Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheidungsverbund: erstmaliger Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im zweiten Rechtszug
Leitsatz (amtlich)
Ist erstinstanzlich im Scheidungsverbund zum Ausgleich von Anrechten aus einer betrieblichen Altersversorgung eine Beitragszahlung nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG angeordnet worden und entfallen im Laufe des Verfahrens zweiter Instanz die dafür erforderlichen Voraussetzungen, weil der Berechtigte nunmehr die Voraussetzungen für eine Vollrente wegen Alters erfüllt, so ist es zulässig, erstmals im zweiten Rechtszug Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu stellen.
Normenkette
ZPO § 623 Abs. 4; VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Beschluss vom 26.04.2005; Aktenzeichen 5d F 140/03) |
Tenor
Der angegriffene Beschluss des Senats vom 26.4.2005 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Antragsteller an die Antragsgegnerin die dort (Ziff. I. 2. Absatz) festgelegte monatliche Ausgleichsrente von 47,89 EUR ab 22.4.2005 (nicht: ab 1.6.2004) zu zahlen hat.
Gründe
Die Gehörsrüge des Antragstellers ist gem. § 321a ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Die Rüge ist auch berechtigt. Der Schriftsatz des Antragstellers vom 6.5.2005, mit dem er Bedenken gegen die Zulässigkeit des seitens der Antragsgegnerin erstmals in der Beschwerdeinstanz gestellten Antrags auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs sowie gegen den gestellten Antrag als solches angeführt hat, ist am 6.5.2005 beim OLG Zweibrücken eingegangen und hätte noch vor Herausgabe der Entscheidung vom 26.4.2005 am 11.5.2005 Berücksichtigung finden können. Da dies mangels Vorlage der Akten nicht geschehen ist, ist dies nunmehr im Abhilfeverfahren nach § 321a ZPO nachzuholen.
In der Sache führt die Rüge lediglich insoweit zum Erfolg, als die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hinsichtlich der Betriebsrente des Antragstellers bei der F., M., erst ab 22.4.2005 (Zugang des Antrags auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs beim Antragsteller) zu erfolgen hat. Soweit sich der Antragsteller dagegen gegen die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs insgesamt wendet, kann sein Begehren keinen Erfolg haben.
1. Zwar ist dem Antragsteller darin zuzustimmen, dass der Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im Rahmen des Scheidungsverbundes grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz gestellt werden muss (§ 623 Abs. 4 ZPO).
Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos.
Eine Ausnahme hiervon ist etwa dann zuzulassen, wenn im Urteil erster Instanz zum Ausgleich von Anrechten aus einer betrieblichen Altersversorgung eine Beitragszahlung nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG angeordnet wurde, im Verlauf des Verfahrens in zweiter Instanz eine solche Beitragszahlung aber nicht mehr angeordnet werden darf, weil der Berechtigte die Voraussetzungen für eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung nunmehr erfüllt. In diesem Fall ist der Antrag zum Ausgleich der Anrechte im Wege des - allein noch möglichen - schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im Beschwerdeverfahren zuzulassen, weil dieselbe auszugleichende Versorgung betroffen ist und sich lediglich die Form des Ausgleichs verändert (vgl. Musielak/Borth, ZPO, 4. Aufl., § 623 Rz. 28).
Die Zulassung der erstmaligen Antragstellung auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs von betrieblichen Altersversorgungen im Beschwerdeverfahren ist nach Auffassung des Senats auch in Fällen zuzulassen, in denen dieser Antrag erstmals in der - aus anderen Gründen zulässig eingeleiteten - Beschwerdeinstanz gestellt werden kann, weil bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Voraussetzungen hierfür noch nicht gegeben waren. Auch in diesen Fällen gebietet der Grundsatz der Verfahrensökonomie und des effektiven Rechtsschutzes die Zulassung der erstmaligen Antragstellung auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im Beschwerdeverfahren. Dem Ausgleichsberechtigten kann nicht zugemutet werden, in diesem Verfahren lediglich den Vorbehalt des schuldrechtlichen Versorgungsausgleiches zu erstreben, um dessen Durchführung alsdann in einem erneuten Rechtsstreit zu betreiben.
Einer der letztgenannten Ausnahmefälle ist vorliegend gegeben: Die Beschwerden des Antragstellers sowie der Beteiligten zu 1) richteten sich gegen die angeordnete, wegen Rentenbezuges der Antragsgegnerin nicht mehr mögliche, Beitragszahlung nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG. Ein vollumfänglicher Ausgleich der Betriebsrente des Antragstellers war daher nur noch im Wege des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs möglich. Die Voraussetzungen für die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung des Antragstellers waren erst mit dessen Renteneintritt zum 1.6.2004 (vgl. § 1587b Abs. 1 S. 2 BGB) und mithin nach Schluss der mündlichen Verhandlung erste...