Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung eines Erbscheins zur Erbfolge nach dem am … in …, seinem letzten Wohnsitz, verstorbenen Kaufmann L. G. H. Witwer von P. A. H. geb. E. geboren am … zuletzt wohnhaft gewesen …. Testamentsauslegung
Leitsatz (redaktionell)
Zur Auslegung letztwilliger Verfügungen durch Ermittlung des wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Erblassers unter Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten.
Normenkette
FGG §§ 12, 15; BGB § 133
Verfahrensgang
AG Idar-Oberstein (Beschluss vom 13.11.1985; Aktenzeichen 6 VI 96/85) |
LG Bad Kreuznach (Beschluss vom 17.10.1985; Aktenzeichen 2 T 113/85) |
Tenor
1. Der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 17. Oktober 1985 sowie der Beschluß des Amtsgerichts – Nachlaßgericht – Idar-Oberstein vom 13. November 1985 werden aufgehoben.
2. Die Sache wird zu weiteren Ermittlungen und zur erneuten Entscheidung, auch über die Erstattung der im Beschwerdeverfahren sowie der im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten, an das Landgericht Bad Kreuznach zurückverwiesen.
3. Im übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
4. Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 27 349,30 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten sind die einzigen Abkömmlinge des Erblassers. Sie entstammen seiner ersten Ehe. Zusammen mit seiner bereits am 17. April 1983 verstorbenen zweiten Ehefrau P. H. errichtete der Erblasser am 15. Juli 1982 handschriftlich ein gemeinschaftliches Testament, das sie eigenhändig unterzeichneten und beim Amtsgericht Idar-Oberstein in amtliche Verwahrung gaben. Dieses Testament hat folgenden Wortlaut:
„Testament
Wir haben am 19. April 1982 geheiratet.
Hiermit setzen wir uns gegenseitig als Alleinerben ein. Der überlebende Teil soll also den zuerst Versterbenden allein und uneingeschränkt beerben.
Den Wert unseres derzeitigen Vermögens geben wir mit Deutsche Mark 100.000,– (Hunderttausend DM) an. Stirbt der Ehemann G. L. H. zuerst, wird die Ehefrau P. H. geborene E. vom seinerzeitigen Vermögen 50 (fünfzig) Prozent an das Kind des Mannes aus erster Ehe Kriminalhauptkommissar N. H. z. Zt. drei Prozent an die Nichte der Ehefrau. Fräulein D. S. und drei Prozent an die Eheleute F. E. vegen deren großen Beistand zum Erblasser und dessen schwer erkrankter Ehefrau, auszahlen.
Nach dem Tod der Ehefrau P. H. wird das noch bestehende Vermögen dem oben genannten N. H. zugeteilt. – Zu Lebzeiten des L. H. kann eine Änderung vorgenommen werden. Dieses Testament und das dadurch ungültige 1. Testament geben wir in amtliche Verwahrung beim Nachlaßgericht Idar-Oberstein. –
Idar-Oberstein, am 15. Juli 1982
gez. L. H. |
gez. P. H. |
geb. … |
geb. …” |
Auf Antrag der Beteiligten zu 3) hat das Nachlaßgericht am 30. Mai 1985 einen gemeinschaftlichen Erbschein des Inhalts ausgestellt, daß die Beteiligten zu 1) – 3) Erben zu je 1/3 nach ihrem verstorbenen Vater geworden sind. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach das Nachlaßgericht durch Beschluß vom 17. Oktober 1985 angewiesen, den am 30. Mai 1985 erteilten gemeinschaftlichen Erbschein einzuziehen und dem Beteiligten zu 1) auf dessen Antrag einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben des Erblassers ausweist. Das Nachlaßgericht hat daraufhin mit Beschluß vom 13. November 1985 den gemeinschaftlichen Erbschein als unrichtig eingezogen. Der Beteiligte zu 1) hat sodann die ihm erteilte Ausfertigung des Erbscheins zurückgegeben. Die Beteiligte zu 3) hat die ihr erteilte Ausfertigung nicht zurückgegeben und am 18./21. November 1985 weitere Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den Beschluß des Landgerichts vom 17. Oktober 1985 aufzuheben und die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den am 30. Mai 1985 durch das Amtsgericht erteilten Erbschein zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 1) ist der weiteren Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere Beschwerde ist an sich statthaft, § 27 FGG.
Sie ist allerdings nicht mit dem im Schriftsatz vom 11. November 1985 (Bl. 53 d. A.) gestellten Antrag zulässig; denn mit der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und der Zurückweisung der von dem Beteiligten zu 1) eingelegten Erstbeschwerde ist dem Begehren der Beteiligten zu 3) nicht genügt. Es geht nämlich dahin, den ihr erteilten gemeinschaftlichen Erbschein nicht – wie vom Nachlaßgericht mit Beschluß vom 13. November 1985 angeordnet – zurückgeben zu müssen. Ihr Begehren beinhaltet mithin auch den Antrag, die Einziehungsverfügung aufzuheben. Es war jedoch nicht erforderlich, die Beteiligte zu 3) auf diese Rechtslage hinzuweisen und ihr die Stellung eines neuen Rechtsmittelantrags anheimzugeben. Denn die Beteiligte wollte ersichtlich den nach der jeweiligen Verfahrenslage zulässigen Rechtsmittelantrag stellen. Ihr Antrag läßt sich daher auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz ohne weiteres dahin auslegen, daß auch die Aufhebung der Einziehungsverfügung des Nachlaßgerichts vom 13. November ...