Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe für Stufenklage

 

Leitsatz (amtlich)

Wird einer Partei, die beabsichtigt einen Zahlungsanspruch im Wege der Stufenklage zu verfolgen, ohne Einschränkung Prozesskostenhilfe bewilligt, so darf sie darauf vertrauen, dass die Bewilligung sämtliche Stufen ihres Klagebegehrens betrifft. Auf der Leistungsstufe erfasst die Bewilligung aber nur Gebühren und Auslagen, die schon bis zur Auskunftserteilung angefallen sind. Für die Gebühren und Auslagen, die erst durch die Weiterverfolgung des Anspruchs nach Abschluss der Auskunftsstufe entstehen, bedarf es einer erneuten Erfolgsprüfung.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 120, 124, 254; BGB §§ 1379, 1580

 

Verfahrensgang

AG Ludwigshafen (Beschluss vom 14.11.2005; Aktenzeichen 5c F 240/01)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG - FamG - Ludwigshafen am Rhein zurückgegeben.

II. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 29.9.2001 hat das FamG der Antragstellerin ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des von ihr ausgewählten Rechtsanwalts für die Ehesache bewilligt. Die bewilligte Prozesskostenhilfe wurde mit weiterem Beschluss vom 18.10.2002 erstreckt auf die jeweils im Wege der Stufenklage anhängig gemachten Folgesachen "Zugewinnausgleich" und "nachehelicher Unterhalt". Eine Erstreckung auf die zusammen mit der Folgesache "nachehelicher Unterhalt" anhängig gemachte Folgesache "Kindesunterhalt" ist (ohne Begründung) unterblieben.

Nach - aufgrund Teilanerkenntnisurteil vom 7.11.2002 - erteilten Auskünften und Aufforderung des FamG vom 3.2.2004 an die Antragstellerin, die Ansprüche hinsichtlich der Folgesachen "Zugewinnausgleich" und "nachehelicher Unterhalt" zu beziffern, stellte die Antragstellerin im Verhandlungstermin vom 2.3.2004 zu Protokoll den Antrag, den Antragsgegner zu verurteilen, an sie ab dem auf den Eintritt der Rechtskraft folgenden Monat Nachscheidungsunterhalt i.H.v. monatlich 671 EUR sowie Kindesunterhalt von monatlich 306 EUR zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 1.6.2004 erweiterte sie den Antrag hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts auf monatlich 696 EUR und begründete ihr diesbezügliches Begehren. Hinsichtlich des Zugewinnausgleichs erfolgte die Bezifferung auf 57.863,62 EUR mit Schriftsatz vom 1.3.2004, der dem Antragsgegnervertreter im Verhandlungstermin vom 2.3.2004 ausgehändigt wurde.

In der Folgezeit waren die - im Verhandlungstermin vom 2.3.2004 abgetrennten - Folgesachen "nachehelicher Unterhalt", "Kindesunterhalt" und "Zugewinnausgleich" Gegenstand wiederholter gerichtlicher Hinweise und mündlicher Erörterungen. Sie wurden schließlich durch den Parteien seitens des FamG am 1.2.2006 unterbreiteten, von ihnen schriftsätzlich angenommenen, Vergleich gütlich erledigt.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das FamG die Erstreckung der der Antragstellerin für die Stufenklagen in den Folgesachen "Zugewinnausgleich", "nachehelicher Unterhalt" und "Kindesunterhalt" bewilligte Prozesskostenhilfe auf die bezifferten Leistungsanträge vom 1. und 2.3.2004 abgelehnt. Die für die Stufenklage bewilligte Prozesskostenhilfe beziehe sich nur auf Ansprüche, die sich aus der erteilten bzw. zu erteilenden Auskunft ergäben, entbinde eine Partei aber nicht von der Verpflichtung, eine schlüssige Klage für die geltend gemachte Bezifferung vorzulegen. Da es an einer solchen fehle, sei klarzustellen, dass sich die bewilligte Prozesskostenhilfe für die Stufenklage nicht auf die konkret geltend gemachten Forderungen beziehe.

II. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, nachdem der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin auf entsprechende Nachfrage des Senats mitgeteilt hat, dass ihm der angefochtene Beschluss am 21.11.2005 zugestellt worden ist.

In der Sache hat das Rechtsmittel einen vorläufigen Erfolg.

Soweit mit der angefochtenen Entscheidung die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den gestellten Leistungsantrag bezüglich des Kindesunterhalts versagt worden ist, ist sie gegenstandslos; denn für diese Folgesache ist Prozesskostenhilfe noch gar nicht bewilligt. Über den auch insoweit mit Einreichung der Stufenklage vom 29.9.2002 gestellten Prozesskostenhilfeantrag ist bislang nicht entschieden.

Hinsichtlich der Folgesachen "Zugewinnausgleich" und "nachehelicher Unterhalt" wurde der Antragstellerin durch die Entscheidung die Prozesskostenhilfe für die Leistungsanträge insgesamt versagt. Dies kann keinen Bestand haben, weil der Antragstellerin dadurch nachträglich Prozesskostenhilfe entzogen wurde, die ihr zuvor - durch Beschl. v. 18.10.2002 - bereits bewilligt worden ist. Die Entziehung bereits bewilligter Prozesskostenhilfe ist aber lediglich aus den in §§ 120 und 124 ZPO genannten Gründen und im dafür vorgesehenen Verfahren möglich, die hier zweifelsfrei nic...

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