Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Nachteilige bauliche Veränderung durch Loggia-Verglasung
Verfahrensgang
LG Trier (Entscheidung vom 24.03.1987; Aktenzeichen 11 T 37/86) |
Tenor
1. Der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 24. März 1987 und der Beschluß des Amtsgerichts Trier vom 10. Oktober 1986 werden aufgehoben.
2. Den Antragsgegnern wird aufgegeben, die Loggia-Verglasung der im Erdgeschoß rechte des Hauses … in … gelegenen, mit D 1 bezeichneten Wohnung zu beseitigen.
3. Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten aller drei Rechtszüge zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
4. Der Geschäftswert wird für alle drei Rechtszüge auf 3 000,00 DM festgesetzt.
Gründe
Das zulässige Rechtsmittel (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2, 22 Abs. 1 FGG) hat auch in der Sache Erfolg. Die Entscheidungen der Vorinstanzen beruhen auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG).
Das Landgericht nimmt – dem Amtsgericht folgend – an, die Antragsgegner seien zur Beseitigung der von ihnen unstreitig eigenmächtig angebrachten Loggia-Verglasung deshalb nicht verpflichtet, weil die davon ausgehende Beeinträchtigung der übrigen Miteigentümer der Wohnungsanlage das nach § 14 WEG hinzunehmende Maß nicht überschreite. Diese Beurteilung stützen die Vorinstanzen darauf, daß die an der Rückfront des Wohnhauses angebrachte Verglasung den optischen Gesamteindruck der Anlage nur unwesentlich beeinträchtige und zum Schutz vor Verkehrslärm und Abgasen geboten sei. Dem kann nicht gefolgt werden.
Die Anbringung der Loggia-Verglasung durch die Antragsgegner stellt eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG dar. Da von ihr nicht nur das Sondereigentum der Antragsgegner, sondern das im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Außenmauerwerk (vgl. dazu Weitnauer, WEG, 6. Aufl., § 5 Rdnr. 10; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 6. Aufl., § 5 Rdnrn. 4, 27, 31, 35) betroffen ist und die Maßnahme ersichtlich weder der Instandhaltung noch der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums dient, hätte es nach § 22 Abs. 1 WEG hierfür der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedurft. Diese wäre nach § 22 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG nur entbehrlich, soweit anderen Wohnungseigentümern kein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil entstünde (vgl. dazu BGHZ 73, 196, 201; Weitnauer, aaO, § 22 Rdnr. 3 a). Das haben die Vorinstanzen zu Unrecht angenommen.
Unter einem Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG ist nicht nur eine erhebliche Beeinträchtigung oder Gefährdung zu verstehen, wenn auch ganz geringfügige Beeinträchtigungen außer Betracht bleiben können (BayObLGZ 1979, 267). Als in diesem Sinne nachteilig beurteilen Rechtsprechung und Schrifttum seit jeher Veränderungen, die das architektonische Aussehen, das ästhetische Bild oder den Stil des Anwesens verändern (OLG Hamburg MDR 1977, 230; BayObLG NJW 1981, 690; Senatsbeschluß vom 30. April 1984 - 3 W 33/84 - m.w.N.; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 22 Rdnr. 34; Weitnauer, aaO, § 22 Rdnr. 2; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, Rdnr. 540). Hierzu zählen grundsätzlich auch Glasfensterkonstruktionen an einem Balkon oder die Verglasung einer Loggia (BayObLG Rpfleger 1982, 268; Der Wohnungseigentümer 1983, 123; OLG Stuttgart Justiz 1980, 474; OLG Frankfurt a.M. OLGZ 1985, 48; Röll in MünchKomm z. BGB, 2. Aufl., § 22 WEG Rdnr. 21; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 22 Rdnrn 8, 34, 51 ff, 54; Weitnauer, aaO, § 22 Rdnr. 2 a; Müller, aaO, Rdnr. 592; Palandt/Bassenge, BGB, 46. Aufl., § 22 WEG Anm. 1 b bb).
Der vorliegende Fall bietet keine Veranlassung, von diesem Grundsatz abzuweichen. Insbesondere läßt sich eine nachteilige Veränderung in dem soeben beschriebenen Sinne nicht mit der Begründung verneinen, die von den Antragsgegnern errichtete Loggia-Verglasung habe den optischen Eindruck der Wohnanlage nur geringfügig verändert, weil sie nur an der Rückfront des Gebäudes vorgenommen und darüber hinaus „farblich und in der Aufteilung dem Gebäudestil so angepaßt (sei), daß sie kaum (auffalle)”. Mit dieser Begründung verkennt das Landgericht den Begriff der Geringfügigkeit einer baulichen Veränderung. Die Loggia-Verglasung ist, wenn auch nur von der …seite her, deutlich sichtbar, wie den von den Beteiligten zu den Akten gereichten Fotografien ohne weiteres zu entnehmen ist. Eine deutlich sichtbare bauliche Veränderung kann indes schon begrifflich nicht als ganz geringfügig eingestuft werden.
Ebensowenig kann die Geringfügigkeit der optischen Beeinträchtigung damit begründet werden, daß die Loggia-Verglasung als zusätzliches asymmetrisches Element die ohnehin nicht symmetrische Gliederung der Fassade nicht störe. Diese ästhetische Wertung der Beschwerdekammer mag man durchaus teilen; ebensogut läßt sich indes das Gegenteil vertreten. Es kann aber nicht Sinn und Zweck der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG sein, die Zulässigkeit einer baulichen Veränderung davon abhängig zu machen, ob eine nicht ganz uner...