Leitsatz (amtlich)

Zur Garantenpflicht des Erstattungspflichtigen gem. § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB I.

 

Verfahrensgang

LG Zweibrücken (Entscheidung vom 21.03.2017; Aktenzeichen 4 Ns 4106 Js 649/16)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 4. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 21. März 2017 mit den Feststellungen aufgehoben.

  • II.

    Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Landstuhl hat den Angeklagten am 27. Juli 2016 wegen Betruges durch Unterlassen unter Einbeziehung der Verurteilung des Amtsgerichts Kusel vom 27. Oktober 2015 (6111 Js 15457/12) zu einer (Gesamt-)Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

Auf die dagegen gerichtete - auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte - Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Zweibrücken mit Urteil vom 21. März 2017 das erstinstanzliche Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass unter Einbeziehung der vorgenannten Strafe auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten erkannt wurde.

Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist begründet.

I.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Landstuhl wurde in der Zeit vom 11. Oktober 1944 bis einschließlich November 2012 eine Witwenrente auf das Konto der H. E. (IBAN ... bei der HypoVereinsbank Garmisch-Partenkirchen), der Mutter des Angeklagten, eingezahlt - zuletzt durch die Deutsche Rentenversicherung (Bund). Der Angeklagte war über dieses Konto verfügungsberechtigt. Die Mutter des Angeklagten war am 22. Januar 2005 verstorben. Gleichwohl wurden die Zahlungen fortgesetzt. Nachdem ein anderer Sozialversicherungsträger die Deutsche Rentenversicherung Bund mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 über die Einstellung von Versorgungsbezügen aufgrund einer rückwirkenden Abmeldung im Melderegister zum 3. Juli 2004 informiert hatte, wurden auch die Witwenrentenzahlungen eingestellt. Der Angeklagte erklärte auf Nachfrage der Deutschen Rentenversicherung (Bund) am 3. November 2013 wahrheitswidrig, dass sein letzter Kontakt zu seiner Mutter aus dem Februar 2012 datiere. Er erklärte weiter wahrheitswidrig, dass er erst im Mai 2013 erfahren habe, dass seine Mutter im Januar 2013 verstorben sei. In einem am 29. November 2013 persönlich geführten Telefonat zwischen dem Zeugen M. und dem Angeklagten gab dieser an, dass seine Mutter ihren letzten Wohnort im Dezember 2011 ohne Angabe von Gründen und ihrem Ziel dauerhaft verlassen habe und er alsbald keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt habe. Auf verschiedene Nachfragen der Deutschen Rentenversicherung Bund verschleierte der Angeklagte dieser gegenüber, dass seine Mutter bereits am 22. Januar 2005 verstorben war, um weitere Witwenrentenzahlungen zu erhalten und für eigene Zwecke zu verwenden. Durch das Verschweigen des Todes seiner Mutter und die wie von ihm beabsichtigten fortgesetzten Witwenrentenzahlungen hat der Angeklagte mit dem Ziel gehandelt, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Gewicht zu schaffen, da er selbst über keine hinreichenden Einkünfte verfügte, um den Lebensunterhalt für sich und seine Frau stemmen zu können.

Für den Zeitraum August 2007 bis November 2012 flossen Beträge von 1.504,34 € bis 1.605,42 € pro Monat auf das auf die Mutter des Angeklagten lautende Konto - insgesamt ein Betrag von 100.566,18 €.

Das Landgericht hat die ergänzende Feststellung getroffen, dass der Angeklagte jeweils per Online-Banking über die genannten Beträge verfügte.

Mit Urteil vom 27. Oktober 2015, rechtskräftig seit dem 4. November 2015, hatte das Amtsgericht Kusel den Angeklagten wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war. Nach den Feststellungen dieses Urteils wurden seit dem 1. Januar 1996 bis zum 29. Februar 2012 Leistungen nach dem Landesblindengesetz Rheinland-Pfalz auf das Konto der Mutter des Angeklagten bei der Kreissparkasse Kusel (Kontonummer ...), über welches der Angeklagte und seine Ehefrau Verfügungsberechtigung hatten, gezahlt. Die zuständige Behörde war die Kreisverwaltung Kusel. Bereits von Beginn an hat der Angeklagte sämtliche Blindengeldangelegenheiten für seine Mutter bei der Verwaltung erledigt. Er hat mitgeteilt, wann der Umzug von Bayern in die Pfalz stattfand und die Fallübernahme vom Versorgungsamt München zur Kreisverwaltung Kusel koordiniert. Er teilte sodann auch Wohnsitzänderungen seiner Mutter mit. Auch weitere Anfragen der Kreisverwaltung wurden von dem Angeklagten beantwortet. Am 24. Februar 2012 gab der Angeklagte noch gegenüber der Kreisverwaltung Kusel an, dass er beabsichtige, eine Reise mit seiner Mutter mit dem Wohnmobil zu unternehmen und täglich von seinem Wohnort Landstuhl zu seiner Mutter nach Waldmohr fahre, um nach ihr zu sehen und sie zu pflegen. In verschiedenen Mitteilungen gegenüber der Kreisverwaltung Kusel und auf verschiedenen Nachfragen der Kreisve...

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