Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeitskonzentration bei Adoption mit Auslandsbeziehung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zuständigkeitskonzentration bei dem VormG am Sitz des OLG im Falle der Annahme eines ausländischen Kindes greift auch dann, wenn über Art. 23 EGBGB das Heimatrecht des anzunehmenden Kindes anzuwenden ist (Anschluss an OLG Stuttgart FamRZ 2004, 1124; entgegen OLG Hamm FamRZ 2003, 1042 und OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2004, 125).

 

Normenkette

FGG §§ 5, 43b Abs. 2 S. 2; AdwirkG § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Zweibrücken (Aktenzeichen XVI 29/04)

AG Bad Dürkheim (Aktenzeichen XVI 6/04)

 

Tenor

Für das Adoptionsverfahren ist das AG - VormG - Zweibrücken örtlich zuständig.

 

Gründe

I. Der 14-jährige Beteiligte zu 1) ist eheliches Kind der Beteiligten zu 3) aus deren geschiedener Ehe mit dem Beteiligten zu 4). Die Beteiligten zu 1) und 3) sind russische Staatsangehörige. Die Beteiligte zu 3) ist seit dem 25.9.2001 mit dem Beteiligten zu 2), einem Deutschen, verheiratet. Der Beteiligte zu 1) lebt im gemeinsamen Haushalt der Beteiligten zu 2) und 3) in D. Der Beteiligte zu 2) beabsichtigt, den Beteiligten zu 1) als Kind anzunehmen, und hat im Oktober 2004 den notariell beurkundeten Adoptionsantrag beim AG - VormG - Bad Dürkheim gestellt. Das angegangene Gericht hat das Verfahren durch Beschluss vom 26.10.2004 unter Bezugnahme auf § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 AdWirkG vom 5.11.2001 (BGBl. I, 2950 [2953]) an das AG - VormG - Zweibrücken abgegeben. Dieses ist aufgrund der im AdWirkG angeordneten Zuständigkeitskonzentration auf das VormG am Sitz des OLG für alle Verfahren zuständig, in denen "ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen". Das AG Bad Dürkheim sieht diesen Fall als gegeben an, weil wegen der russischen Staatsangehörigkeit des minderjährigen Beteiligten zu 1) auch dessen Heimatrecht zu prüfen sei. Das AG - VormG - Zweibrücken hat durch Beschluss vom 11.11.2004 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt; seiner Auffassung nach ist eine Zuständigkeitskonzentration bei ihm nur dann gegeben, wenn sich die Annahme eines Kindes insgesamt und nicht nur - wie hier - Teil- oder Vorfragen nach ausländischen Sachvorschriften richten. Daraufhin hat das AG Bad Dürkheim die Sache dem OLG Zweibrücken "zur Entscheidung über die Abgabe"vorgelegt.

II. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch das OLG Zweibrücken nach § 5 FGG liegen vor, nachdem das zum Landgerichtsbezirk Frankenthal (Pfalz) gehörende AG Bad Dürkheim als Wohnsitzgericht die Sache an das zum Bezirk des LG Zweibrücken gehörende AG Zweibrücken abgegeben, dieses aber die Übernahme abgelehnt hat. Der Senat entscheidet den Zuständigkeitsstreit dahin, dass das AG Zweibrücken zur Übernahme des Adoptionsverfahrens verpflichtet ist. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit des "zentralen" VormG am Sitz des OLG sind gegeben.

1. Für das vorliegende Adoptionsverfahren sind die deutschen Gerichte nach § 43b Abs. 1 S. 1 Nrn. 1 und 2 FGG international zuständig, weil der Beteiligte zu 2) (Annehmender) Deutscher ist und der Beteiligte zu 1) (anzunehmendes Kind) seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.

Das Verfahren richtet sich nach dem deutschen Recht (lex fori). Auf die Adoption selbst findet über Art. 22 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB ebenfalls deutsches Sachrecht Anwendung. Für die Erforderlichkeit und die Erteilung der Zustimmung des anzunehmenden Kindes sowie sonstiger Personen, namentlich des Beteiligten zu 4) (Kindesvater), gilt nach Art. 23 EGBGB zusätzlich auch das Heimatrecht des Anzunehmenden, das aber aus Gründen des Kindeswohls durch das deutsche Recht ersetzt werden kann.

2. Örtlich zuständig für Angelegenheiten, welche die Annahme eines Kindes betreffen, ist nach § 43b Abs. 2 S. 1 FGG das Gericht, in dessen Bezirk der Annehmende seinen Wohnsitz hat. Das wäre hier das AG Bad Dürkheim. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 AdWirkG zur Anwendung kommt. Danach ist in Adoptionsverfahren, in denen "ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen", das VormG am Sitz des OLG für dessen gesamten Bezirk örtlich zuständig. So liegen die Dinge hier.

Allerdings wird der Umfang der vom Gesetzgeber angeordneten Zuständigkeitskonzentration nach § 43b Abs. 2 S. 2 FGG in der obergerichtlichen Rechtsprechung kontrovers beurteilt, wenn - wie hier - zwar für die Adoption deutsches Recht maßgeblich ist, im Falle der ausländischen Staatsangehörigkeit des Kindes aber zusätzlich dessen Heimatrecht zu prüfen ist.

Gegen eine Zuständigkeitskonzentration auch bei dieser Konstellation haben sich die OLG Hamm (OLG Hamm, Beschl. v. 21.11.2002 - 15 Sbd 13/02, OLGReport Hamm 2003, 189 = FamRZ 2003, 1042) und Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.10.2003 - 11 AR 6/03, OLGReport Karlsruhe 2004, 125) ausgesprochen, im Wesentlichen mit der Begründung, dass es bei der "Regel"-Zuständigkeit des § 43b Abs. 2 S. 1 FGG verbleiben müsse, wenn nur "Teil- oder Vorfragen" - wie die nach Erforderlichkeit und E...

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