Leitsatz (amtlich)

Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten im Sinne von § 29a Abs. 3 OWiG sind auch solche Aufwendungen abzuziehen, die zwar für ein verbotenes Geschäft angefallen sind, bei denen der Täter oder der bereicherte Dritte das Verbotene des Geschäfts aber lediglich fahrlässig verkannt hat.

 

Verfahrensgang

AG Ludwigshafen (Entscheidung vom 08.04.2019; Aktenzeichen 4m OWi 5231 Js 32551/18)

 

Tenor

  1. Auf die Rechtsbeschwerde der Einziehungsbeteiligten wird das Urteil des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 8. April 2019 aufgehoben, jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten.
  2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein zurückverwiesen.
 

Gründe

Das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein hat mit Urteil vom 8. April 2019 gegen die Einziehungsbeteiligte die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 380,00 Euro angeordnet. Mit ihrer Rechtsbeschwerde rügt die Einziehungsbeteiligte die Verletzung materiellen Rechts. Sie wendet sich gegen die Auslegung der Einziehungsvorschrift des § 29a OWiG sowie den unterbliebenen Abzug der ihr im Zusammenhang mit dem Transport entstandenen Aufwendungen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung der Rechtsbeschwerde der Einziehungsbeteiligten X beantragt, weil die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens Rechtsfehler zum Nachteil der Einziehungsbeteiligten nicht erkennen lasse.

I.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts handelt es sich bei der Einziehungsbeteiligten um ein Speditionsunternehmen mit Sitz in .... Im Rahmen einer Verkehrskontrolle am 14. Dezember 2017 wurde gegen 14:30 Uhr auf der Bundesautobahn 61, in Fahrtrichtung Koblenz auf der Tank- und Rastanlage ... eine Fahrzeugkombination aus der auf die Einziehungsbeteiligte zugelassenen und von dem Fahrer ... geführten Zugmaschine mit dem amtlichen Kennzeichen ... und einem Auflieger mit dem amtlichen Kennzeichen ... angetroffen. Die Ladung bestand aus 23,83 t Altpapier in 50 gepressten Ballen, war in Freiburg aufgenommen worden und sollte nach Koblenz entladen werden. Für den Transport vereinbarte die Einziehungsbeteiligte mit dem Auftraggeber einen Frachtlohn in Höhe von 380,00 Euro.

Bei der Kontrolle erwies sich die Ladungssicherung als unzureichend. Die Ladung war bereits nicht formschlüssig verladen worden, sondern wies nach hinten, zur Seite und auch zwischen den einzelnen Ballenstapeln erhebliche Lücken auf. Zur Ladungssicherung verwendete Spanngurte schnitten in die Ballen ein und wiesen wegen der Nachgiebigkeit des Materials keine Vorspannkraft auf.

Wegen der Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch die mangelhafte Ladungssicherung wurde der Kombination die Weiterverfahrt untersagt. Die Weiterfahrt des Transports wurde erst am Folgetag gegen 10:30 Uhr freigegeben, nachdem die Ladung durch die Fremdfirma ... auf eine andere Fahrzeugkombination, die einen Sattelauflieger mit Schubboden enthielt, umgeladen worden war.

Gegen den Fahrzeugführer wurde durch die Zentrale Bußgeldstelle des Polizeipräsidiums Rheinpfalz am 23. Februar 2018 in einem zwischenzeitlich rechtskräftigen Bußgeldbescheid wegen der mangelhaften Ladungssicherung eine Geldbuße in Höhe von 60 Euro verhängt. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag ordnete die Bußgeldbehörde gegenüber der Einziehungsbeteiligten unter einem anderen Aktenzeichen die Einziehung des Wertes von Taterträgen an, den sie zunächst im Wege der Schätzung mit 1.243,78 Euro veranschlagte. In der Anordnung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um ein einheitliches Verfahren gem. § 29a Abs. 2 OWiG handelt und das Aktenzeichen des Bußgeldverfahrens gegen den Fahrzeugführer mitgeteilt.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2018 hat die Bußgeldbehörde dem Einspruch der Einziehungsbeteiligten dahin abgeholfen, dass sie den Einziehungsbetrag mit 380,00 Euro nunmehr auf den von der Einziehungsbeteiligten mitgeteilten tatsächlichen Frachtlohn neu festsetzte.

Das Amtsgericht hat die Einziehung des Wertes des gesamten Frachterlöses in Höhe von 380,00 Euro unter Zugrundelegung des Bruttoprinzips angeordnet. Aufwendungen für die Durchführung des Transportauftrages wurden nicht in Abzug gebracht. Insoweit hat es die Voraussetzungen des Abzugsverbotes von Aufwendungen gemäß § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG als erfüllt angesehen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist begründet, so dass das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben war.

1. Das Amtsgericht ist zunächst zutreffend von der Anwendbarkeit des § 29a OWiG ausgegangen. Diese Regelung zur Einziehung des Wertes von Taterträgen ist nicht nachrangig gegenüber der Verhängung von Geldbußen und nicht nur ausnahmsweise anzuwenden. Vielmehr soll die Norm die Möglichkeit eröffnen, die Frage nach der Vorwerfbarkeit des Handelns offen ...

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