Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten im Unterhaltsprozess

 

Leitsatz (amtlich)

1. Detektivkosten sind nur erstattungsfähig, wenn sie sich, gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien, in vernünftigen Grenzen halten, prozessbezogen waren, die erstrebten Feststellungen wirklich notwendig waren und die Ermittlungen nicht einfacher und/oder billiger erfolgen konnten.

2. Im Unterhaltsprozess sind Detektivkosten – grundsätzlich – zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen, wenn der Unterhaltsberechtigte/Unterhaltsverpflichtete Arbeitseinkommen verschweigt, ein Detektiv seine Arbeitsstätte ermittelt und die von ihm getroffenen Feststellungen die prozessuale Stellung des Unterhaltspflichtigen/Unterhaltsberechtigten vorteilhaft verändert haben.

 

Normenkette

ZPO § 91

 

Verfahrensgang

AG Neustadt an der Weinstraße (Aktenzeichen 2 F 22/99)

 

Tenor

I. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zu erneuter Prüfung und Entscheidung – auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das AG – FamG – Neustadt an der Weinstraße zurückverwiesen.

II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 5.149,94 DM festgesetzt.

 

Gründe

Das Rechtsmittel ist gem. den §§ 104 Abs. 3 S. 1, 577 Abs. 2 S. 1 ZPO zulässig; in der Sache führt es zu einem vorläufigen Erfolg.

Die Rechtspflegerin geht – im Grundsatz zutreffend – davon aus, dass Detektivkosten nur erstattungsfähig sind, wenn sie sich, gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien, in vernünftigen Grenzen halten, prozessbezogen waren, die erstrebten Feststellungen wirklich notwendig waren (z.B.: um überhaupt vortragen zu können) und die Ermittlungen nicht einfacher und/oder billiger erfolgen konnten (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., § 91 ZPO Rz. 13 Stichwort „Detektivkosten” m.w.N. aus der Rechtsprechung).

Im Unterhaltsprozess sind Detektivkosten – grundsätzlich – zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen, wenn der Unterhaltsberechtigte/Unterhaltsverpflichtete Arbeitseinkommen verschweigt, ein Detektiv seine Arbeitsstätte ermittelt und die von ihm getroffenen Feststellungen die prozessuale Stellung des Unterhaltspflichtigen/Unterhaltsberechtigten vorteilhaft verändert haben (im Anschluss an OLG Schleswig JurBüro 1992, 471 f.).

Letztere Voraussetzung liegt hier vor, weil die Ermittlungen des Detektivbüros X. mit Sitz in Y. es der Beklagten ermöglichten, ihre zunächst nur als vage Vermutung geäußerte Behauptung, der Kläger betreibe als Selbstständiger ein oder mehrere Gewerbe, mit konkreten Tatsachen zu untermauern und unter Beweis zu stellen (vgl. hierzu Ausführungen OLG Zweibrücken v. 3.2.2000 – 6 UF 81/99, dort S. 3).

Der Kläger rügt allerdings zu Recht, dass die Rechtspflegerin die Detektivkosten entsprechend den Rechnungen des Detektivbüros vom 19.8.1999 sowie vom 22.10.1999 i.H.v. insgesamt 5.149,94 DM ohne nähere Prüfung als erstattungsfähig angesehen hat. Diese Kosten sind nämlich nur insoweit erstattungsfähig, als sie notwendige Kosten i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO sind, d.h., die Ermittlungen müssen sich auf das notwendige Maß beziehen (vgl. OLG Schleswig JurBüro 1978, 435; OLG Schleswig JurBüro 1992, 471 f.).

Dem liegt zugrunde, dass sich jede Partei bemühen muss, die Prozesskosten so gering wie möglich zu halten. Bei Kosten, deren Höhe sich nicht aus dem Gesetz ergibt, genügt deshalb auch nicht zur Glaubhaftmachung im Kostenfestsetzungsverfahren, dass derartige Kosten überhaupt entstanden sind; zur Glaubhaftmachung der Notwendigkeit solcher Kosten ist dagegen in aller Regel die Vorlage eines Berichts über die einzelnen Ermittlungshandlungen und die Vorlage einer danach aufgegliederten Kostenberechnung erforderlich (vgl. OLG Schleswig JurBüro 1992, 471 f. m.w.N.). Dieser prozessualen Obliegenheit ist die Beklagte bisher nicht genügend nachgekommen. So hat sie lediglich die beiden Rechnungen des Detektivbüros vom 19.8.1999 (Bl. 169 d.A.) und vom 22.10.1999 (Bl. 139 d.A.) sowie – nach gerichtlichem Hinweis – die Abrechnungsprotokolle für die beiden Observierungszeiträume 30.6.1999 bis 11.8.1999 und 7.9.1999 bis 20.10.1999 (Bl. 155 und 156 d.A.) sowie einschließlich den Ermittlungsbericht vom 21.10.1999 über den zeitlich letzteren Observierungszeitraum (Bl. 171–173 d.A.) vorgelegt. Für den ersten Observierungszeitraum liegt dagegen kein ausführlicher Ermittlungsbericht vor; es kann daher schon nicht überprüft werden, ob eine – weitere – Beauftragung der Detektei die zweite Observierungsphase betreffend überhaupt erforderlich war. Ebenso fehlt die Vorlage einer nach den einzelnen Ermittlungshandlungen aufgegliederten Kostenberechnung, die eine rechnerische Zuordnung der Kosten überhaupt erst ermöglichte.

Der Senat sieht sich daher außerstande, selbst in der Sache zu entscheiden. Das Verfahren ist deswegen entsprechend § 575 ZPO zur erneuten Pr...

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