Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 2 HK O 69/12 SpruchG) |
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass der gemeinsame Vertreter seine Anschlussbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Koblenz vom 1. Juni 2016 zurückgenommen hat.
2. Die Beschwerden der Beschwerdeführer zu 1 bis 7 gegen den vorgenannten Beschluss werden zurückgewiesen.
3. Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters trägt die Beschwerdegegnerin; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
4. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten im gerichtlichen Spruchverfahren über die Angemessenheit der wegen des Ausscheidens der Minderheitsaktionäre aus der Bausparkasse ... (im Folgenden: ... oder betroffenes Unternehmen) infolge der Übertragung ihrer Aktien an die Antrags- und Beschwerdegegnerin als Hauptaktionärin (sog. Squeeze-Out gemäß § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG) zu zahlenden Barabfindung.
1. Die Beschwerdeführer waren - wie die übrigen in erster Instanz beteiligten bzw. vom gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre vertretenen Anteilseigner - Minderheitsaktionäre der .... Die Anzahl der jeweils bis zum Ausschluss gehaltenen Aktien ergibt sich aus dem im Rubrum aufgenommenen Klammerzusatz.
Satzungsgemäßer Gegenstand des betroffenen Unternehmens ist der Betrieb einer Bausparkasse. Zur Geschäftstätigkeit der bundesweit agierenden ... gehören die Entgegennahme von Bauspareinlagen und die Gewährung von Bauspardarlehen, die Gewährung von Vor- und Zwischenfinanzierungen und sonstigen Baudarlehen sowie die Refinanzierung der Geschäftstätigkeiten über die Hereinnahme von Geldanlagen privater Kunden und die Geldaufnahme am Kapitalmarkt. Die ... unterhält Geldanlagen in Schuldverschreibungen und bei Kreditinstituten. Darüber hinaus bietet sie über ihre 100%ige Tochtergesellschaft ... ein Hausbauprogramm und Immobilienvermittlung an und vermittelt Versicherungsprodukte der ... Versicherungsgruppe.
Das Grundkapital des betroffenen Unternehmens betrug zum Bewertungsstichtag (16. Mai 2012) 28.080.000,00 EUR und war in 540.000 auf den Namen lautende Stückaktien aufgeteilt. Nur zwischen dem 17. Juni 2008 und dem 18. März 2011 waren die Aktien der ... in den Freiverkehrshandel an der Frankfurter Wertpapierbörde und den Börsen in Berlin und Stuttgart einbezogen; der Schlusskurs am 10. Februar 2011 in Frankfurt betrug 69,01 EUR.
Die Antragsgegnerin hielt Anfang des Jahres 2012 244.086 Aktien = 45,20 % des Grundkapitals unmittelbar und weitere 280.000 Aktien = 51,85 % des Grundkapitals mittelbar über die ..., an der sie zu 90 % beteiligt ist.
Auf Betreiben der Antragsgegnerin, die eine vollständige Übertragung aller Aktien der Minderheitsaktionäre an sich anstrebte, bestimmte das Landgericht Koblenz mit Beschluss vom 6. März 2012 - Az. 1 HK O 37/12 AktG - die ... (nachfolgend: ... oder sachverständige Prüferin) gemäß § 327c Abs. 2 AktG zur sachverständigen Prüferin. Die ordentliche Hauptversammlung der ... beschloss am 15. Mai 2012 die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsgegnerin gegen Gewährung einer von ihr als Hauptaktionärin zu zahlenden Barabfindung in Höhe von 126,58 EUR je auf den Inhaber lautende Stückaktie. Dem Abfindungsbetrag zugrunde lag das unter dem 28. März 2012 erstattete Gutachten zur Unternehmensbewertung der ... (nachfolgend: ... oder Bewertungsgutachterin bzw. Bewertungsgutachten) sowie der von der sachverständigen Prüferin unter dem 30. März 2012 erstellte Bericht über die Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung zum 16. Mai 2012 (Anlagenband AM 3). Nach dem im Wege des Ertragswertverfahrens ermittelten, von der sachverständigen Prüferin als plausibel bewerteten Einschätzung der Bewertungsgutachterin hatte das betroffene Unternehmen am Stichtag einen Wert von 68.352.000,00 EUR, was einem Anteil pro Aktie von 126,58 EUR entspricht.
Der Übertragungsbeschluss wurde am 11. Juni 2012 im Handelsregister des Amtsgerichts ... (HRB ...) eingetragen und bekannt gemacht.
2. Die Bewertungsgutachterin legte ihrer Wertberechnung folgende Paramater zugrunde (Gutachten S. 32 ff)
- Planungszeitraum der gesellschaftseigenen Gewinn- und Verlustprognose 2012 bis 2016
- Ausschüttungspotential unter Zugrundelegung der gesellschaftseigenen Planungsrechnung
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
2016 |
2017 ff |
9,168 Mio. EUR |
4,116 Mio. EUR |
6,644 Mio. EUR |
6,297 Mio. EUR |
6,142 Mio. EUR |
4,839 Mio. EUR |
abzüglich typisierter Einkommenssteuer auf diese Ausschüttungen und auf Wertbeitrag aus Thesaurierung (ab 2017) = zu kapitalisierende Beträge
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
2016 |
2017 ff |
9,168 Mio. EUR |
3,031 Mio. EUR |
4,892 Mio. EUR |
4,636 Mio. EUR |
4,522 Mio. EUR |
3,813 Mio. EUR |
- Kapitalisierungszinssatz E(R n.Sti)): 6,12 % E(R n.Sti) = (1- st) RF + ßi × MRP
- st = Steuersatz des Investors (26,375 %)
- RF = Basiszinssatz (2,5 % bzw. 1,84 % nach persönlichen Steuern)
- ßi = Betafaktor der risikoäquivalenten Alternativanlage (0,95)
- MRP = Marktrisikoprämie (4,5% nach p...