Leitsatz (amtlich)
Kann ein Ehegatte nachweisen, dass ihm die Wertpapiere des in der Inhaberschaft des anderen Ehegatten stehenden Wertpapierdepots alleine gehören und damit die Vermutung des § 1006 Abs. 1, Abs. 3 BGB widerlegen, richtet sich das Innenverhältnis der Eheleute regelmäßig nicht nach Verwahrungsrecht (§ 688 ff BGB), sondern nach Auftragsrecht (§§ 662 ff BGB).
Normenkette
BGB §§ 662ff, 688ff, 1006
Verfahrensgang
AG Pirmasens (Aktenzeichen 2 F 66/17) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pirmasens vom 17. Juni 2019 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 28.213,86 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Veräußerung von Wertpapieren durch die Antragsgegnerin.
Die Beteiligten schlossen am 29. Dezember 2006 die Ehe und trennten sich im August 2014. In dem seit August 2015 anhängigen Scheidungsverbundverfahren hat das Amtsgericht - Familiengericht - Pirmasens unter dem Az. 2 F 78/17 (beim Senat anhängig unter dem Az 2 UF 216/19) die Ehe der Beteiligten geschieden; der Scheidungsausspruch ist noch nicht rechtskräftig.
Die Antragsgegnerin war Inhaberin eines Wertpapierdepots bei der ... Bank (Depot-Nummer ...). Über dieses Depot der Antragsgegnerin wurden im Januar 2011 18 Inhaberanteile am Fonds ... (...) für 19.800,00 EUR sowie 120 Inhaberanteile am Fonds ... (...) für 12.000,00 EUR gekauft. Die Geldmittel für den Erwerb der Wertpapiere stammten von einem Tagesgeldkonto des Antragstellers, der sich vor der Kaufentscheidung am 1. Dezember 2010 von der Zeugin ... (Bankangestellte) über Anlagemöglichkeiten beraten ließ. Nach der Einbuchung der vorgenannten Wertpapiere in das Depot der Antragsgegnerin leitete diese an den Antragsteller zu verschiedenen Zeitpunkten die aus den Wertpapieren entstandenen Erlöse weiter. So übermittelte sie dem Antragsteller unter anderem am 31. Januar 2014 einen Betrag in Höhe von 3.308,00 EUR (Blatt 9 d. Akte).
Nach der Trennung der Beteiligten verweigerte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller zunächst die Erteilung von Auskünften über die in ihrem Depot befindlichen Wertpapiere. In einem Verfahren vor dem Amtsgericht Pirmasens (3 F 444/15) einigten sich die Beteiligten dahingehend, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller die geforderten Auskünfte erteilt. In der Folgezeit teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie sämtliche in ihrem Depot befindlichen Wertpapiere zum 5. August 2014 veräußert habe. Zum Zeitpunkt der Veräußerung am 5. August 2014 belief sich der Kurswert der Wertpapiere ... je Stück auf 419,00 EUR. Die Wertpapiere ... waren am 16. Februar 2015 fällig. Der Kurswert zum Zeitpunkt der Fälligkeit belief sich auf 145,66 EUR pro Stück. Für die Wertpapiere ... erfolgte noch am 18. Juli 2014 eine Ausschüttung in Höhe von 586,82 EUR. Eine weitere Ausschüttung war bis einschließlich Juli 2016 in Höhe von 4.696,20 EUR zu erwarten. Zugleich erfolgte bis zum 29. August 2016 ein Kursverlust in Höhe von 116,12 EUR je Stück auf 302,88 EUR. Der Kursverlust für die 18 Wertpapiere betrug insgesamt 2.090,16 EUR.
Der Antragsteller hat vorgetragen, es habe immer Einigkeit bestanden, dass die von dem Guthaben des Antragstellers erworbenen Wertpapiere diesem alleine zustehen sollten. Dies sei im Rahmen des Beratungsgesprächs vom 1. Dezember 2010 auch im Vorfeld zwischen den Beteiligten so besprochen worden.
Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, Grundlage des Zusammenlebens der Beteiligten sei stets ihr Einkommen gewesen. Sie habe auch die laufenden Kosten im Wesentlichen übernommen. Der Antragsteller habe Buchungen über ihr Konto nach Gutdünken veranlasst. Die Einbuchung von Wertpapieren in ihr Depot sei daher von ihr nur als Schenkung zu verstehen gewesen.
Das Amtsgericht - Familiengericht - Pirmasens hat die Beteiligten angehört sowie die Zeuginnen ... und ... vernommen.
Mit Beschluss vom 17. Juni 2019 hat es den Anträgen des Antragstellers vollumfänglich stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet, an den Antragsteller 28.213,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. September 2016 zu zahlen. Weiterhin hat es die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragsteller von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwälte ... in Höhe von 1.358,86 EUR freizustellen.
Zur Begründung hat das Erstgericht ausgeführt, der Schadensersatzanspruch folge aus §§ 280, 283 in Verbindung mit § 688 BGB. Hinsichtlich der Wertpapiere sei zwischen den Beteiligten ein Verwahrungsvertrag und keine Schenkungsabrede zustande gekommen. Hierfür spreche der Umstand, dass die Geldmittel, mit denen die Wertpapiere erworben worden seien, vom Tagesgeld des Antragstellers stammten und nur vorübergehend zum Erwerb der Wertpapiere auf das Konto der Antragsgegnerin ...