Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 24.08.2017; Aktenzeichen 4 Ns 5404 Js 10024/16)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der. 4. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 24. August 2017 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein hat den Angeklagten am 24. Januar 2017 wegen Betruges und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Seine dagegen gerichtete Berufung hat der Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung auf den Rechtsfolgeausspruch beschränkt und "die Anwendung des § 64 von der Berufungsbeschränkung ausgenommen". Das Landgericht hat die Beschränkung für wirksam gehalten und mit Urteil vom 24. August 2017 das Rechtsmittel in seinem verbleibenden Umfang verworfen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner mit der allgemein erhobenen Sachrüge begründeten Revision.

Das Rechtsmittel führt entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft zu einem vorläufigen Erfolg, weil - was der Senat von Amts wegen zu prüfen hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 13.05.2014 - 3 RVs 35/14, juris Rn. 5) - der Angeklagte die Nichtanordnung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) durch das Amtsgericht nicht wirksam vom Berufungsangriff ausnehmen konnte. Dies zieht die Aufhebung auch des Strafausspruchs nach sich.

II.

1.

Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen, die das Landgericht aufgrund des nicht angegriffenen Schuldspruchs seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt hat, ließ der mehrfach wegen Betrugs und Fahrens ohne Fahrerlaubnis vorgeahndete Angeklagte am 4. Februar 2016 Waren im Gesamtwert von 299,43 EUR, darunter ein Fernsehgerät im Wert von 229,00 EUR, von der Kassiererin eines M.-Marktes in Ludwigshafen erfassen, bezahlte diese entsprechend vorgefasster Absicht an dem dafür vorhandenen SB-Terminal aber nicht. Ferner führte er am 3. September 2016 im öffentlichen Raum auf der L 520 einen PKW, ohne über die dafür erforderliche Fahrerlaubnis zu verfügen. Nach seiner vom Amtsgericht für glaubhaft gehaltenen Einlassung hatte der Angeklagte im Zeitpunkt der Begehung der Tat vom 4. Februar 2016 eine Drogenentwöhnungstherapie absolviert, diese aber durch "den Konsum von Spice unterlaufen". In der Zeit danach sei er "wieder in die frühere Drogenproblematik abgerutscht. Vor diesem Hintergrund sei "auch die weitere Tat" zu sehen" (UA S. 6 f.). Ausführungen zur Frage, ob die Voraussetzungen für die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB gegeben waren, enthält das amtsgerichtliche Urteil nicht. Den Feststellungen des Landgerichts zu den persönlichen Verhältnissen des bei Begehung der Taten 33 bzw. 34 Jahre alten Angeklagten ist ferner zu entnehmen, dass dieser seit seinem 16. Lebensjahr Drogen, u.a. Kokain und LSD, konsumiert hat und bereits kurz nach einer 2015/2016 durchgeführten 6 1/2-monatigen Therapie rückfällig geworden war. Zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung befand sich der Angeklagte erneut in einer Reha-Einrichtung.

2.

Zwar lässt der im Protokoll der Berufungshauptverhandlung aufgenommene "Antrag" des Verteidigers, "dass die Anwendung des § 64 von der Berufungsbeschränkung ausgenommen" sein solle, im Hinblick auf die unmittelbar davor protokollierte Erklärung, nach der das Ziel der Berufung eine "Reduzierung des Strafmaßes sowie die Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen" sei, noch mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass der Angeklagte eine Überprüfung des unterlassenen Maßregelausspruchs ausdrücklich nicht herbeiführen wollte. Entgegen der Annahme des Landgerichts konnte der Angeklagte die Nichtanordnung der Maßregel nach § 64 StGB hier aber nicht wirksam vom Berufungsangriff ausnehmen; dieser sachlich-rechtliche Mangel erfasst den Rechtsfolgenausspruch in seinem gesamten Umfang.

a) Die Entscheidung über die Nichtanwendung des § 64 StGB ist zwar - ebenso wie die über dessen Anordnung - ein für eine selbstständige Nachprüfung grundsätzlich geeigneter Teil des Strafurteils (Senat, Beschluss vom 20.02.2003 - 1 Ss 7/03, juris Rn. 2; BGH, Urteil vom 07.10.1992 - 2 StR 374/92, juris = BGHSt 38,392; van Gemmeren in MünchKomm/StGB, 3. Aufl. § 64 Rn. 128 m.w.N.; a.A. Schöch in LK-StGB, 12. Aufl. Vor § 61 Rn. 133; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 331 Rn. 22). Dies gilt im Grundsatz jedenfalls dann, wenn das Rechtsmittel des Angeklagten auf den Strafausspruch beschränkt ist und sich aus dem Gesamtzusammenhang des Rechtsmittelangriffs ergibt, dass der Angeklagte die verhängte Strafe nicht deswegen beanstandet, weil er glaubt, sie wäre niedriger ausgefallen, wenn gleichzeitig seine Unterbringung gemäß § 64 StGB angeordnet worden wäre (vgl. zur Beschränkung in der Revisionsinstanz: BGH, Beschluss vom 31.07.1992 - 4 StR 267/92, NStZ 1992, 539). Nac...

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