Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung vom 02.09.1992
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 03.02.1993; Aktenzeichen 8 T 250/92) |
AG Mainz (Aktenzeichen 34 II 86/92 - WEG) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.
III. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 5.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ist statthaft und auch sonst in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 43 Abs. 1 Nr. 4, 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 22 Abs. 1 FGG). In der Sache selbst hat das Rechtsmittel indes keinen Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG). Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses der 8. Zivilkammer des Landgerichts Mainz wird Bezug genommen.
Gegen die Wirksamkeit der in der außerordentlichen Eigentümer Versammlung vom 02.09.1992 getroffenen verfahrensgegenständlichen Beschlüsse bestehen keine durchgreifenden formellen Bedenken. Zwar ist die Eigentümer Versammlung nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beteiligten zu 1) und 2) nicht ordnungsgemäß unter Bezeichnung des Gegenstandes einberufen worden (vgl. §§ 23 Abs. 2, 24 Abs. 4 WEG). Durch ihre zu Beginn der Versammlung ausdrücklich abgegebene Erklärung, daß rechtswirksam beschlossen werden könne, haben die Eigentümer jedoch wirksam darauf verzichtet, dies einzuwenden bzw. die Anfechtung eines Beschlusses hierauf zu stützen (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 6. Aufl., § 23 Rdnr. 37; Weitnauer, WEG, 7. Aufl., § 23 Rdnr. 3 m; Bielefeld, Ratgeber Wohnungseigentum, 4. Aufl., S. 345).
Die Vorinstanzen haben zu Recht und mit zutreffender Begründung den am 02.09.1992 unter Tagesordnungspunkt 2 a gefaßten Beschluß betreffend die Entnahme der Kosten für die Balkonsanierung aus der Instandhaltungsrücklage als gültig erachtet (vgl. dazu auch MünchKomm/Röll, BGB, 2. Aufl., § 21 WEG Rdnr. 12 b). Auffallend ist allerdings, daß ausweislich des Protokolls der Eigentümerversammlung die diesbezügliche Abstimmung zwei Fürstimmen, zwei Gegenstimmen und eine Enthaltung ergeben hat. Ausgehend von dem in § 25 Abs. 2 WEG niedergelegten „Kopfprinzip”, wonach jeder Wohnungseigentümer eine Stimme hat, wäre der Antrag, die Kosten für die Balkonsanierung von den Rücklagen zu entnehmen, damit mangels Mehrheit nicht angenommen. Stimmengleichheit bei der Abstimmung bedeutet Ablehnung des Antrags (vgl. RGRK/Augustin, BGB, 12. Aufl., § 25 WEG Rdnr. 8). Die gesetzliche Regelung ist indes disponibel. Die Stimmberechtigung kann nach Anteilen ausgerichtet werden (sog. Wertprinzip; allgemeine Meinung, vgl. nur: RGRK/Augustin, aaO, § 25 WEG Rdnr. 10; BayObLG Rpfleger 1986, 220). Die Verfahrensbeteiligten haben übereinstimmend vorgetragen bzw. gehen davon aus, daß auch der unter Tagesordnungspunkt 2 a gefaßte Beschluß mehrheitlich zustandegekommen ist. Angesichts dessen begegnet es keinen Bedenken, daß sowohl das Amtsgericht wie auch die Zivilkammer ersichtlich von einer Abbedingung des § 25 Abs. 2 WEG durch die Teilungserklärung ausgegangen sind und auf eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes gemäß § 12 FGG verzichtet haben. Bei Wohnungseigentumssachen nach §§ 43 f WEG handelt es sich um sogenannte echte Streitverfahren. Deren Besonderheit liegt u.a. darin, daß die Beteiligten regelmäßig ein besonderes Interesse haben, das Gericht durch Angabe von Tatsachen und Beweismitteln zu unterstützen. Dieses kann deshalb, ohne seine Aufklärungspflicht zu verletzen, davon ausgehen, daß die Beteiligten die ihnen vorteilhaften Umstände von sich aus vorbringen, und bei unbestrittenem Sachvortrag von Amtsermittlungen in der Regel absehen (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 13. Aufl., § 12 Rdnr. 195, 197). Ausgehend von der Höhe der Miteigentumsanteile der an der Abstimmung teilnehmenden Wohnungseigentümer überwiegen die Fürstimmen die Gegenstimmen. Die Stimmenthaltung der Wohnungseigentümerin … ist außer acht zu lassen; die Mehrheit ist nur nach der Zahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen zu berechnen (BGHZ 106, 179).
Auch die Entscheidung der Zivilkammer hinsichtlich der Gültigkeit des unter Tagesordnungspunkt 7 gefaßten Eigentümerbeschlusses läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Die in dem angefochtenen Beschluß der Eigentümerversammlung enthaltene Gebrauchsregelung ist einer Mehrheitsentscheidung zugänglich.
Der Grundsatz des § 13 Abs. 1 WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Beliebenverfahren darf, wird mit Rücksicht auf das notwendige Zusammenleben in einer Hausgemeinschaft dadurch eingeschränkt, daß nach § 14 Nr. 1 WEG der Wohnungseigentümer verpflichtet ist, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Ge...