Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschlussanfechtung und Anfechtung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren
Verfahrensgang
LG Mainz (Aktenzeichen 8 T 38/98) |
AG Mainz (Aktenzeichen 73 UR II 103/94 WEG) |
Tenor
1. Die sofortige weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
2. Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) wird der angefochtene Beschluss in Ziffer 3) geändert:
Der Geschäftswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 99.425,– DM festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des amtsgerichtlichen Verfahrens wird auf 225.198,– DM festgesetzt.
3. Der Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
4. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 99.425,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist unzulässig. Es fehlt an der auch im Wohnungseigentumsverfahren erforderlichen Beschwer (h. M., vgl. nur Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FG 14. Aufl. § 20 Rdnr. 107; Bärmann/Pick/Merle, WEG 7. Aufl. § 45 Rdnrn. 14 ff; Niedenführ/Schulze, WEG 4. Aufl. § 45 Rdnr. 6; Weitnauer/Hauger, WEG 8. Aufl. § 45 Rdnr. 1). Der angefochtene Beschluss enthält weder in seiner Entscheidungsformel noch in den Gründen eine Zurückweisung der auch hinsichtlich TOP 7 (Wahl des Verwalters) eingelegten Beschwerde (vgl. Bl. 2 und 3 der Beschwerdebegründung). Dieser Antrag wurde vielmehr vom Landgericht übergangen. Hierbei handelt es sich um einen Fall des § 321 ZPO, der auch im Wohnungseigentumsverfahren entsprechende Anwendung findet (BayObLG, Beschluss vom 8. August 1986 - 2 Z 8/86 -; BGHZ 106, 370, 372 und OLG Düsseldorf OLGZ 70, 126 jew. zu § 319 ZPO; Bärmann/Pick/Merle aaO § 44 Rdnr. 123; Niedenführ/Schulze aaO Rdnr. 132 vor §§ 43 ff; Weitnauer/Hauger aaO Anhang zu § 43 Rdnr. 33). Entscheidet ein Gericht über Anträge ganz oder teilweise nicht, dann stellt die gefällte Entscheidung eine Teilentscheidung dar. Diese ist jedoch inhaltlich nicht falsch, so dass wegen des übergangenen Anspruches kein Rechtsmittel gegeben ist (vgl. RGZ 75, 286, 293; OLG Zweibrücken FamRZ 1994, 972, 973; BAG NJW 1994, 1428, 1429; Musielak, ZPO § 321 Rdnr. 10; Zöller/Vollkommer, ZPO 21. Aufl. § 321 Rdnr. 2; Stein/Jonas/Leipold, ZPO 21. Aufl. § 321 Rdnr. 14; Thomas/Putzo, ZPO 21. Aufl. § 321 Rdnr. 3). Insoweit kommt lediglich ein Ergänzungsantrag gemäß § 321 ZPO in Betracht. Ob die am 2. Juni 1999 und damit innerhalb der Zweiwochenfrist des § 321 Abs. 2 ZPO eingegangene Beschwerdeschrift des Beteiligten zu 1) als Antrag im vorgenannten Sinne verstanden werden kann, braucht der Senat nicht zu entscheiden; dies wird gegebenenfalls Sache des Landgerichts sein.
Auch der Umstand, dass der Beteiligte zu 1) sein Rechtsmittel auf die Verletzung rechtlichen Gehörs stützt, macht es nicht zulässig (vgl. BGH WM 1990, 782, 784; BayObLG Wohnungseigentum 1991, 369; Bärmann/Pick/Merle aaO § 44 Rdnr. 19).
II.
1. Die im eigenen Namen von den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO eingelegte Beschwerde ist als Erstbeschwerde gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO, § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig (Senat JurBüro 1986, 1691 und zuletzt Beschluss vom 1. März 1999 - 3 W 47/99 -; BayObLG JurBüro 1987, 579, 580 und BayObLGZ 1976, 223, 226 sowie 1979, 312, 313; KG OLGZ 1990, 313, 314; Weitnauer/Hauger aaO § 48 Rdnr. 5; Niedenführ/Schulze aaO § 48 Rdnr. 12; Bärmann/Pick/Merle aaO § 48 Rdnr. 61).
2. Die Beschwerde führt in der Sache zu einem Teilerfolg. Der für die Anfechtung des Beschlusses zur Jahresabrechnung 1993 (TOP 3) in Ansatz gebrachte Wert ist auf 72.475,– DM zu erhöhen. Der Geschäftswert bemisst sich im Wohnungseigentumsverfahren gemäß § 48 Abs. 2 WEG nach dem Interesse der Beteiligten an der Entscheidung. Dabei kommt es wegen der Rechtskraftwirkung der angestrebten Entscheidung für und gegen alle Beteiligte auf das Interesse aller Beteiligten an (BayObOLG Wohnungseigentum 1989, 216 und Der Wohnungseigentümer 1988, 109; Bärmann/Pick/Merle aaO § 48 Rdnrn. 10, 11; Weitnauer/Hauger aaO § 48 Rdnr. 3). Das Interesse der Wohnungseigentümer und des Verwalters an der gerichtlichen Entscheidung über die Jahresabrechnung kann – selbst wenn die Ordnungsmäßigkeit oder sachliche Richtigkeit der entsprechenden Eigentümerbeschlüsse voll in Frage gestellt wird – im allgemeinen deswegen nicht mit deren Gesamtvolumen gleichgesetzt werden, weil auch bei durchgreifenden Beanstandungen stets erhebliche Ausgaben der Eigentümergemeinschaft für Betriebskosten, Verwaltung, Instandhaltung und Instandsetzung bestehen bleiben, so dass die Beanstandungen allenfalls zu einer Verminderung der Lasten und Kosten, nicht aber zu deren völligen Wegfall führen können. Es scheint daher in solchen Fällen in der Regel angebracht, als Geschäftswert einen dem jeweiligen Einzelfall angemessenen Bruchteil des Gesamtvolumens der Abrechnung anz...