Leitsatz (amtlich)
1. Aus einem gegen den Täter sowie den Drittbegünstigten geführten einheitlichen Verfahren wird durch die Rücknahme und den Neuerlass des Verfallsbescheides gegen den Drittbegünstigten kein selbständiges Verfallsverfahren.
2. Dem Neuerlass eines Verfallsbescheides gegen den Drittbegünstigten steht die Rechtskraft des Bußgeldbescheides gegen den Täter dann nicht entgegen, wenn der ursprüngliche Verfallsbescheid in einem einheitlichen Verfahren ergangen ist.
Verfahrensgang
AG Speyer (Entscheidung vom 28.07.2017) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Frankenthal/Pfalz wird das Urteil des Amtsgerichts Speyer vom 28.7.2017 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an die gleiche Abteilung des Amtsgerichts Speyer zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Verfallsbeteiligte betreibt eine Spedition in Rumänien. Sie beschäftigte unter anderem den früheren Betroffenen N. Dieser befuhr mit einem Sattelzug am 3.12.2015 um 11:45 Uhr die BAB 61 in Fahrtrichtung Speyer und wurde in Höhe Kilometer 354 einer Verkehrskontrolle unterzogen. Wegen Verstoßes gegen die Ladungssicherung sowie eines beschädigten Reifens an der Mittelachse wurde in der Folge gegen den Fahrer als Betroffenen und gegen die Verfallsbeteiligte als dessen Arbeitgeberin durch das Polizeipräsidium Rheinpfalz - Bußgeldstelle - Speyer als Verwaltungsbehörde wegen Verstoßes gegen §§ 22, 23, 49 Abs. 1 StVO, 24 StVG ein einheitliches Bußgeldverfahren geführt. Gegen den Fahrer erließ die Bußgeldstelle am 18.1.2016 unter dem Aktenzeichen ... einen Bußgeldbescheid, der seit dem 10.2.2016 in Rechtskraft erwachsen ist. Mit Bescheid vom 18.1.2016 erließ die Bußgeldstelle unter dem Aktenzeichen ... eine Verfallsanordnung in Höhe von 9.587,32 € gegen die Verfallsbeteiligte, nachdem diese zuvor - unter Hinweis auf § 29a Abs. 2 OWiG - angehört und ihr mitgeteilt worden war, dass man beabsichtige, einen Verfall gemäß § 29a OWiG anzuordnen. Nach zulässigem Einspruch der Verfallsbeteiligten erließ die Bußgeldstelle am 23.2.2016 - unter gleichzeitiger Aufhebung des Verfallsbescheids vom 18.1.2016 - eine erneute Verfallsanordnung in Höhe von 2.700,00 €, die im Übrigen mit der Anordnung vom 18.1.2016 weitestgehend identisch war. Auf ihren Einspruch stellte das Amtsgericht - Bußgeldrichter - Speyer aufgrund der Hauptverhandlung vom 28.7.2017 das Verfahren gegen die Verfallsbeteiligte gemäß § 206a StPO durch Urteil ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aufgrund der zum Zeitpunkt des Erlasses des zweiten Verfallsbescheides eingetretenen Rechtskraft des Bußgeldbescheides gegen den Täter ein Verfahrenshindernis für das selbständige Verfallsverfahren eingetreten sei. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer form - und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils gemäß §§ 79 Abs. 3 OWiG, 353 StPO, da die Voraussetzungen zur Annahme eines Verfahrenshindernisses gemäß § 206a StPO i. V. m. § 29a Abs. 4 OWiG in der bis zum 30.6.2017 geltenden Fassung (nachfolgend: a. F.) nicht vorlagen.
1.
Die Bußgeldstelle hat gemäß § 29a Abs. 2 OWiG a. F. ein einheitliches Verfahren gegen den Fahrer sowie gegen die Verfallsbeteiligte geführt.
Gemäß § 29a Abs. 2 OWiG a. F. kann der Verfall auch gegen einen Dritten angeordnet werden, wenn der Täter einer mit Geldbuße bedrohten Handlung für diesen gehandelt und der Dritte durch die Tat etwas erlangt hat. Nach Abs. 4 dieser Vorschrift kann der Verfall gegen den Dritten selbstständig nur angeordnet werden, wenn gegen den Täter ein Bußgeldverfahren nicht eingeleitet oder es eingestellt wird. Damit ist auch die Anordnung nach Rechtskraft des Bußgeldbescheides ausgeschlossen (vgl. Senat, Beschluss vom 12.10.2015, 1 OWi 1 SsBs 36/15).
Wird im Fall des § 29a Abs. 2 OWiG a. F. gegen den Täter das subjektive Verfahren durchgeführt, dann ist in diesem Verfahren zugleich über den Verfall gegen den Drittbegünstigten, für den der Täter gehandelt und der dadurch etwas erlangt hat, zu entscheiden. Denn die Grundlage für die Verfallsanordnung ist gerade diejenige mit Geldbuße bedrohte Handlung, die den Gegenstand des Verfahrens gegen den Täter bildet und in jenem Verfahren aufzuklären ist. Der Verfall wird in dem Verfahren gegen den Täter angeordnet. Der Dritte ist in diesem Verfahren zu beteiligen. § 87 Abs. 2 S. 2, Abs. 6 OWiG bestimmt für das subjektive Verfahren den Bußgeldbescheid grundsätzlich als einheitliche Verfahrensgrundlage (vgl. Rebmann/Roth/Hermann, OWiG, 3. Aufl., Stand Mai 2017, § 29a Rn. 16).
Die Bußgeldstelle hat hier zwar in zwei gesonderten Bescheiden unter unterschiedlichen Aktenzeichen ein Bußgeld gegen den Fahrer verhängt sowie gegen die Drittbegünstigte den Verfall angeordnet, jedoch wird hierdurch die besondere Verknüpfungsfunktion zwischen Beschuldigung und Verfolgung des Betroffenen einerseits sowie Verfallsanordnung gegen die Verfallsbeteiligte andererseit...