Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinbarung von Eheleuten zur „Verkürzung” der Ehezeit beim Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Eine Vereinbarung, mit der die beteiligten Eheleute die während eines Teils der Ehezeit erworbenen Anrechte vom Versorgungsausgleich ausnehmen wollen, ist wirksam, wenn der sich danach zugunsten des Berechtigten ergebende Ausgleich geringer ist, als der auf die gesamte Ehezeit entfallende Ausgleichsbetrag.
Normenkette
BGB § 1408 Abs. 2, § 1587o Abs. 1 S. 2, § 1587 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Urteil vom 23.03.2006; Aktenzeichen 5b F 448/05) |
Tenor
I. Auf die befristete Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund, Berlin, wird das Verbundurteil des AG - FamG - Ludwigshafen am Rhein vom 23.3.2006 in seinen Ziff. 2 und 3 (Regelung des Versorgungsausgleichs) geändert und neu gefasst:
1. Von dem Versicherungskonto des Antragsgegners Nr. ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Berlin, werden auf das Versicherungskonto der Antragstellerin Nr. ... bei demselben Versorgungsträger Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 167,46 EUR, bezogen auf den 30.9.2005, übertragen.
2. Zu Lasten der für den Antragsgegner bei der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden bestehenden Anwartschaften auf Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (Vers.Nr. ...) werden auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin Nr. ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Berlin, Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 33,79 EUR, bezogen auf den 30.9.2005, begründet.
3. Es wird angeordnet, dass die Monatsbeträge der zu übertragenden bzw. zu begründenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte umzurechnen sind.
II. Hinsichtlich des ersten Rechtszugs verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils.
Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben; außergerichtliche Kosten der beteiligten Ehegatten und der Versorgungsträger werden nicht erstattet.
III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die befristete Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei und führt in der Sache zur anderweitigen Regelung des Versorgungsausgleichs mit dem aus dem Entscheidungssatz ersichtlichen Inhalt.
Die Beschwerdeführerin rügt zu Recht, dass das FamG bei seiner Entscheidung über den Versorgungsausgleich die höchstrichterliche, vom Senat geteilte Rechtsprechung zur Durchführung des Versorgungsausgleichs bei Vereinbarungen der beteiligten Ehegatten über einen Teilverzicht durch Herausnehmen bestimmter, vor dem Ehezeitende beiderseits erworbener Anwartschaften aus dem Versorgungsausgleich (grundlegend: BGH v. 4.10.1989 - IVb ZB 106/88, MDR 1990, 320 = FamRZ 1990, 273 ff.) nicht beachtet hat.
1. Zwar können Ehegatten gem. § 1404 Abs. 2 BGB in einem Ehevertrag oder im Rahmen von Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Ehescheidung den Versorgungsausgleich - auch teilweise - ausschließen.
Dies kann auch in der hier gewählten Weise erfolgen, dass die von den Ehegatten in einem bestimmten Zeitraum während der gesetzlich festgelegten und nicht disponiblen Ehezeit (§ 1587 Abs. 2 BGB) erworbenen Versorgungsanwartschaften nicht in den Ausgleich einbezogen werden sollen.
Die Dispositionbefugnis der Ehegatten wird jedoch gem. § 1587o Abs. 1 Satz 2 BGB dadurch begrenzt, dass durch die Parteivereinbarung Anwartschaftsrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1587b Nr. 1 oder 2 BGB - und über die allgemeine Verweisungsvorschrift des § 3 VAHRG auch nach § 1 Abs. 3 VAHRG (Vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587o BGB Rz. 19) - nicht übertragen oder begründet werden können. Vereinbarungen, die zur Folge haben, dass zu Lasten des ausgleichspflichtigen Ehegatten mehr Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen oder begründet würden als dies bei Einbeziehung aller von den Parteien in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften der Fall wäre, sind daher gem. § 1587o Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 134 BGB nichtig (BGH v. 7.10.1987 - IVb ZB 4/87, FamRZ 1988, 153 [154]).
Um die durch § 1587o Abs. 1 Satz 2 BGB gezogene Grenze festzustellen, ist daher zunächst der Ausgleichsbetrag zu ermitteln, der bei unveränderter Anwendung der gesetzlichen Regelung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu übertragen oder zu begründen wäre und durch die vertraglichen Vereinbarungen nicht überschritten werden darf.
In einem zweiten Schritt sind sodann die auf die gesamte Ehezeit entfallenen Rentenanwartschaften beider Ehegatten um diejenigen zu bereinigen, die nach der getroffenen Vereinbarung nicht ausgeglichen werden sollen. Nur wenn der danach sich zugunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten ergebende Betrag der zu übertragenden oder zu begründenden Rentenanwartschaften geringer ist als der auf die gesamte Ehezeit entfallende Ausgleichsbetrag, ist die vertragliche Vereinbarung gültig. Führt sie dagegen zu ...