Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsrecht des Vaters mit zwei minderjährigen Kindern trotz aufgetretener und von der Mutter gezielt herbeigeführter Entfremdungssymptome
Leitsatz (amtlich)
Zu Art und Umfang des Umgangsrechts, wenn die 9 und 10 Jahre alten Kinder aufgrund eines von der Mutter gezielt herbeigeführten PAS-Syndroms den Vater ablehnen und Entfremdungssymptome zeigen.
Normenkette
BGB § 1684
Verfahrensgang
AG Germersheim (Beschluss vom 20.12.2004; Aktenzeichen F 32/00) |
Tenor
I. Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert:
1. Dem Antragsteller steht das Recht zum Umgang mit seinen Kindern N.K., geboren 1995, und A.K., geboren 1996, zu und zwar alle zwei Wochen sonntags in der Zeit zwischen 15:15 Uhr und 16:15 Uhr.
2. Das Umgangsrecht beginnt am Sonntag den 12.6.2005.
3. Das Umgangsrecht ist in den Räumlichkeiten des Deutschen Kinderschutzbundes, Kreisverband G. e.V., ..., ... in Anwesenheit einer vom Kinderschutzbund zu stellenden Fachkraft wahrzunehmen.
4. Die Mutter hat die Kinder N. und A. auf die Besuchstermine vorzubereiten. Sie hat für das pünktliche Erscheinen der Kinder 15 Minuten vor Beginn des Besuchstermins in den Räumlichkeiten des Kinderschutzbundes und das Abholen von dort, 15 Minuten nach dem Ende des jeweiligen Besuchstermins zu sorgen.
5. Beiden Eltern wird aufgegeben, mit den Aufsichtspersonen kooperativ zusammenzuarbeiten und die vom Kinderschutzbund für die Durchführung des betreuten Umgangs erstellten Regeln zu akzeptieren und einzuhalten.
6. Der Mutter wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die ihr aus diesem Beschluss obliegenden Verpflichtungen ein Zwangsgeld i.H.v. 300 EUR angedroht.
II. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
III. Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Außergerichtliche Kosten der beteiligten Eltern sind nicht zu erstatten.
IV. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die befristete Beschwerde des Antragstellers ist statthaft und auch sonst verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, §§ 621e Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 2, 517, 520 ZPO. In der Sache führt das Rechtsmittel teilweise zum Erfolg.
1. Der Senat ist auf Grund der persönlichen Anhörung der Eltern und der Kinder N. und A. im Termin vom 21.4.2005, der schriftlichen Stellungnahme der Verfahrenspflegerin vom 29.3.2005 und des am 7.4.2005 ergänzten Gutachtens der Sachverständigen Dipl.-Psychologin I.R. vom 5.7.2004 der Überzeugung, dass im Interesse des Kindeswohls der Kinder N. und A. eine alsbaldige Wiederaufnahme des seit dem Jahr 2000 unterbrochenen Umgangskontakts mit ihrem Vater geboten ist. Im Hinblick auf die eingetretene Entfremdung zwischen den Kindern und ihrem Vater kommt zunächst allerdings nur ein sog. betreuter oder beschützter Umgang i.S.v. § 1684 Abs. 4 S. 3 BGB in Betracht.
2. Gemäß § 1684 Abs. 1 BGB hat ein Kind, das nicht mit beiden Elternteilen zusammenlebt, das Recht zum Umgang mit dem von der Ausübung der persönlichen Sorge ausgeschlossenen, abwesenden Elternteil. Dieses Recht besteht vorrangig im Kindesinteresse. Dem Kind soll es ermöglicht werden, die Beziehungen zu beiden Elternteilen aufrecht zu erhalten. Zugleich soll dadurch einer Entfremdung vorgebeugt und dem Liebesbedürfnis beider Elternteile Rechnung getragen werden. Das Kind benötigt zum Aufbau einer gesunden Entwicklung seiner Persönlichkeit beide Elternteile als Identifikationspersonen. Das gilt gerade auch im Hinblick auf den Vater als männliche Bezugsperson, wenn das Kind im Übrigen bei der Mutter aufwächst und von ihr das mütterliche Identifikationsbild erhält (vgl. zu alledem Staudinger/Rauscher, BGB, 13. Aufl., § 1684 Rz. 7b, m.w.N.; OLG Braunschweig v. 14.10.1998 - 1 UF 164/98, FamRZ 1999, 185; OLG Bamberg v. 24.3.1999 - 7 UF 25/99, OLGReport Bamberg 2000, 7 = FamRZ 2000, 46; OLG Bamberg v. 3.7.1998 - 7 UF 102/98, MDR 1998, 1167, jeweils m.w.N.). Im hier vorliegenden Fall tritt hinzu, dass die Kinder ihre Hautfarbe mit ihrem Vater teilen. Auch unter diesem Gesichtspunkt ermöglicht ihnen das umfassende Kennenlernen ihrer Abstammung ein besseres Selbstverständnis.
a) In der Person des Antragstellers liegen keine Gründe vor, die einer Ausübung des Umgangsrechts unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls (§ 1697a BGB) entgegenstehen könnten. Soweit sich die Antragsgegnerin auf Gewalttätigkeiten des Antragstellers zu Ehezeiten beruft, handelt es sich um Vorfälle, die nach Art und Intensität streitig sind. Sie liegen lange Zeit zurück und richteten sich nicht unmittelbar gegen die Kinder. Einen Ausschluss des Umgangsrechts vermögen sie nicht zu rechtfertigen. Soweit der Erstrichter das Umgangsrecht im Hinblick auf bestehende Sprachschwierigkeiten abgelehnt hat, handelt es sich schon im Ansatz um keinen Gesichtspunkt, der zum Ausschluss des Umgangsrechts geeignet ist. Im Übrigen ist der Antragsteller nach dem persönlichen Eindruck, den der Senat bei dessen Anhörung gewonnen hat, durchaus in der Lage, sich mit seinen Kindern in der deutschen Sprache zu verstä...