Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 19.05.2015; Aktenzeichen 4 O 384/14) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
2. Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 11.632,00 EUR festgesetzt wird.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf ausdrückliche Nachfrage des Landgerichts mit Schriftsatz vom 10.06.2015 klar gestellt hat, dass die Streitwertbeschwerde "auch im Namen der Klägerin" eingelegt worden sei und dies auch nochmals im weiteren Schriftsatz vom 16.06.2015 bekräftigte, liegen zwei Beschwerden gegen die Streitwertfestsetzung vor: eine Beschwerde der Klägerin und eine eigene des Prozessbevollmächtigten.
A) Die Beschwerde der Klägerin ist bereits als unzulässig zu verwerfen, da es an einer Beschwer der Klägerin fehlt. Die Partei selbst ist nämlich durch eine ggf. zu niedrige Festsetzung des Streitwerts - wie hier geltend gemacht wird - nicht beschwert (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45. Auflage, § 68 GKG Rdnr. 5 m.w.N.).
B) Die Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist gem. §§ 32 Abs. 2 RVG, 63 Abs. 2, 68 Abs. 1 GKG zulässig. Insbesondere ist auch der Beschwerdewert von 200,00 EUR erreicht, da der Klägervertreter mit der Streitwertbeschwerde eine Heraufsetzung des Streitwertes auf 87.000,00 EUR begehrt, so dass in der Folge sein Honoraranspruch sich um deutlich mehr als 200,00 EUR erhöhen würde..
In der Sache führt die Streitwertbeschwerde teilweise zum Erfolg. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Streitwert für den Klageantrag Ziffer 1) nicht mit 0,00 EUR wegen wirtschaftlicher Identität mit dem Klageantrag Ziffer 2) festzusetzen.
Mit dem Klageantrag Ziffer 1) hat die Klägerin versucht, die Wirksamkeit eines von ihr erklärten Widerrufs eines Darlehensvertrages feststellen zu lassen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts wollte die Klägerin mit dieser Feststellung nicht allein die Voraussetzungen für die Begründetheit ihres Antrags Ziffer 2) auf Zahlung von Wertersatz für die von ihr geleisteten Darlehensraten vorbereiten. Vielmehr hat die Klägerin bereits in der Klage eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie bei einer Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs davon ausgeht, dass ihr dadurch weitere Vorteile entstehen und sie beispielsweise auch geringere als die Vertragszinsen zu leisten hat.
Entgegen der Ansicht des Klägervertreters kann jedoch für den Streitwert nicht der Betrag der noch offenen Darlehensvaluta des streitgegenständlichen Darlehens angesetzt werden. Der Ansatz der noch offenen Darlehensvaluta aus einem Darlehen ist dann gerechtfertigt, wenn mit einer negativen Feststellungsklage die Nichtigkeit des Darlehensvertrags geltend gemacht wird, da mit der Feststellung der Nichtigkeit die vertragliche Verpflichtung zur Rückzahlung der restlichen Darlehensvaluta grundsätzlich entfällt. So ist der Klageantrag Ziffer 1) hier aber nicht formuliert. Vielmehr begehrt die Klägerin mit dem Klageantrag Ziffer 1) die Feststellung der Wirksamkeit des von ihr erklärten Widerrufs des Darlehensvertrages. Ein wirksamer Widerruf eines Vertrages führt aber nicht zur Nichtigkeit des widerrufenen Vertrages, sondern wandelt vielmehr das Vertragsverhältnis "ex nunc" in ein Rückgewährschuldverhältnis um (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 355 Rdnr. 12). Die Rechtsfolge entspricht insoweit der einer wirksamen Rücktrittserklärung, die ebenfalls nicht zu dem Wegfall des ursprünglichen Vertrages, sondern vielmehr zu dessen Umwandlung in ein Rückgewährsschuldverhältnis führt (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO, § 347 Rdnr. 1). Bei einem Streit über die Wirksamkeit einer Widerrufserklärung ist der Streitwert daher nach § 3 ZPO zu bestimmen unter Berücksichtigung der gegeneinander abzuwägenden Vor- und Nachteile bei Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit des Widerrufs. Maßgebend ist das Interesse des Klägers an der Rechtsfolge, die ja nicht in der Befreiung von der Leistungspflicht besteht, sondern nach der Verschlechterungsdifferenz zwischen Leistung und Gegenleistung zu schätzen ist (vgl. OLG Stuttgart, WM 2015, 1147; Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rdz. 6121; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 36 Aufl., § 3 Rdnr. 177, Stichwort: "Widerruf einer Willenserklärung"; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rdnr. 16, Stichwort: "Feststellungsklage" - zu "Feststellung des Nichtbestehens eines Vertrages wegen Nichtzustandekommens oder Rücktritts").
Auch nach einem wirksamen Widerruf eines Verbraucherdarlehens ist der Darlehensnehmer verpflichtet, die empfangene Darlehensvaluta an die Bank zurückzuzahlen. Der Vorteil besteht darin, dass er als Wertersatz für die Darlehensüberlassung Zinsen nur bis zur Rückzahlung des Darlehens bezahlen muss und insoweit dann auch keine...