Entscheidungsstichwort (Thema)
Ernennung eines Testamentsvollstreckers. Voraussetzungen für die Annahme eines an das Nachlassgericht gerichteten Ersuchens des Erblassers. Ablehnung der Amtsübernahme durch den vom Erblasser eingesetzten Testamentsvollstrecker
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen für die Annahme eines Ersuchens des Erblassers an das Nachlassgericht zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers, wenn der durch das Testament ernannte Testamentsvollstrecker das Amt ablehnt.
Normenkette
BGB §§ 133, 2084, 2200 Abs. 1; FGG § 29 Abs. 2, § 81 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Beschluss vom 10.02.2006; Aktenzeichen 1 T 6/06) |
AG Sobernheim (Aktenzeichen 7 VI 229/05) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) gegen die vom LG bestätigte Ernennung des Beteiligten zu 3) zum Testamentsvollstrecker durch das Nachlassgericht gem. § 2200 BGB ist nach §§ 81 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG als sofortige weitere Beschwerde statthaft und auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei. In der Sache ist die Rechtsbeschwerde unbegründet. Die angefochtene Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
1.a) Nach § 2200 Abs. 1 BGB kann das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker ernennen, wenn der Erblasser in seinem Testament darum ersucht hat. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass ein Ersuchen i.S.v. § 2200 Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich gestellt sein braucht. Vielmehr genügt, dass sich durch - ggf. ergänzende - Auslegung der letztwilligen Verfügung (§§ 133, 2084 BGB) ein darauf gerichteter Wille des Erblassers feststellen lässt.
Hat der Erblasser die Testamentsvollstreckung selbst angeordnet und ist der durch Verfügung von Todes wegen eingesetzte Testamentsvollstrecker wegen Nichtannahme des Amtes weggefallen - so liegen die Dinge hier -, ist zu prüfen, ob das Testament in seiner Gesamtheit den Willen des Erblassers erkennen lässt, die Testamentsvollstreckung auch nach dem Wegfall der vom Erblasser benannten Person fortdauern zu lassen. Zwar kann bei Auswahl einer bestimmten Person als Testamentsvollstrecker durch den Erblasser nicht ohne weiteres von einem Ersuchen an das Nachlassgericht ausgegangen werden, wenn diese Person für das Amt nicht zur Verfügung steht. Dennoch sind an die Feststellung eines Ersuchens i.S.v. § 2200 Abs. 1 BGB keine strengen Anforderungen zu stellen. Deshalb genügt es, wenn der Erblasser die Testamentsvollstreckung selbst angeordnet hat, dass sein Wille erkennbar wird, die Testamentsvollstreckung auch nach dem Wegfall der von ihm benannten Person fortdauern zu lassen. Dabei muss der Wille nicht einmal wirklich vorhanden und dem Erblasser bewusst gewesen sein. Er ist nach allgemeinen Grundsätzen über die ergänzende Testamentsauslegung schon dann anzunehmen, wenn der Erblasser bei Berücksichtigung der später eingetretenen Sachlage mutmaßlich die Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht gewünscht hätte. Hierbei ist von maßgebender Bedeutung, welche Gründe den Erblasser zur Anordnung der Testamentsvollstreckung bewogen haben und ob diese Gründe, von seinem Standpunkt aus, auch nach dem Wegfall der im Testament benannten Person fortbestehen, insb. ob noch Aufgaben des Testamentsvollstreckers zu erfüllen sind. Zur Feststellung des (mutmaßlichen) Erblasserwillens sowie der Gründe, die ihn zur Anordnung der Testamentsvollstreckung bewogen haben, muss der gesamte Inhalt der Erklärung einschließlich aller Nebenumstände, auch solcher, die außerhalb der Testamentsurkunde liegen, als Ganzes gewürdigt werden; auch die allgemeine Lebenserfahrung ist zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen: OLG Hamm NJWE-FER 2001, 105 [106 f.]; BayObLG v. 1.10.2002 - 1Z BR 83/02, NJW-RR 2003, 224 [225] = FamRZ 2003, 789 = Rpfleger 2003, 127, jeweils m.w.N.; Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl., § 2200 Rz. 2, 3; Staudinger/Reimann, BGB, Neubearb. 2003, § 2200 Rz. 7).
b) Die Auslegung selbst ist grundsätzlich dem Nachlassgericht und dem Gericht der Erstbeschwerde als den Tatsacheninstanzen vorbehalten. Die Rechtskontrolle im dritten Rechtszug ist darauf beschränkt, ob die Auslegung der Tatrichter gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand - z.B. ein Teil des Testamentswortlauts - übersehen wurde oder ob dem Testament ein Inhalt gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen gestützt werden kann (BayObLG v. 1.10.2002 - 1Z BR 83/02, NJW-RR 2003, 224 [226], m.w.N.).
2. Der nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen eröffneten Überprü...