Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten des Teilzeitplatzes in einer Kindertagesstätte als Mehrbedarf

 

Leitsatz (amtlich)

Die Kosten für den Besuch eines Teilzeitplatzes in einer Kindertagesstätte stellen jedenfalls dann einen Mehrbedarf des Kindes dar, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil Kindesunterhalt nur entsprechend den niedrigeren Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle leistet, der Kindergartenbeitrag demgegenüber relativ hoch erscheint und der Besuch des Kindergartens nicht nur ausschließlich zur Entlastung des betreuenden Elternteils erfolgt.

 

Normenkette

BGB § 1610

 

Verfahrensgang

AG Neustadt an der Weinstraße (Aktenzeichen 2 F 226/01)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zu erneuter Prüfung und Entscheidung an das FamG zurückgegeben.

 

Gründe

Die – zulässige – Beschwerde des Klägers hat in der Sache einen vorläufigen Erfolg.

Das FamG hat die nachgesuchte Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung – Klage auf Zahlung des hälftigen Beitrags für den Besuch eines Teilzeitplatzes in einer Kindertagesstätte i.H.v. 75,50 DM monatlich – mit der Begründung verweigert, die Unterhaltssätze nach der Düsseldorfer Tabelle umfassten auch die Kosten für den Besuch eines Kindergartens; dies gelte jedenfalls seit der Neufassung des § 1612b Abs. 5 BGB zum 1.1.2001.

Diese Rechtsauffassung vermag der Senat nicht zu teilen.

Der Kläger weist in seiner Beschwerdeschrift zu Recht darauf hin, dass die Änderung der Bestimmung des § 1612b Abs. 5 BGB zur Begründung der Rechtsauffassung des FamG schon deswegen nicht herangezogen werden kann, weil die Anhebung der Anrechnungsgrenze auf 135 % des Regelbetrags allein zu dem Zweck erfolgte, das Barexistenzminimum eines Kindes (neu) festzulegen (vgl. hierzu Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1612b BGB Rz. 12); zu der hier streitigen Frage, ob die Kosten des Besuches eines Kindergartens in den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind oder nicht, besagt diese Bestimmung dagegen nichts.

Der Senat schließt sich der in Rechtsprechung und Literatur überwiegend vertretenen Rechtsauffassung an, wonach die Kosten für den Besuch eines Teilzeitplatzes in einer Kindertagesstätte jedenfalls dann einen Mehrbedarf des Kindes darstellen, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil Kindesunterhalt nur entsprechend den niedrigeren Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle leistet, der Kindergartenbeitrag demgegenüber relativ hoch erscheint und der Besuch des Kindergartens nicht nur ausschließlich zur Entlastung des betreuenden Elternteils erfolgt (vgl. Wohlgemuth in Eschenbruch, der Unterhaltsprozess, 2. Aufl., Rz. 3043 m.w.N. aus Rspr. und Lit.).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der Beklagte Kindesunterhalt lediglich i.H.v. 114 % des Regelbetrags der Regelbetragsverordnung i.H.v. derzeit 418 DM monatlich abzgl. eines anrechenbaren Kindergeldanteils i.H.v. 58 DM, insgesamt somit 360 DM monatlich zahlt und der Kindergartenbeitrag monatlich 151 DM beträgt, was rechnerisch einem Anteil von rund 42 % des Barunterhalts entspricht. Dass der Besuch des Kindergartens zumindest auch aus pädagogischen Gründen erfolgt, stellt der Beklagte selbst nicht in Abrede.

Da das FamG den Einwand mangelnder Leistungsfähigkeit des Beklagten nicht geprüft hat, ist die Sache zu neuer Entscheidung an das FamG zurückzugeben, wobei dieses die Rechtsauffassung des Senats zu beachten haben wird.

Morgenroth, Euskirchen, Schlachter

 

Fundstellen

Haufe-Index 1110088

OLGR Düsseldorf 2002, 52

OLGR Frankfurt 2002, 52

OLGR Hamm 2002, 52

OLGR Köln 2002, 52

KG-Report 2002, 52

OLGR-BHS 2002, 52

OLGR-CBO 2002, 52

OLGR-KSZ 2002, 230

OLGR-KSZ 2002, 52

OLGR-KS 2002, 52

OLGR-MBN 2002, 52

OLGR-NBL 2002, 52

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge