Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nach einem Prozessvergleich
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Beschluss vom 25.09.2010; Aktenzeichen 4 O 418/09) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde wird der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss dahingehend abgeändert, dass über die dort festgesetzten Kosten hinaus weitere 7 ... EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.5.2010 von den Beklagten als Gesamtschuldnern an die Kläger zu erstatten sind.
II. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I. Die klagenden Rechtsanwälte nahmen die Beklagten gesamtverbindlich auf Zahlung von Honorarforderungen i.H.v. rund 1 ... EUR nebst gestaffelter Zinsen in Anspruch. Als Nebenforderung verlangten sie zusätzlich Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten (1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG i.H.v. 1 ... EUR).
In der mündlichen Verhandlung vom 14.4.2010 vor dem LG haben die Parteien in der Sache " zur Abgeltung der Klageforderungen" einen Vergleich i.H.v. 8 ... EUR ohne weitere Vereinbarung hinsichtlich der mit eingeklagten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Kläger geschlossen; von den Kosten des Rechtsstreits übernahmen die Beklagten als Gesamtschuldner 4/5 und die Kläger 1/5.
Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Rechtspfleger des LG unter Berufung auf § 15a RVG bei der Berechnung des Erstattungsanspruchs der Kläger die von diesen geltend gemachte ungekürzte 1,3-Geschäftsgebühr lediglich mit dem hälftigen Gebührensatz von 0,65 zugrunde gelegt und die Geschäftsgebühr im Übrigen auf die im Prozess entstandene Verfahrensgebühr angerechnet. Dagegen wenden sich die Kläger mit der sofortigen Beschwerde.
II. Das verfahrensrechtlich bedenkenfreie und somit zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr der Kläger in der Kostenausgleichung liegen im Streitfall nicht vor.
1. Die Frage, wie nach einem im Prozess geschlossenen "Gesamtvergleich" der Parteien über die Hauptforderung und die als Nebenforderung mit eingeklagte vorprozessual entstandene anwaltliche Geschäftsgebühr die Anrechnung der Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen ist, war seit Inkrafttreten des (auch auf "Altfälle" anwendbaren) § 15a RVG in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im kostenrechtlichen Schrifttum umstritten (zum Meinungsstand vgl. Enders, JurBüro 2010, 281 ff.).
Vereinzelt wurde die Auffassung vertreten, dass die mit eingeklagte Geschäftsgebühr in diesem Fall immer in voller Höhe nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG anzurechnen sei (OLG Saarbrücken, JurBüro 2010, 194). Demgegenüber hat die überwiegende Rechtsprechung eine Anrechnung abgelehnt, wenn sich aus der Wortfassung des Vergleichs nicht eindeutig ergab, inwieweit mit der Vergleichssumme auch die vorgerichtlichen Kosten tituliert sein sollten (OLG Karlsruhe, AGS 2010, 209, OLG Naumburg, AGS 2010, 211; OLG Stuttgart, AGS 2010, 212; OLG Köln, JurBüro 2010, 526; OLG Koblenz, Beschl. v. 23.4.2010 - 14 W 220/10).
Der letztgenannten Auffassung, die auch der beschließende Senat in einer Einzelrichterentscheidung vom 3.5.2010 (4 W Lw 45/10, RdL 2010, 249 und juris) vertreten hat, ist nunmehr der BGH gefolgt.
In seinem Beschluss vom 7.12.2010 (VI ZB 45/10, MDR 2011, 135 und juris) führt der 6. Zivilsenat des BGH mit überzeugenden Erwägungen aus, dass eine Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Betracht kommt, wenn der Prozessvergleich keine ausdrückliche Regelung dazu enthält, inwieweit die vom Kläger mit eingeklagte Geschäftsgebühr vom Gegner zu zahlen ist oder inwieweit eine solche Geschäftsgebühr in der vom Beklagten zu zahlenden Vergleichssumme enthalten sein soll.
2. Die Gebührenanrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG wäre dem folgend hier bei der Kostenausgleichung nur dann zu berücksichtigen, wenn eine der drei Alternativen des § 15a Abs. 2 RVG erfüllt wäre.
Das ist jedoch nicht der Fall:
a) Die erste Alternative (Erfüllung) ist nicht gegeben. Selbst wenn ein Teil der von den Beklagten in Raten zu begleichenden Vergleichssumme i.H.v. 8 ... EUR bereits gezahlt sein sollte, stünde damit nicht fest, dass solche Zahlungen auch auf die vorgerichtlich den Klägern entstandene Geschäftsgebühr erbracht worden wären. Der Prozessvergleich vom 14.4.2010 enthält insoweit keine weitere Regelung, so dass aus ihm nicht ersichtlich ist, ob und ggf. welcher Anteil der Vergleichssumme auf die vorgerichtlich entstandenen Kosten entfallen sollte. Insbesondere kann dem Vergleichstext nicht entnommen werden, dass mit Zahlung der Vergleichssumme der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlich entstandenen Kosten abgegolten sein sollte. Insoweit besteht nämlich auch die Möglichkeit, dass dieser Anspruch im Wege des Vergleichs von den Klägern nicht weiter verfolgt werden sollte.
b) Nicht anders v...