Leitsatz (amtlich)

Bei der Bemessung des der Einziehung unterliegenden Betrages aus einem Transportvertrag stellen die Mautgebühren nur dann einen durchlaufenden - nicht abzugsfähigen - Posten dar, wenn sie neben dem Transportlohn vom Auftraggeber zu tragen sind.

 

Verfahrensgang

AG Landstuhl (Entscheidung vom 14.06.2021; Aktenzeichen 2 OWi 4211 Js 4001/21)

 

Tenor

  1. Auf die Rechtsbeschwerde der Einziehungsbeteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Landstuhl vom 14.06.2021 mit den Feststellungen aufgehoben; nicht betroffenen sind jedoch die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen, die bestehen bleiben.
  2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
 

Gründe

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht gegen die Einziehungsbeteiligte die Einziehung des Werts von Taterträgen in Höhe von 646,37 EUR angeordnet. Hiergegen wendet sich die Einziehungsbeteiligte mit ihrer auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Rechtsbeschwerde.

Der Einzelrichter des Senats hat die Sache mit Beschluss vom heutigen Tag auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet und führt in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

I.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ließ die Einziehungsbeteiligte am 06.10.2020 mittels einer Fahrzeugkombination 15 Paletten Draht auf Rollen von Sladkovicovo (Slovenien) nach Roost (Luxemburg) transportieren. Bei einer Kontrolle auf der BAB6, Gemarkung Ramstein, wurden von Polizeibeamten diverse Ladungsverstöße (Verwendung austauschpflichtiger Gurte, Fehlen bzw. falsche Verwendung von Antirutschmatten u.a.) festgestellt. Durch eine Fremdfirma wurde auf Veranlassung der Polizeibeamten eine ordnungsgemäße Nachsicherung der Ladung vorgenommen, worauf der Transport fortgesetzt werden konnte. Die Mängel der Ladungssicherheit waren sowohl dem Fahrer als auch dem Vertreter der Einziehungsbeteiligten fahrlässig zuzurechnen.

Das gegen den Fahrer wegen des Verstoßes gegen § 22 Abs. 1 StVO geführte Bußgeldverfahren wurde rechtskräftig mit einem Bußgeldbescheid abgeschlossen und mit dem Einziehungsverfahren gegen die Einziehungsbeteiligte verbunden. Das gegen das vertretungsberechtigte Organ der Einziehungsbeteiligten geführte Bußgeldverfahren wurde von der Verwaltungsbehörde gem. § 47 OWiG eingestellt.

II.

Soweit sich die Einziehungsbeteiligte gegen die zum Ladungsverstoß getroffenen Feststellungen wendet und einen Ermessensfehlgebrauch der Verwaltungsbehörde im Hinblick auf die Durchführung eines Einziehungsverfahrens beanstandet, ist das Rechtsmittel unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG.

Demgegenüber begegnet jedoch die Bemessung des Einziehungsbetrages durch das Amtsgericht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

1.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass die Einziehungsbeteiligte durch die fahrlässige Nutzung einer ungeeigneten Fahrzeugkombination aus dem Transportvertrag einen Zahlungsanspruch in Höhe von 2.053,-- EUR erlangt hat. Das Amtsgericht hat ferner ausgeführt, dass "die für den rechtswidrigen Transport mitgeteilten Kosten (1.817,79 EUR) [..] nicht abzugsfähig i.S.d. § 29a Abs. 3 OWiG" seien. Die abzugsfähigen Kosten müssten daher geschätzt werden; gegen die von der Verwaltungsbehörde vorgenommene Schätzung von 1.406,62 EUR gebe es "nichts zu erinnern".

2.

a) Rechtliche Bedenken bestehen bereits im Hinblick auf die Begründung der vom Amtsgericht als abzugsfähig anerkannten Aufwendungen (§ 29 Abs. 3 S. 1 und 2 OWiG).

Gemäß § 72 Abs. 4 S. 5 OWiG sind in einem im schriftlichen Verfahren ergehenden Beschluss die für die Anordnung einer Nebenfolge bestimmenden Gründe darzulegen. Dem werden die Ausführungen des Amtsgerichts nicht vollumfänglich gerecht. Denn nach den Beschlussgründen bleiben die Grundlagen für die Bemessung des Abzugsbetrages von 1.406,62 EUR völlig offen. Auch wenn im Bußgeldverfahren an die Gründe eines Beschlusses nach § 72 OWiG keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind und der Begründungsaufwand sich auf das rechtsstaatlich unverzichtbare Maß beschränken kann, müssen sie aber jedenfalls eine Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren ermöglichen. Soweit die tatrichterliche Überzeugung darauf gestützt ist, erstreckt sich der Umfang der Nachprüfung zwar auch auf den Akteninhalt (Senge in KK-OWiG 5. Aufl. § 72 Rn. 58 m.w.N.). Unbeschadet des Umfangs der Nachprüfung müssen die Beschlussgründe jedoch zu den entscheidungserheblichen Vorgängen und Umständen Feststellungen sowie eine Beweiswürdigung enthalten, aus der sich die durchgeführten Beweiserhebungen, deren Ergebnis und deren Beurteilung durch das Tatgericht in einer für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbaren Weise ergeben (OLG Bamberg, Beschluss vom 27.11.2018 - 2 Ss OWi 1359/18, juris Rn. 7).

b) Jedenfalls aber kann der Auffassung des Amtsgerichts...

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