf, je nachdem, ob es auf dem Prüfstand oder der Straße betrieben werde. Zudem verfüge es über ein sog. Thermofenster, welches eine zusätzliche unzulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EGVO 715/2007 darstelle.
Die Beklagte habe Kenntnis vom Vorliegen sämtlicher Manipulationen gehabt. Insbesondere der Zeuge ..., der von 2011 bis 2016 Mitglied im Vorstand der Beklagten gewesen sei, habe als früherer Chef der Motorenentwicklung im Volkswagen Konzern über entsprechend Wissen verfügt. Darüber hinaus müsse sich die B...