Leitsatz (amtlich)
1. Sorgt ein Ehegatte durch Sabotagehandlungen dafür, dass das Hausanwesen des anderen Ehegatten nur unterhalb des Marktpreises veräußert werden kann, steht der späteren Geltendmachung eines Zugewinnausgleichsanspruches zwar nicht die Unbilligkeitseinrede des § 1381 Abs. 1 BGB entgegen (Fortführung Senat, Beschluss vom 31. August 2018, 2 UF 34/18). Ihm bleibt aber die Berufung auf den objektiven Marktwert des Anwesens nach § 242 BGB verwehrt.
2. Erwirbt der an sich unterhaltsberechtigte Ehegatte mit seinem neuen Partner ein Grundstück, um darauf ein gemeinsames Haus zu bauen, spricht dies selbst dann für eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne des § 1579 Nr. 2 BGB, wenn die Hausbaupläne aufgrund gestiegener Baukosten zurückgestellt oder ganz aufgegeben werden.
Normenkette
BGB §§ 242, 1378, 1570, 1579 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Kaiserslautern (Aktenzeichen 5 F 905/19) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Verbundbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kaiserslautern vom 24. August 2022 in seinen Ziffern 3 und 4 geändert: 1. Der Antragsteller wird verpflichtet, an die Antragsgegnerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 21.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11. Dezember 2021 zu zahlen.
2. Der Antragsteller wird verpflichtet, an die Antragsgegnerin Nachscheidungsunterhalt in Höhe von insgesamt 1.114,00 EUR für den Zeitraum vom 11. Dezember 2021 bis zum 28. Februar 2022 zu zahlen.
II. Die weitergehende Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller 1/5, die Antragsgegnerin 4/5 zu tragen.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
V. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 119.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten streiten im Scheidungsverbundverfahren nur noch über Ansprüche der Antragsgegnerin auf Zugewinnausgleich und Nachscheidungsunterhalt.
Die Beteiligten haben am 22. September 2011 die Ehe geschlossen und leben seit Januar 2018 voneinander getrennt; der Scheidungsantrag wurde am 11. November 2019 zugestellt.
Aus der Ehe ist die Tochter V... (geb. am ...) hervorgegangen. Die Antragsgegnerin hat zwei ältere Söhne aus einer früheren Ehe; einer der Söhne ist schwerbehindert und auf Pflegeleistungen angewiesen.
Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 24. August 2021, auf den hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der Gründe Bezug genommen wird, die Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und die Zahlungsanträge der Antragsgegnerin in den Folgesachen Güterrecht und Nachscheidungsunterhalt zurückgewiesen.
Teil 1: Folgesache Güterrecht
I. Im Vermögen des Antragstellers befanden sich zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages ein während der Ehe gebautes, kreditfinanziertes Hausanwesen (i ... B ... in ...), das nebst Zubehör mit Notarvertrag vom 20. April 2020 für 365.000,00 EUR veräußert wurde. Darüber hinaus war der Antragsteller Eigentümer eines kleinen Ferienhauses in Frankreich im Wert von 15.000,00 EUR.
Die Antragsgegnerin hat von dem Antragsteller im Zusammenhang mit dem Streit über einen im Jahr 2017 zum Preis von 75.780 EUR gekauften Mercedes Benz CLS 63 AMG im Zeitraum zwischen der Trennung der Beteiligten und der Zustellung des Scheidungsantrages einen Betrag von 37.000,00 EUR erhalten.
Die Antragsgegnerin hat vorgetragen,
sie sei zum Zeitpunkt der Eheschließung Eigentümerin einer Eigentumswohnung in der Tschechischen Republik gewesen, ihr Anfangsvermögen habe daher 30.000,00 EUR betragen. Zum Zeitpunkt des Ehezeitendes habe sie dagegen nur Schulden gehabt.
Die Antragsgegnerin hat einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 107.500,00 EUR geltend gemacht und diesen wie folgt beziffert:
Endvermögen Antragsteller
Haus O... 500.000,00 EUR
Haus Frankreich 15.000,00 EUR
Abzgl. Schulden Haus O... -300.000,00EUR
Endvermögen/Zugewinn 215.000,00 EUR
Davon 1/2 107.500,00 EUR
Der Antragsteller hat den Wert des Anwesens in O... (unter Verweis auf den erzielten geringeren Kaufpreis) bestritten und vorgebracht, zum Zeitpunkt der Eheschließung habe sein Vermögen aus folgenden Positionen bestanden:
- Erlös aus Verkauf einer Eigentumswohnung: 30.000,00 EUR
- Erhaltene Abfindung nach Auflösung eines Arbeitsvertrages: 42.000,00 EUR
- Ersparnisse 15.000,00 EUR
Überdies habe er anlässlich der Hochzeit 15.000,00 erhalten.
Das Familiengericht hat den Zugewinnausgleichsantrag der Antragsgegnerin mit Verbundbeschluss vom 24. August 2021 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe keinen höheren Zugewinn als die Antragsgegnerin erwirtschaftet.
Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, das Endvermögen der Antragsgegnerin bestehe aus den Zahlungen für den Mercedes i.H.v. 37.000,00 EUR. Ihre Behauptung, das Geld zur Tilgung eines Darlehens an ihre Familie gezahlt zu haben, sei unsubstantiiert. Überdies sei die im Parallelverfahren (2 UF 181/21) gelte...