Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Erstattungsfähigkeit von "Ermittlerkosten" und ausländischen Patentanwaltskosten in Markenstreitssache
Leitsatz (amtlich)
1. Die "Ermittlerkosten" für einen eingeschalteten Testkäufer sind jedenfalls dann nicht erstattungsfähig, wenn dieser nur zur allgemeinen Marktbeobachtung tätig geworden ist und dabei zufällig eine Markenrechtsverletzung aufgedeckt hat.
2. Die Kosten eines ausländischen Patentanwalts sind erstattungsfähig, wenn er in der Europäischen Union ansässig ist und der Verfahrensgegenstand eine Gemeinschaftsmarkenstreitsache betrifft.
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 04.08.2003; Aktenzeichen 2 HKO 8/03) |
Tenor
I. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss wird geändert:
Die nach dem Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Frankenthal (Pfalz) vom 4.8.2003 von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf 6.831,54 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs seit dem 20.8.2003 festgesetzt.
Der weiter gehende Kostenfestsetzungsantrag wird zurückgewiesen.
II. Die weiter gehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 1/7 und der Beklagte 6/7 zu tragen.
IV. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf bis zu 1.500 Euro festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 Abs. 2 Nr. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO. In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem Teilerfolg. Im Übrigen ist die sofortige Beschwerde unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
1. Der Beklagte wendet sich zu Recht dagegen, dass die Rechtspflegerin bei der Kostenfestsetzung "Ermittlerkosten" für den eingeschalteten Testkäufer berücksichtigt hat. Die Frage ob Kosten für einen Testkauf überhaupt erstattungsfähig sind, ist im Einzelnen streitig (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 91 Rz. 289; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 91 Rz. 13 - Testkauf, jeweils m.w.N. zum Meinungsstand). Der hier zu entscheidende Fall gibt allerdings keinen Anlass, zu der Streitfrage grundsätzlich Stellung zu nehmen. Selbst wenn man von einer prinzipiellen Erstattungsfähigkeit ausgeht, setzt dies jedenfalls voraus, dass die geltend gemachten Kosten gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren. Dazu ist es notwendig, dass der Testkauf im Rahmen eines schon vorher gefassten Entschlusses zur Rechtsverfolgung getätigt wurde oder doch mindestens durch Misstrauen ggü. dem späteren Prozessgegner motiviert war (OLG Frankfurt JurBüro 2001, 259 [260]; OLG Stuttgart JurBüro 1995, 37; OLG München v. 10.2.1992 - 11 W 2504/91, OLGReport München 1992, 191 = GRUR 1992, 345, jeweils m.w.N.). Dafür ist hier wieder etwas dargetan noch sonst ersichtlich.
Der Testkauf wurde in L. durchgeführt. Angekauft wurde ein Modellauto. Für die Durchführung des Testkaufs wurde ein in S. ansässiger Testkäufer eingeschaltet. Er ist im Lauf des Rechtsstreits als Zeuge vernommen worden und hat dabei angegeben, er habe verschiedene Geschäfte ausgesucht, um Ausschau nach Markenwaren zu halten. Solche Waren erwerbe er und gebe sie zur Überprüfung an die jeweilige Firma weiter. Wenn er bei dieser Gelegenheit einen markenrechtlichen Verstoß aufdecke, bekomme er ein Honorar.
Aus der Aussage wird deutlich, dass der Testkäufer nicht etwa eingesetzt war, um einen Rechtsstreit mit dem Beklagten vorzubereiten oder gezielt einem gegen den Beklagten bestehenden Verdacht auf eine Markenrechtsverletzung nachzugehen. Der Testkäufer ist vielmehr zur allgemeinen Marktbeobachtung tätig geworden. Er hat die Markenrechtsverletzung des Beklagten dabei zufällig aufgedeckt. Die dadurch entstandenen Kosten können nicht im Nachhinein auf den ausfindig gemachten Verletzer abgewälzt werden (Frankfurt JurBüro 2001, 259 [260]). Dabei kann dahinstehen, ob und in welchem konkreten Umfang die geltend gemachten Kosten überhaupt durch den beim Beklagten durchgeführten Testkauf verursacht worden sind.
2. Der Beklagte beanstandet auch zu Recht, dass die Rechtspflegerin Kosten der Firma C. i.H.v. 23,06 Euro festgesetzt hat. Aus dem vorgelegten Anfragezettel vom 26.11.2001 ergibt sich nur, dass eine Bonitätsprüfung veranlasst worden ist. Warum dies zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung hätte erforderlich sein sollen, zeigt die Klägerin nicht auf. Auch sonst ist dafür nichts erkennbar.
3. Soweit der Beklagte sich dagegen wendet, dass er zu seinen Lasten Kosten für einen Patentanwalt in Ansatz gebracht worden sind, bleibt die sofortige Beschwerde ohne Erfolg.
Gemäß § 140 Abs. 3 MarkenG sind in Kennzeichenstreitsachen die Kosten zu erstatten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts entstehen. Die Vorschrift bezieht sich jedenfalls dann auch auf ausländische Patentanwälte, wenn sie in der Europäischen Union ansässig sind und der Verfahrensgegenstand eine Gemeinschaftsmarkenstreitsache betrifft (OLG Koblenz GRUR-RR 2002, 127 ...