Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 18.06.1985; Aktenzeichen 4 T 42/85) |
AG Kandel (Aktenzeichen VI 249/56) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 1.000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin ist die Tochter von O. G. und K. geb. D.. Das Amtsgericht Kandel hat ihr am 3. Oktober 1956 einen Erbschein erteilt, wonach die Mutter der Antragstellerin auf Grund Gesetzes von ihrem Ehemann zu 1/4 und von der Antragstellerin zu 3/4 beerbt worden ist. Nach dem Tod ihres Vaters hat die Antragstellerin einen Erbschein erhalten, daß sie den Vater auf Grund Gesetzes allein beerbt hat.
Zum Nachlaß gehören mehrere im Elsaß gelegene Grundstücke. Sie wurden in Durchführung der französischen Verordnung vom 5. Oktober 1944 sequestriert und unterfallen dem französischen Gesetz Nr. 84-3 vom 3. Januar 1984 über die Freigabe der deutschen Sequestergrundstücke in Frankreich. Danach wird das sogenannte Sequesterland den früheren Eigentümern oder deren Rechtsnachfolgern zurückgegeben (Art. 1 des Gesetzes). Um in den Genuß der Rückgabe zu kommen, haben die Rückgabe-Berechtigten einen Antrag bei den örtlich zuständigen Finanzdirektionen -für die Antragstellerin ist dies die Finanzdirektion bei der Departementsverwaltung in Straßburg zu stellen, und zwar binnen einer Frist von 3 Jahren (Art. 4 des Gesetzes vom 3. Januar 1984). Die Antragsfrist läuft am 6. Januar 1987 ab.
Ein Durchführungserlaß des französischen Ministeriums für Wirtschaft, Finanzen und Haushalt vom 20. April 1984 bestimmt hinsichtlich der Antragsformalitäten, daß dem Freigabeantrag „Unterlagen zum Nachweis des Eigentums” beizufügen sind. „Demgemäß” hätte die Antragstellerin „eine Bescheinigung neueren Datums über die Eintragung im Grundbuch vorzulegen und, wenn es sich um Rechtsnachfolger handelt, dieser alle Urkunden zum Nachweis ihrer Rechte beizufügen (Erbschein oder Notorietätsurkunde, Schenkungsurkunde, Ehevertrag usw.)”.
Die Antragstellerin will die Rückgabe der sequestrierten Grundstücke betreiben. Als deren Eigentümer sind zum Teil noch die Eltern der Antragstellerin, zum Teil nur deren Vater in den französischen Katastermatrikeln eingetragen. Zum Nachweis der Rechtsnachfolge hat die Antragstellerin am 18. August 1983 beim Amtsgericht Kandel „die Erteilung von Erbscheinen nach französischem Erbrecht” nach ihrer Mutter und nach ihrem Vater beantragt. Diese Antrage hat das Amtsgericht Kandel mit Beschluß vom 4. April 1985 zurückgewiesen. Das Amtsgericht meint, es sei für die begehrte Erbscheinserteilung nicht zuständig, da ein Fall des § 2369 BGB nicht gegeben sei. Außerdem stehe nicht fest, ob die Antragstellerin nicht auf Grund der allgemeinen Erbscheine oder sonstiger Nachweismittel ihre Berechtigung gegenüber der Finanzdirektion in Straßburg nachweisen könne.
Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Landau i. d. Pfalz mit Beschluß vom 18. Juni 1985 für unbegründet erachtet. Das Landgericht folgt dem Amtsgericht Kandel darin, daß die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte nur gegeben sei, wenn für die Erbfolge deutsches Recht gelte oder wenn einer der Ausnahmen vom sog. Gleichlaufprinzip vorlägen. Dies sei nicht der Fall. Gemäß Art. 28 EGBGB, Art. 3 Code Civil (CC) sei hier französisches Erbrecht anzuwenden. Eine Ausnahmezuständigkeit könne nicht angenommen werden, da § 2369 BGB nicht Eingreife und da nicht feststellbar sei, daß die Antragstellerin sich dadurch in einer Notsituation befinde, daß sowohl die deutschen wie die französischen Gerichte ihr die Erteilung eines Dokuments verweigern, mit dessen Hilfe sie ihre Rechte im Freigabeverfahren beweisen kann.
Gegen diesen Beschluß hat die Antragstellerin am 2. Juli 1985 weitere Beschwerde eingelegt. Sie hält die angefochtene Entscheidung darin für rechtsfehlerhaft, daß das Landgericht den sog. Gleichlaufgrundsatz anwendet. Die Verweigerung des Erbscheins sei jedenfalls deswegen rechtswidrig, weil sie –die Antragstellerin– entgegen der Ansicht des Landgerichts sich in einer Notsituation gegenüber der Finanzdirektion in Straßburg befinde.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 27, 29 FGG). Die Beschwerdeberechtigung ergibt sich daraus, daß die Erstbeschwerde erfolglos geblieben ist. Das Rechtsmittel ist indessen nicht begründet. Die Antragstellerin kann den begehrten Erbschein nicht von einem deutschen Nachlaßgericht erhalten.
1. Die Vorinstanzen gehen zutreffend davon aus, daß das Amtsgericht Kandel nicht bereits gemäß § 73 FGG zur Entscheidung über die Erbscheinsanträge vom 15. August 1983 zuständig ist. Denn diese Vorschrift regelt nur die örtliche, nicht aber die hier in Betracht zu ziehende internationale Zuständigkeit der Nachlaßgerichte (BGHZ 49, 1 (2)).
Die Vorinstanzen gehen auch zutreffend davon aus, daß das Amtsgericht Kandel –von später zu erörternden Ausnahmen abgesehen– für die Erteilung eines Erbscheins nur dann...