Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten der Anschlussberufung bei Berufungsrücknahme nach Hinweis gem. § 522 Abs. 2 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagter durch einen Beschluss des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Zurückweisung der Berufung beabsichtigt ist und nimmt er daraufhin seine Berufung zurück, fallen die Kosten des Berufungsverfahrens beiden Parteien im Verhältnis der Werte von Berufung und Anschlussberufung zur Last.

 

Verfahrensgang

LG Landau (Pfalz) (Urteil vom 13.11.2003; Aktenzeichen 2 O 760/00)

 

Tenor

I. Der Kläger, der seine Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Landau in der Pfalz vom 13.11.2003 zurückgenommen hat, wird des eingelegten Rechtsmittels für verlustig erklärt.

II. Die Anschlussberufung der Beklagten ist wirkungslos (§ 524 Abs. 4 ZPO).

III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 65 % und die Beklagte 35 % zu tragen.

IV. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 13.757,98 Euro (Berufung: 8.928,98 Euro; Anschlussberufung: 4.829 Euro) festgesetzt.

V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Wird ein Berufungskläger durch einen Beschluss des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die einstimmige Zurückweisung der Berufung beabsichtigt ist, und nimmt er daraufhin innerhalb der Stellungnahmefrist seine Berufung zurück, fallen die Kosten des Berufungsverfahrens beiden Parteien im Verhältnis der Werte von Berufung und Anschlussberufung in entsprechender Anwendung der §§ 97 i.V.m. 92 ZPO zur Last.

Die Anwendung des kostenrechtlichen Grundprinzips, dass der Unterliegende die Kosten seines erfolglos gebliebenen Angriffsmittels zu tragen hat, ergibt sich vorliegend aus dem Wesen der Anschlussberufung, mit der zusätzlich zur Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung erstrebt wird (vgl. BGH v. 11.3.1981 - GSZ 1/80, BGHZ 80, 146 [153] = MDR 1981, 638), und der gesetzgeberischen Neugestaltung einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gem. § 522 ZPO mit vorheriger Hinweispflicht.

Nach der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. auch OLG Düsseldorf v. 28.10.2002 - 24 U 81/02, OLGReport Düsseldorf 2003, 50 = MDR 2003, 288; OLG Brandenburg v. 7.7.2003 - 13 U 31/03, OLGReport Brandenburg 2003, 457 = MDR 2003, 1261 [1262]; OLG Dresden BauR 2003, 1431 [1432]; OLG Celle v. 16.10.2002 - 2 U 110/02, OLGReport Celle 2003, 218 = NJW 2003, 2755 [2756]; a.A. v. 27.1.2004 - 16 U 158/03, MDR 2004, 592; OLG Hamburg v. 3.4.2003 - 1 U 144/02, OLGReport Hamburg 2003, 324 = MDR 2003, 1251) fallen die Kosten der Berufungsinstanz beiden Parteien im Verhältnis der Werte von Berufung und Anschlussberufung zu Last, wenn die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen wird. Durch die einstimmige Zurückweisung der Hauptberufung entzieht nämlich das Gericht, und nicht der Berufungskläger, der Anschließung ihre Wirkung (§ 524 Abs. 4 ZPO). Im vergleichbaren Fall einer Anschlussrevision erfolgt bei Nichtannahme der Revision nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 11.3.1981 (BGH v. 11.3.1981 - GSZ 1/80, BGHZ 80, 146 [153] = MDR 1981, 638) ebenfalls eine Kostenquotelung im Verhältnis der Werte von Haupt- und Anschlussrechtsmittel.

Nimmt ein Berufungskläger nun auf einen entsprechenden Hinweis des Senats nach § 522 Abs. 2 ZPO die eingelegte Berufung zurück, ist es gleichfalls nicht sachgerecht, dem Berufungskläger die Kosten der Anschlussberufung aufzuerlegen, da ansonsten die Gefahr besteht, dass derjenige Berufungskläger kostenmäßig schlechter steht, der aus dem gerichtlichen Hinweis die prozessuale Konsequenz der Rücknahme zieht, statt einen gerichtlichen Zurückweisungsbeschluss gegen sich ergehen zu lassen.

Dies gilt umso mehr, als nach dem Kostenmodernisierungsgesetz sich die Verfahrensgebühr in der Berufungsinstanz nach der Berufungsbegründung nur auf 2,0 reduziert (früher: Reduzierung auf eine 0,5-Verfahrensgebühr; vgl. GKG-Kost Verz-E Nr. 1220, 1222 n.F. und Nr. 1220, 1221 a.F.).

Eine Differenzierung danach, dass bei einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO eine gerichtliche Entscheidung über das Hauptrechtsmittel ergeht, was eine Quotelung rechtfertigt, dagegen bei einer Zurücknahme der Berufung aufgrund eines Hinweisbeschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO ein freier Dispositionsakt der Partei über das Hauptrechtsmittel vorliegt, der zur vollen Kostenlast führt, überzeugt nicht (vgl. Jacoby, Das Ansschlussrechtsmittel und seine Kosten nach dem Zivilprozessreformgesetz, ZZP 2002, S. 185, 210, 213).

Zwar entscheidet der Berufungskläger nach Wegfall des Zustimmungserfordernisses für die Rücknahme der Berufung nach Beginn der mündlichen Verhandlung immer über das Schicksal der Anschlussberufung und entzieht bei einer Rücknahme der Entscheidung über die Anschließung den Boden (vgl. OLG Oldenburg v. 24.7.2002 - 6 U 25/02, OLGReport Oldenburg 2002, 289 = MDR 2002, 1208 [1209...

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