Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehescheidung. Festsetzung der Gebühren des beigeordneten Rechtsanwalts

 

Verfahrensgang

AG Pirmasens (Beschluss vom 11.12.2000; Aktenzeichen 3 F 154/99)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die der Antragstellerin für das Ehescheidungsverfahren beigeordnete Prozessbevollmächtigte hat Festsetzung einer Beweisgebühr in Höhe von 375,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer (Gegenstandswert der Ehesache: 4.000,– DM + Gegenstandswert elterliche Sorge: 1.500,– DM) beantragt. Vom Rechtspfleger des Familiengerichts wurde demgegenüber lediglich eine Gebühr in Höhe von 265,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer (Gegenstandswert der Ehesache: 4.000,– DM) festgesetzt.

Das Familiengericht hat die Erinnerung der Prozessbevollmächtigten hiergegen als unbegründet zurückgewiesen, weil die Anhörung der Eltern zum Sorgerecht nach § 613 Abs. 1 Satz 2 ZPO weder eine Beweisgebühr anfallen lasse noch eine Erhöhung des Streitwertes rechtfertige, wenn wie im vorliegenden Falle bezüglich der elterlichen Sorge Einigkeit bestehe.

Die hiergegen gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO gerichtete Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert von mehr als 100,– DM erreicht.

In der Sache bleibt dem Rechtsmittel ein Erfolg versagt.

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche gebührenrechtliche Folge an eine Anhörung der Eltern zum Sorgerecht für gemeinsame Kinder im Rahmen eines Scheidungsverfahrens (§ 613 Abs. 1 Satz 2 ZPO) zu knüpfen ist. Diese Anhörungspflicht ist durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I, 2942, in Kraft seit 1. Juli 1998) in § 613 Abs. 1 ZPO aufgenommen worden. Zugleich wurde durch eine Änderung von § 623 Abs. 2 und 3 ZPO die Regelung der elterlichen Sorge als von Amts wegen zu betreibende Folgesache aufgegeben. Eine Regelung der elterlichen Sorge im Scheidungsverfahren erfolgt nur noch auf Antrag einer Partei oder bei einer Gefährdung des Kindeswohls (§§ 1666, 1666 a BGB) von Amts wegen. Im Rahmen der Anhörung sollen die Eltern über die rechtlichen Folgen ihrer möglichen Entscheidung, einen Antrag zum Sorgerecht zu stellen oder hiervon abzusehen, aufgeklärt und sie mit der Möglichkeit sachkundiger Unterstützung vertraut gemacht werden (Begründung des Bundesrats aus dem Gesetzgebungsverfahren, BT-Drucks. 13/4899, 160, MünchKomm/Bernreuter, ZPO, 2. Aufl., § 613 Rdnr. 3). Darüber hinaus soll die Anhörung dem Gericht zu den notwendigen Informationen verhelfen, falls zur Wahrung des Kindeswohles die Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen erforderlich sein sollte.

§ 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO, wonach der Prozessbevollmächtigte einer Partei eine volle Gebühr erhält für die Vertretung in einem Beweisaufnahmeverfahren oder bei einer Anhörung oder Vernehmung einer Partei nach § 613 ZPO, blieb im Rahmen des vorgenannten Gesetzgebungsverfahrens unverändert.

Aus dem Wortlaut von § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO wird von Teilen der Rechtsprechung abgeleitet, dass bei einer Anhörung zur elterlichen Sorge eine Beweisgebühr aus deren Gegenstandswert anfalle. Auf die Anhängigkeit eines Verfahrens zur Regelung der elterlichen Sorge komme es nicht an. Eine abweichende Auslegung sei angesichts des klaren Wortlautes der Vorschrift nicht möglich (OLG Koblenz – 13. Zivilsenat – JurBüro 1999, 469, MDR 2001, 34, KG JurBüro 1999, 634).

Die zwischenzeitlich wohl überwiegende Auffassung geht hingegen dahin, dass eine Anhörung zum Sorgerecht nach § 613 Abs. 1 Satz 2 ZPO weder die Beweisgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO auslöst noch deren Gegenstandswert erhöht (OLG Karlsruhe, Rpfleger 1999, 419 = MDR 2000, 87 = JurBüro 2000, 200 mit Anmerkung Enders; OLG Stuttgart FamRZ 1999, 1359; OLG Koblenz – 9. Zivilsenat – Rpfleger 2000, 515; OLG Frankfurt am Main, JurBüro 2001, 28; Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 14. Aufl., § 31 Rdnr. 111; Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 613 Rdnr. 15 unter Aufgabe der in der 21. Auflage vertretenen Gegenansicht; Müller-Rabe, FamRZ 2000, 137, 138 f).

Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Es widerspricht schon der gebührenrechtlichen Systematik, für einen nicht anhängigen Verfahrensgegenstand eine Beweisgebühr entstehen zu lassen (ebenso Enders, JurBüro 2000, 618, Müller-Rabe, 138). Weder für die mit der Anhörung verbundene Information der Eltern noch für die Prüfung, ob Gründe für die Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen vorhanden sind, besteht in vergleichbarer Weise wie bei der Anhörung zur Ehescheidung eine Nähe zur Beweisaufnahme, die das Entstehen einer Beweisgebühr – insbesondere zur Vermeidung von Abgrenzungsproblemen (vgl. Müller-Rabe a.a.O.) – rechtfertigt. Im Rahmen dieser Anhörung ist für ein anwaltliches Tätigwerden regelmäßig kein Raum (Gerold/Schmidt/von Eicken a.a.O.).

Die vom Familiengericht festgesetzte Gebühr auf der Grundlage des Gegenstandswerts der Ehesache ist somit nicht zu beanstanden.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet n...

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