Leitsatz (amtlich)
Wird bei Erlass eines Zwangsgeldbeschlusses zur Vollstreckung eines Auskunftstitels in einer Familienstreitsache über die Beschwerdefrist unrichtig belehrt (1 Monat statt 14 Tage), liegt ein offenkundiger Fehler vor. Wenn der den Vollstreckungsschuldner vertretende Rechtsanwalt auf die falsche Rechtsmittelbelehrung vertraut, kann daher keine Wiedereinsetzung gewährt werden.
Normenkette
FamFG §§ 39, 113 Abs. 1, § 120 Abs. 1; ZPO § 85 Abs. 2, §§ 233, 793, 888
Verfahrensgang
AG Zweibrücken (Aktenzeichen 1 F 75/16) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragsgegners wird als unzulässig verworfen. II. Der Antrag des Antragsgegners auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Beschwerdefrist wird zurückgewiesen. III. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
1. Die mit Schriftsatz vom 8. Mai 2017 eingelegte Beschwerde des Antragsgegners, die als sofortige Beschwerde zu behandeln ist, über die der Senat gem. § 568 Abs. 1 Satz 2 ZPO in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Senatsbesetzung entscheidet, ist unzulässig, weil nicht innerhalb der 2-wöchigen Beschwerdefrist gem. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt. Gegen einen Zwangsgeldbeschluss der vorliegenden Art, ist die sofortige Beschwerde gem. §§ 113 Abs. 1 Satz 1, 120 Abs. 1 FamFG, 793 ZPO statthaft. Für die Einlegung des Rechtsmittels gilt daher die 2-wöchige Beschwerdefrist gem. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die angegriffene Entscheidung des Familiengerichts vom 3. April 2017 ist dem Antragsgegner nach den Ausführungen in dem Beschwerdeschriftsatz vom 8. Mai 2017 am 7. April 2017 zugestellt worden. Die am 8. Mai 2017 eingegangene Beschwerdeschrift vom selben Tag ist daher nicht innerhalb der 2-wöchigen Frist eingegangen. Weil die sofortige Beschwerde somit nicht innerhalb der Beschwerdefrist eingegangen ist, ist sie als unzulässig zu verwerfen. 2. Dem Antragsgegner kann hinsichtlich der versäumten Beschwerdefrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Begründet ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung nur dann, wenn der Beteiligte ohne Verschulden an der rechtzeitigen Vornahme der Prozesshandlung gehindert war. Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Richtig ist, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des Familiengerichts, es sei gegen die angegriffene Entscheidung die Beschwerde gegeben, die innerhalb eines Monats einzulegen sei, fehlerhaft gewesen ist. Durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung wird ein Vertrauenstatbestand geschaffen, der eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen kann, wenn die Belehrung einen unvermeidbaren oder zumindest entschuldbaren Rechtsirrtum auf Seiten des Beteiligten hervorruft und die Fristversäumnis darauf beruht. Dabei ist ein durch eine inhaltlich unrichtige Rechtsmittelbelehrung hervorgerufener Rechtsirrtum eines anwaltlich vertretenen Beteiligten dann entschuldbar, wenn die Rechtsmittelbelehrung nicht offenkundig fehlerhaft und der durch sie verursachte Irrtum nachvollziehbar ist (vgl. BGH NJW 2012, 2443/2444). Ein Rechtsanwalt darf zwar grundsätzlich auf die Richtigkeit einer durch das Gericht erteilten Rechtsbelehrung vertrauen. Gleichwohl muss von ihm erwartet werden, dass er die Grundzüge des Verfahrensrechts und das Rechtsmittelsystem in der jeweiligen Verfahrensart kennt. Das Vertrauen in die Richtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung kann er deshalb nicht uneingeschränkt, sondern nur in solchen Fällen in Anspruch nehmen, in denen die inhaltlich fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung zu einem unvermeidbaren, zumindest aber zu einem nachvollziehbaren und daher verständlichen Rechtsirrtum des Rechtsanwalts geführt hat. Auch in den Fällen einer inhaltlich unrichtigen Rechtsmittelbelehrung kann es daher an der Ursächlichkeit zwischen Belehrungsmangel und Fristversäumung fehlen, wenn die durch das Gericht erteilte Rechtsbehelfsbelehrung offenkundig falsch gewesen ist und deshalb - ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand - nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte (BGH FamRZ 2012, 1287 ff. m.w.N.). Von einem solchen Fall ist vorliegend auszugehen. Ein im Familiengericht tätiger Rechtsanwalt muss wissen, dass gegen einen Zwangsgeldbeschluss in einer Familienstreitsache nicht die Beschwerde gem. §§ 58 ff. FamFG, sondern die sofortige Beschwerde gem. §§ 113 Abs. 1 Satz 1, 120 Abs. 1 FamFG, 793 ZPO gegeben ist. Dieses Wissen gehört nach Auffassung des Senats zu den Grundkenntnissen des familiengerichtlichen Verfahrens in Familienstreitsachen, mit denen ein auf dem Gebiet des Familiengerichts tätiger Rechtsanwalt ohne weiteres vertraut sein muss (vgl. BGH a.a.O.). Dem angenommenen Verschulden steht auch nicht entgegen, dass dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners nach seinen Angaben die Akte erst kurz vor Ablauf der in der fehlerhaften Recht...