Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall des Versorgungsausgleichs
Leitsatz (amtlich)
Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt, wenn der Ausgleichsberechtigte während der Ehezeit seine Verpflichtung, zum Familienunterhalt beizutragen, über längere Zeit gröblich verletzt und während der Trennungszeit den titulierten Kindesunterhalt nicht gezahlt hat, auf Kosten der Ausgleichspflichtigen in der gemeinsamen Eigentumswohnung verblieben ist und die Ausgleichspflichtige zudem massiv körperlich misshandelt hat.
Normenkette
BGB a.F. § 1587c Nrn. 1, 3
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Urteil vom 29.04.2009; Aktenzeichen 5a F 308/07) |
Tenor
I. Das angefochtene Urteil wird in seiner Ziff. II. geändert:
Der Versorgungsausgleich findet nicht statt.
II. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bewendet es bei der Kostenentscheidung des Familiengerichts im angefochtenen Urteil.
Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin fallen dem Antragsgegner zur Last.
Außergerichtliche Kosten der beteiligten Versorgungsträger sind nicht zu erstatten.
III. Der Gebührenstreitwert für das Verfahren des zweiten Rechtszugs wird wie folgt festgesetzt:
- bis zum 29.9.2009 auf 3.000 EUR,
- für die Zeit danach auf 1.000 EUR.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien haben am ... geheiratet und sind seit ... rechtskräftig geschieden.
Aus der Ehe sind die Söhne F., geboren am ..., und S., geboren am ..., hervorgegangen, die seit der am 1.7.2007 erfolgten Trennung ihrer Eltern im Haushalt der Antragstellerin leben. Zu diesem Zeitpunkt zog die Antragstellerin mit den gemeinsamen Kindern aus der im hälftigen Miteigentum der Parteien stehenden Eigentumswohnung S. in S. aus und bezog eine Mietwohnung in L ...; der Antragsgegner bewohnt die frühere Ehewohnung seither allein.
Der Antragsgegner, geboren am ..., ist algerischer Staatsangehöriger; er ist derzeit geringfügig als Küchenhilfe beim T ... H... beschäftigt.
Barunterhalt für die bei der Antragstellerin lebenden Söhne zahlt der Antragsgegner nicht, obwohl er - zuletzt mit Urteil des Senats im Verfahren 2 UF 165/08, mit dem sein Rechtsmittel gegen das Urteil des AG - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 15.9.2008 zurückgewiesen worden war - rechtskräftig zur Zahlung des Mindestunterhalts verurteilt worden ist.
Die Antragstellerin, geboren am ..., besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie ist als Schauwerbegestalterin selbständig tätig.
Das AG - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein hat mit Urteil vom 29.4.2009 die Ehe der Parteien nach materiellem deutschen Recht geschieden und den Versorgungsausgleich zugunsten des Antragsgegners geregelt, indem es Anwartschaften der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1) i.H.v. monatlich 73,51 EUR auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 2) übertragen hat.
Den von der Antragstellerin begehrten Ausschluss des Versorgungsausgleichs hat das Familiengericht abgelehnt. Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (dort S. 49-50).
Hiergegen richtet sich die befristete Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese den Ausschluss des Versorgungsausgleichs gem. § 1587c Nrn. 1 und 3 BGB a.F. erstrebt.
Der Antragsgegner hat gegen den Scheidungsausspruch Berufung eingelegt, die er allerdings nicht begründet hat. Nach entsprechendem Hinweis des Senats hat er sein Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 28.9.2009, eingegangen am 29.9.2009, zurückgenommen.
II. Die befristete Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft und auch sonst in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG i.V.m. §§ 621e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6, 621e Abs. 3 ZPO a.F., 517, 519, 520 ZPO; 19, 20 FGG a.F.).
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, weil sowohl der - speziellere - Ausschlusstatbestand des § 1587c Nr. 3 BGB a.F. in Form einer gröblichen Verletzung der Unterhaltspflicht als auch der Auffangtatbestand des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. gegeben sind.
1. Zum Ausschlusstatbestand des § 1587c Nr. 3 BGB a.F.
Danach ist der Versorgungsausgleich - partiell oder vollständig - ausgeschlossen, wenn ein Ehegatte die Pflicht zum Familienunterhalt längere Zeit hindurch gröblich verletzt hat. Dies rechtfertigt sich, weil die von den Eheleuten während der Ehezeit erworbenen Versorgungsrechte "ein durch beiderseitige Aufgabenerfüllung in der Ehe von den Ehegatten gemeinsam erzieltes Lebensergebnis" sind. An diesem Ergebnis kann nicht in vollem Umfang teilhaben, wer über längere Zeit keinen Beitrag zur Erzielung dieses Ergebnisses geleistet hat. Dieser Beitrag ist in der Weise zu erbringen, wie er aufgrund der ehelichen Aufgabenverteilung geschuldet ist. Der Unterhalt kann als Bar- oder als Naturalunterhalt geschuldet sein, je nachdem, ob der Ehegatte zur Führung des Haushalts oder zur Erbringung von Erwerbsarbeit oder zum Einsatz eigenen Vermögens verpflichtet ist (vgl. Rehme in Staudinger, BGB Neubearbeitung 2004 Rz. 58 und 59 z...