Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung eines polnischen Versäumnisurteils über Kindesunterhalt.
Normenkette
EuGVVO Art. 43, 45, 34; AVAG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 11 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 01.09.2006; Aktenzeichen 2 O 208/06) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Schuldner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Antrag des Schuldners, ihm zur Durchführung der Beschwerde Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Vollstreckbarkeit eines polnischen Unterhaltstitels.
Durch rechtskräftiges Versäumnisurteil des AG in Kamienna Góra vom 7.2.2006 (Geschäftszeichen R III C 56/05) ist der Schuldner verurteilt worden, an den Gläubiger, seinen am ... geborenen Sohn, zu Händen dessen Mutter eine Unterhaltsrente i.H.v. monatlich 500 PLN ab 1.3.2005 zu zahlen.
Auf Antrag des Gläubigers hat der Vorsitzende der 2. Zivilkammer des für den Wohnort des Schuldners zuständigen LG Landau in der Pfalz das vorgenannte Urteil mit Beschluss vom 1.9.2006 für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Die daraufhin von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des LG Landau in der Pfalz am 6.9.2006 erteilte Vollstreckungsklausel ist dem Schuldner mit dem Vollstreckungstitel sowie dem Beschluss vom 1.9.2006 am 8.9.2006 zugestellt worden.
Mit seiner am 25.9.2006 beim Pfälzischen OLG eingegangenen Beschwerde vom 22.9.2006 wendet sich der Schuldner gegen die Vollstreckbarerklärung des polnischen Titels und macht geltend, er bezweifle, der Vater des Gläubigers zu sein. Zudem sei er auch nicht in der Lage, Kindesunterhalt für den Gläubiger zu zahlen; er verfüge lediglich über Arbeitslosengeld i.H.v. monatlich 750 EUR, wovon er auch seine Ehefrau und den fünf Jahre alten gemeinsamen Sohn unterhalten müsse.
Der Gläubiger beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Der Schuldner sei sein Vater, er trage auch dessen Namen. Unterhalt für ihn habe der Schuldner seit der Geburt nicht gezahlt.
II. Die Vollstreckbarerklärung des polnischen Unterhaltstitels richtet sich nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (EuGVVO). Diese ist in Deutschland am 1.3.2002 und in Polen mit dessen Beitritt zur europäischen Union am 1.5.2004 in Kraft getreten. Das dem für vollstreckbar zu erklärenden Titel zugrunde liegende Verfahren wurde erst in 2005 und damit nach Inkrafttreten der Verordnung in Polen eingeleitet (§ 66 Abs. 1 EuGVVO).
Die Beschwerde des Schuldners ist gem. Art. 43 Abs. 1 EuGVVO i.V.m. §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 11 Abs. 1 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes (AVAG) vom 19.2.2001 statthaft. Gegen ihre Zulässigkeit bestehen keine Bedenken, insbesondere ist sie form- und fristgerecht (Art. 43 Abs. 5 Satz 1 EuGVVO, § 11 Abs. 1 Satz 1 AVAG) beim Beschwerdegericht (Art. 43 Abs. 2 EuGVVO i.V.m. Anhang III) eingelegt worden.
Eine Abhilfeentscheidung des Erstgerichtes (entsprechend § 572 ZPO) muss vor der Entscheidung des Senates nicht herbeigeführt werden. Zwar liegt dem Beschwerdeverfahren gem. §§ 11 ff. AVAG das Modell des zivilprozessualen Beschwerdeverfahrens (§§ 567 ff. ZPO) zugrunde. Gleichwohl besteht nach allgemeiner Ansicht keine Befugnis des die Vollstreckung zulassenden Gerichtes zur Abhilfe einer gegen seine Entscheidung gerichteten Beschwerde (BT-Drucks. 11/351 S. 22; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 11 AVAG Rz. 4; Kroppholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Art. 43 EuGVVO Rz. 10; OLG Zweibrücken [3. Senat OLGR 2004, 261]).
Da der zugrunde liegende Titel eine Familiensache betrifft, ist der erkennende Senat als Familiensenat zur Entscheidung über die Beschwerde berufen (Senat OLGR 2005, 135 m.w.N.). Die Entscheidung ergeht in voller Besetzung des Spruchkörpers, weil der Vorsitzende der Zivilkammer die angefochtene Entscheidung nicht als Einzelrichter i.S.v. § 568 ZPO erlassen hat (Senat a.a.O. m.w.N.).
In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.
Gemäß Art. 45 EuGVVO wird eine Entscheidung aus einem anderen Mitgliedsstaat (nur dann) nicht für vollstreckbar erklärt, wenn einer der in Art. 34 und 35 EuGVVO abschließend aufgeführten Versagungsgründe vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
Der (Anerkennung und damit auch) Vollstreckbarerklärung des polnischen Versäumnisurteils steht weder der deutsche ordre public (Art. 34 Nr. 1) noch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Schuldners bei Verfahrenseinleitung (Art. 34 Nr. 2) entgegen. Andere Entscheidungen über den Kindesunterhaltsanspruch sind zwischen den Parteien nicht ergangen (Art. 34 Nrn. 3 und 4). Die in Art. 35 aufgeführten Versagungsgründe beziehen sich auf Spezialzuständigkeiten, die vorliegend nicht einschlägig sind.
Im Übrigen darf das Urteil des AG in Kamienna Góra keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden (Verbot de...