Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegschaft für den Nachlaß. Vergütung des Nachlaßpflegers. Nachlasspfleger

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage der Festsetzung der Vergütung des Nachlasspflegers dem Grunde und der Höhe nach.

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 1, § 1915 Abs. 1, § 1960 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Trier (Beschluss vom 15.08.1994; Aktenzeichen 4 T 27/94)

AG Daun (Beschluss vom 06.05.1994; Aktenzeichen 1 VI 255/92)

 

Tenor

1. Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts Daun vom 6. Mai 1994 werden geändert.

Dem Nachlaßpfleger Rechtsanwalt … wird für seine Tätigkeit eine Vergütung von 10 000,– DM bewilligt.

2. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde und der Erstbeschwerde wird auf 7 500,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die weitere Beschwerde der Erben gegen die Bestätigung der Festsetzung einer Vergütung in Höhe von 17 500,– DM für den Nachlaßpfleger ist zulässig (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1, 20 Abs. 1 FGG). Das Rechtsmittel führt auch in der Sache zum Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG).

Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Vergütung ist vorliegend § 1836 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 1915 Abs. 1, 1960 Abs. 2 BGB. Die Entscheidung darüber, ob dem Pfleger aus besonderen Gründen eine „angemessene” Vergütung zu bewilligen ist, liegt hiernach im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlaßgerichts. Die Beteiligten zu 1)–3) wenden sich hier indessen gar nicht dagegen, daß dem Beteiligten zu 4) überhaupt eine Vergütung bewilligt worden ist; sie halten lediglich die Höhe der festgesetzten Vergütung für unangemessen. Diese Beanstandung ist nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen begründet.

Die Entscheidung über die Festsetzung der Vergütung des Nachlaßpflegers unterliegt allerdings auch hinsichtlich der Höhe nach allgemeiner Meinung als Ermessensentscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkter Überprüfung (so etwa OLG Köln FamRZ 1991, 483, 484; MünchKomm./Leipold, 2. Aufl., Rdnr. 62 zu § 1860 BGB; Kuntze in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit Teil A, 13. Aufl., Rdnr. 26 b zu § 27 FGG). Der Senat hat daher nur nachzuprüfen, ob die Tatsacheninstanzen die Grenzen der Ermessensausübung beachtet und den maßgeblichen Sachverhalt vollständig ermittelt und berücksichtigt haben (vgl. Kuntze aaO, Rdnr. 27 zu § 27 FGG). Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten jedoch auch dieser eingeschränkten Überprüfung nicht stand, weil sie den wesentlichen Umständen des Einzelfalles nicht Rechnung tragen.

In erster Linie ist für die Bemessung der Vergütung nach dem Gesetz (§ 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB) auf den verwalteten Nachlaß, d. h. grundsätzlich das Aktivvermögen, sowie Umfang und Bedeutung der Geschäfte des Pflegers abzustellen. Weiter sind Dauer und Schwierigkeit der Verwaltung, die damit verbundene Verantwortung und die sonstigen Einzelumstände zu berücksichtigen (dazu Leipold aaO). Die Höhe der Vergütung hat sich nicht an starren Regeln oder Tabellenwerten auszurichten, wenn auch als Anhaltspunkte in der Praxis bestimmte Prozentsätze des verwalteten Vermögens herangezogen werden (vgl. etwa Palandt/Edenhofer, BGB 53. Aufl., Rdnr. 26 zu § 1960).

Vorliegend bestand der Aktivnachlaß nach den Feststellungen der Vorinstanzen nahezu ausschließlich aus einem Postsparguthaben von ca. 436 000,– DM, einer Sterbegeldzahlung und einem geringen Barbetrag. Auch Nachlaßverbindlichkeiten gab es nur wenige (Bl. 16 R d. A.). Der Erblasser hatte als Dauermieter ein Zimmer in einem Gasthaus in … bewohnt; Immobilien oder auch nur Hausrat waren nicht vorhanden. Daß die Verwaltung des Nachlasses bei dieser Sachlage ausgesprochen einfach war, bedarf keiner weiteren Begründung; auch die zinsgünstigere Anlage des Kapitals, die übrigens erst im März 1993 erfolgt ist, war eine Routineangelegenheit. Nicht zur Verwaltung des Nachlasses gehörende Tätigkeiten, insbesondere die Bestellung und Abnahme eines Grabmals (Bl. 46 d. A.; dazu etwa Edenhofer aaO, Rdnrn. 19 ff vor § 1922 BGB), können nicht zur Erhöhung des Vergütungsanspruchs herangezogen werden.

Neben der – wie ausgeführt – einfachen Verwaltung des Nachlasses war dem Beteiligten zu 4) die Ermittlung der Erben übertragen. Der Beteiligte zu 4) hat zu diesem Zweck drei Standesämter angeschrieben; als sich hieraus nichts ergab, hat er eine Gesellschaft, die sich gewerbsmäßig mit der Erbenermittlung befaßt, mit der Sache betraut (Abschrift Bl. 26 d. A.). Diese Firma hat sodann die Beteiligten zu 1)–3), Kinder einer vorverstorbenen Schwester des Erblassers, als gesetzliche Erben namhaft gemacht. Die Tätigkeit des Beteiligten zu 4) selbst im Zusammenhang mit der Erbenermittlung hatte demgegenüber nur geringen Umfang. Im Januar 1994 wurde den Beteiligten zu 1)–3) bereits ein Erbschein erteilt (Bl. 37 d. A.).

Insgesamt ist damit festzuhalten, daß Umfang, Dauer und Schwierigkeit der Tätigkeit des Nachlaßpflegers vorliegend im unteren Bereich der denkbaren Möglichkeiten lagen. Der Beteiligte zu 4) hat...

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