Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Entscheidung vom 21.09.1998; Aktenzeichen 1 AR 25/98) |
AG Kaiserslautern (Entscheidung vom 01.01.1000; Aktenzeichen 4 C 1253/98) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert:
Die Ablehnung des Richters am Amtsgericht ... ist begründet.
Gründe
I.
Die sofortige Beschwerde ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 46 Abs. 2, 569, 577 Abs. 2 ZPO). Zwar hat der Beklagte die Beschwerdeschrift entgegen § 569 Abs. 1 1. Halbsatz ZPO nicht bei dem den angefochtenen Beschluss erlassenden Landgericht, sondern bei dem Amtsgericht eingereicht. Aus der Eingangsnotiz der Geschäftsstelle des Landgerichts und der Zuleitungsverfügung des Vorsitzenden der 1. Zivilkammer ergibt sich jedoch, dass diese am 29. September 1998 und mithin rechtzeitig bei dem Landgericht eingegangen ist. Insoweit finden die von Rechtsprechung und Literatur (BVerfG NJW 1995, 3173, 3175; BGH vgl. nur FamRZ 1997, 172, 173 und VersR 1987, 47, 48; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 518 Rdnr. 4; Müko/Rimmelspacher, ZPO § 518 Rdnr. 28; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 56. Aufl. § 518 Rdnr. 4; Zöller/Gummer, ZPO 20. Aufl. § 518 Rdnr. 13) zum Eingang der Berufungsschrift entwickelten Grundsätze Anwendung (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O. § 577 Rdnr. 8; Wieczorek/Rössler, ZPO 2. Aufl. § 577 Rdnr. B III; Zöller/Gummer a.a.O. § 577 Rdnr. 13).
II.
Die sofortige Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg. Die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 ZPO sind erfüllt. Danach findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn aus der Sicht des Antragstellers ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des zuständigen Richters zu rechtfertigen. Unerheblich ist insoweit, ob der Richter sich befangen fühlt oder tatsächlich befangen ist. Entscheidend ist allein, ob aus der Sicht des Ablehnenden genügend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber.
Das ist hier der Fall. Dem Landgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass die Ablehnung eines Antrages auf Terminsverlegung grundsätzlich keinen Anlass bietet, an der Unparteilichkeit eines Richters zu zweifeln (BayObLG MDR 1986, 416; st. Rspr. des Senates, vgl. nur Beschluss vom 14. August 1995 - 3 W 159/95 -). Etwas anderes gilt jedoch, wenn besondere Umstände vorliegen, nach denen das prozessuale Vorgehen des Richters den Anschein von Willkür erweckt und/oder sich der dadurch betroffenen Partei der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt (BayObLG DRiZ 1977, 244 (245); OLG Koblenz NJW-RR 1992, 191).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Ausgehend von der Gesamtheit der richterlichen Verfügungen durfte sich dem Beklagten der Eindruck aufdrängen, der Richter achte dessen - durchaus nicht unverständlichen und nicht von vorneherein unbeachtlichen - Interessen in keiner Weise und benachteilige ihn dadurch. Der Senat verkennt bei der nachfolgend dargestellten Beurteilung der prozessualen Vorgänge nicht, dass die große Arbeitslast der Amtsgerichte grundsätzlich eine konsequente Beachtung der Beschleunigungsmaxime erfordert. Das darf aber nicht dazu führen, dass insbesondere bei Parteien nicht berufungsfähiger Rechtsstreite der Eindruck entsteht, das Gericht schätze die Bedeutung der Sache bereits wegen des die Berufungssumme nicht erreichenden Streitwertes gering und achte ihre Interessen deshalb nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße.
So liegt der Fall jedoch hier. Der Richter hat die ausführlich unter Hinweis auf die ständige Vertretung des Beklagten begründeten Verlegungsanträge des Beklagtenvertreters vom 31. August 1998 und 8. September 1998 mit formelhafter Begründung unter Hinweis auf die (geringe) Bedeutung der Sache abgelehnt. Er hat an dieser Ablehnung sogar dann noch festgehalten, als der Zeuge D. S. der Sohn des Beklagten, seine Verhinderung am Terminstag angezeigt und durch Vorlage einer Anmeldebestätigung zu einem Schulungsseminar hinreichend belegt hatte. Der Richter hat dem Zeugen zunächst die Unterbrechung des zweitägigen Seminars und nach Mitteilung, dass der Tagungsort in der Nähe von Kassel liegt, dessen vorzeitige Beendigung unter Hinweis auf die in Betracht kommende Verhängung eines Ordnungsgeldes nahe gelegt. Zudem hat der Richter den Rechtsstreit in einem Telefonat mit dem Beklagtenvertreter als "Kleckerles"-Angelegenheit bezeichnet. Es kann dahinstehen, was er mit dieser Bezeichnung zum Ausdruck bringen wollte. Denn sie ist in Verbindung mit dem dargestellten Procedere des Richters aus der Sicht des Beklagten jedenfalls geeignet, den Eindruck zu erwecken, der Richter setze sich über seine Interessen unangemessen hinweg und stehe ihm nicht unvoreingenommen gegenüber. Dies gilt umso mehr als dem Beklagten durch die Ablehnung der Verlegungsanträge die Durchführung der Beweisaufnahme in Abwesenheit seines Prozes...