Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 8 O 211/19) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 24.01.2020 (8 O 211/19) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag i.H. von 8.229,50 EUR zuzüglich Zinsen i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, jedoch maximal 4 % p.a., seit 01.04.2020 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
6. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 9.094,11 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die beklagte englische Limited auf Rückzahlung (zuzüglich Zinsen) wegen einer Genussrechtsbeteiligung in Anspruch, die sie an der österreichischen Rechtsvorgängerin der Beklagten - der T. - erworben hatte und hinsichtlich der sie am 29.04.2019 die außerordentliche Kündigung erklärt hatte. Hilfsweise beansprucht sie im Wege der Stufenklage Abrechnung ihrer Genussrechtsbeteiligung und Auszahlung des abgerechneten Auseinandersetzungsguthabens (zuzüglich Zinsen).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils vom 24.01.2020 (8 O 211/19; GA 102 ff.) Bezug genommen, mit welchem das Landgericht die Klage vollumfänglich abgewiesen hat.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
Die Klage sei zwar zulässig. Insbesondere sei das Landgericht international zuständig nach Art. 17 Abs. 1 lit. c), 18 EuGVVO. Die Klage sei jedoch nicht begründet, da ein Anspruch auf Rückzahlung der Genussrechtsbeteiligung nicht bestehe. Ein solcher wäre nur dann gegeben, wenn die Klägerin die Beteiligung wirksam außerordentlich gekündigt hätte, was nicht der Fall sei. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung, die in den "Genussrechtsbedingungen T." (Anlage K 3; im Folgenden: "Genussrechtsbedingungen") nicht ausdrücklich geregelt sei, unterlägen nach deren § 13 ausschließlich dem Recht der Republik Österreich. Es könne dahinstehen, ob das österreichische Recht dann ein außerordentliches Kündigungsrecht oder ein sonstiges Recht zur Beendigung des Genussrechts gewähre, wenn die Gesellschaft gegen ihre eigenen Genussrechtsbedingungen verstoßen habe. Denn zwar sehe § 8 Abs. 2 der Genussrechtsbedingungen vor, dass dem Zeichner nach einem Umwandlungsvorgang ein "gleichwertiges Recht" an dem neuen Rechtsträger einzuräumen sei. Dass die Beklagte hiergegen verstoßen hätte, habe die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin allerdings nicht darzutun vermocht. Anhaltspunkte für eine Auslegung des Begriffs "gleichwertiges Recht" gäben entsprechende gesetzliche Regelungen in § 226 Abs. 3 öAktG, in § 96 Abs. 2 öGmbHG oder im deutschen Recht in § 23 UmwG. Maßgeblich sei insoweit eine wirtschaftliche Betrachtungsweise; es bedürfe daher nicht der Gewährung inhalts- oder artgleicher Rechte. Unstreitig sei die österreichische T. zunächst in eine österreichische GmbH umgewandelt und im zweiten Halbjahr 2018 auf die beklagte Limited mit Sitz in London verschmolzen worden. In diesem Zusammenhang habe die Beklagte vorgetragen, dass es nach englischem Gesellschaftsrecht eine Einräumung von (gleichartigen) "Genussrechten" nicht gebe; die der Klägerin stattdessen eingeräumten "B-Shares" seien aber - wie im Einzelnen dargestellt - einem Genussrecht gleichwertig. Diesen Angaben der Beklagten sei die Klägerin nicht konkret entgegengetreten. In Anbetracht des Umstandes, dass die Genussrechtsbeteiligung erst zum 31.12.2028 ordentlich kündbar gewesen sei, führe allein der Umstand, dass B-Anteile außerbörslich auf einem "grundsätzlich geringen" Markt - aber grundsätzlich auch jederzeit - verkauft werden könnten, nicht per se zur Annahme wirtschaftlicher Ungleichwertigkeit. Die Klägerin verweise nur darauf, dass ihr ursprünglich nach § 6 Abs. 4 der Genussrechtsbedingungen ein Anspruch auf Rückzahlung der Genussrechte bei Vertragsbeendigung zu 100 % des Nennbetrages zugestanden habe, welchen sie jetzt nicht mehr habe. Allerdings blende sie aus, dass der Anspruch nur "abzüglich eines etwaigen Verlustanteils gemäß § 5" der Genussrechtsbedingungen bestanden habe. Somit habe auch hier - wie grundsätzlich bei Aktien - die Gefahr eines Totalverlusts bis zur Höhe des Nennwerts bestanden. Soweit die Klägerin schließlich den Brexit anführe, rechtfertige dieser allein nicht den pauschalen Schluss, jegliche Rechte im Zusammenhang mit einer englischen Limited seien wirtschaftlich betrachtet (zukünftig oder aktuell) weniger wert als das vorherige Genussrecht an einer österreichischen Gesellschaft. Weitere Gründe für eine fehlende Gleichwertigkeit hätten die Klägervertreter nicht g...