Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz aus Verkehrsunfall. Kostenfestsetzung. Kosten
Leitsatz (redaktionell)
Wird der Rechtsstreit, nach Versterben des Mandanten, von dessen Erben mit demselben Rechtsanwalt fortgesetzt, so ist eine Erhöhungsbebühr festzusetzen.
Normenkette
BRAGO § 6 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Beschluss vom 18.05.1994; Aktenzeichen 3 O 218/89) |
OLG Zweibrücken (Aktenzeichen 1 U 260/90) |
Tenor
1. Der angefochtene Beschluß wird, soweit er die von den Beklagten an die Klägerinnen zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des 2. Rechtszugs betrifft, geändert und insoweit wie folgt neu gefaßt:
Die den Klägerinnen von den Beklagten zu 1) bis 3) zu erstattenden Kosten werden auf 8 224,49 DM festgesetzt.
Die den Klägerinnen von den Beklagten zu 1) und 3) weiter zu erstattenden Kosten werden auf 1 289,47 DM festgesetzt.
Diese Beträge sind mit 4 % seit 14. Januar 1993 zu verzinsen.
2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben zu tragen:
die Klägerinnen zur gesamten Hand 78 %, die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner 19 % und
die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner weitere 3 %.
3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird für die Zeit bis zur Teilrücknahme gemäß Schriftsatz vom 15. September 1994 auf 3 391,53 DM und
für die Folgezeit auf 734,38 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien haben um Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalles vom 2. März 1985 in Kusel gestritten, bei dem die Mutter der Klägerinnen erheblich verletzt worden war. Die Mutter der Klägerinnen hat daraufhin Klage erhoben; im Verlauf des Berufungsverfahrens ist sie verstorben. Die jetzigen Klägerinnen haben als ihre Erben den Prozeß fortgeführt; die Prozeßbevollmächtigten waren dieselben, die für die Erblasserin die Berufung eingelegt und begründet hatten. Mit Urteil vom 23. Dezember 1992 (Bl. 250 ff d.A.) hat der Senat in der Sache entschieden; der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten nicht angenommen.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat der Rechtspfleger die nach dem Senatsurteil von den Parteien zu erstattenden Kosten für die 2. Instanz festgesetzt. Die den Klägerinnen entstandenen außergerichtlichen Kosten hat er – nach Kürzung um die mit 4 008,80 DM berechneten Korrespondenzanwaltskosten (an deren Steile er die Kosten einer Informationsreise nach Zweibrücken und sonstige Kosten im Gesamtbetrag von 727,92 DM angesetzt hat) und um die ebenfalls verlangte 3/10 Erhöhungsgebühr gemäß § 6 BRAGO (795,30 DM zuzüglich Mehrwertsteuer) – mit insgesamt 9 838,91 DM in Ansatz gebracht (Bl. 322 d.A.).
Die Klägerinnen haben gegen diesen (ihnen am 29. Juni 1994 zugestellten) Beschluß am 11. Juli 1994 Erinnerung eingelegt. Mit ihr haben sie anfänglich geltend gemacht, daß beide oben genannten Kürzungen (Reisekosten statt Korrespondenzanwaltskosten 3 280,88 DM; Erhöhungsgebühr mit Mehrwertsteuer 906,64 DM) fehlerhaft seien. Mit Schriftsatz vom 15. September 1994 haben sie mitgeteilt, daß die Erinnerung lediglich insoweit aufrechterhalten werde, als im angefochtenen Beschluß die Erhöhungsgebühr des § 6 BRAGO nicht berücksichtigt sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach § 11 Abs. 2 Satz 5 RPflegerG als sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Rechtspflegers geltende Erinnerung ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht bedenkenfrei und – soweit sie noch weiter verfolgt wird – auch in der Sache begründet.
Der Rechtspfleger hat in der angefochtenen Entscheidung folgenden Standpunkt vertreten: „Verstirbt ein Mandant im Laufe des Rechtsstreits und wird der Rechtsstreit von den Erben mit demselben Rechtsanwalt fortgesetzt, so entsteht dadurch keine Erhöhungsgebühr”; zur Begründung hat er sich auf die Entscheidungen OLG Koblenz MDR 1993, 284 und LG Göttingen RPfleger 1990, 90 berufen. Dieser Standpunkt entspricht in der Tat einer weit verbreiteten Meinung (vgl. außer den beiden genannten Entscheidungen SchlHOLG JurBüro 1979, 524 und OLG Frankfurt am Main AnwBl. 1991, 403; Hartmann/Albers, KostG, 26. Aufl. 1995, § 6 BRAGO Rdnr. 9; Mümmler, BRAGO, 17. Aufl. 1989, Stichw. „Mehrere Auftraggeber”, Abschn. 6.3 S. 905 und derselbe in JurBüro 1982, 190). Ihr liegt der Gedanke zugrunde, daß ein vom Erblasser erteiltes Mandat durch dessen Tod nicht erlischt und die Erben nur in das von einem Auftraggeber begründete Rechtsverhältnis eintreten, wenn sie nicht einen neuen Auftrag erteilen.
Dem Zweck der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO, der bei Tätigwerden des Anwalts in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber eine Erhöhung der Geschäfts- oder Prozeßgebühr vorsieht, wird dieser Standpunkt jedoch nicht gerecht. In der neueren Rechtsprechung wird deshalb wohl überwiegend die Meinung vertreten, daß dann, wenn die Erben den Anwalt zur Fortsetzung des Rechtsstreits anweisen, sie auch ohne Erneuerung des vom Erblasser erteilten Anwaltsauftrages eine Mehrheit von Auftraggebern im Sinne der Vorschrift sind (OLG Hamm AnwBl. 1993, 577 = JurBüro 1994, 730 sowie JurBüro 1989, 192; HansOLG Bremen – Beschluß vom 1. Juli 1992 – Az.: 2 W ...