Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung eines Erbscheins über die Erbfolge der am 3. September 1998 verstorbenen … …, geb. am … in …, zuletzt wohnhaft in …. Auschlusss des Ehegattenerbrecht
Leitsatz (redaktionell)
Fehlt es beim Tod eines Ehegatten im Scheidungsverfahren noch an der Einigung über die Folgesachen, so kann bezüglich der Prognose über den Ausgang des Scheidungsverfahrens nicht auf die Zerüttungsvermutung nach § 1566 Abs. 1 BGB abgestellt werden.
Normenkette
BGB §§ 1565, 1566 Abs. 1, § 1933 S. 1, § 2077 Abs. 1, § 2279 Abs. 2; ZPO § 630
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Beschluss vom 26.04.2000; Aktenzeichen 1 T 79/00) |
AG Ludwigshafen (Aktenzeichen 8 b VI 667/98) |
Tenor
I. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Sachbehandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Frankenthal (Pfalz) zurückverwiesen.
II. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf einen Betrag bis zu 400.000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Nach dem Tod seiner Ehefrau streitet der Beteiligte zu 1) mit seinen Kindern, den Beteiligten zu 2) und 3), um die Ausstellung eines Erbscheins.
Mit Erbvertrag vom 27. Mai 1982 haben sich die Erblasserin und der Beteiligte zu 1) gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt. Weiter ist in dem Erbvertrag geregelt, dass nach dem Ableben des letztversterbenden Eheteils das beiderseitige Vermögen an die beiden ehelichen Kinder als Schlusserben fallen soll.
Im November bzw. Dezember 1997 haben der Beteiligte zu 1) und die Erblasserin jeweils die Ehescheidung beantragt. Zum Zeitpunkt des Getrenntlebens haben sie dabei unterschiedliche Angaben gemacht. Weiter stritten sie um den Nachscheidungsunterhalt, insbesondere ob dieser aufgrund besonderer Umstände ausgeschlossen sei. Noch vor Abschluss des Scheidungsverfahrens ist die Erblasserin am 3. September 1998 verstorben.
Sowohl der Beteiligte zu 1) als auch die Beteiligten zu 2) und 3) haben jeweils einen Erbscheinsantrag zu ihren Gunsten gestellt. Der Beteiligte zu 1) stützt seinen Antrag auf den Erbvertrag und macht geltend, seine Ehefrau, die Erblasserin, habe nicht ernsthaft die Scheidung der Ehe erreichen wollen.
Zur Frage, ob im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin die Voraussetzungen für eine Scheidung der Ehe vorgelegen haben, hat der Nachlassrichter Beweis erhoben und sodann den Antrag des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Nach Ansicht des Landgerichts sind die Voraussetzungen für eine unwiderlegbare Vermutung des Scheiterns der Ehe gemäß § 1566 Abs. 1 BGB erfüllt. Mit der weiteren Beschwerde macht der Beteiligte zu 1) u. a. geltend, von der Vermutung des § 1566 Abs. 1 BGB könne nicht ausgegangen werden, weil entgegen § 630 Abs. 1 Nr. 3 ZPO der Nachscheidungsunterhalt nicht geregelt gewesen sei.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde ist statthaft und formgerecht eingelegt (§§ 27, 29 Abs. 1 FGG). Die gemäß §§ 29 Abs. 4, 20 Abs. 1 FGG erforderliche Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt für die weitere Beschwerde daraus, dass seine Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist (BGHZ 31, 92, 95; BayObLGZ 1982, 236, 238; Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FGG 14. Aufl. § 27 Rdnr. 10 jew. m. w. N.). Im Übrigen ergibt sich die Beschwerdebefugnis aber auch daraus, dass dem Beteiligten zu 1) das Erbrecht, das ihm unter Zugrundelegung seines Rechtsstandpunktes zustehen würde, abgesprochen worden ist (vgl. BGH FamRZ 1974, 645, 646; BayObLGZ 1982 aaO und FamRZ 1976, 101, 102 jew. m. w. N.).
2. In der Sache führt die weitere Beschwerde zu einem vorläufigen Erfolg. Denn die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG) und kann deshalb keinen Bestand haben. Die Vermutung des § 1566 Abs. 1 BGB greift entgegen der Ansicht des Landgerichts nur dann ein, wenn auch die übrigen, in § 630 ZPO normierten Voraussetzungen einer einverständlichen Entscheidung vorliegen. Das ist hier im Hinblick auf die streitige Unterhaltspflicht nicht der Fall, was zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache führt.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend haben die Vorinstanzen § 2077 Abs. 1 BGB geprüft, der gemäß § 2279 Abs. 2 BGB auch für Erbverträge Anwendung findet. Da hier die Ehe vor dem Tod der Erblasserin noch nicht aufgelöst war, kommt es nach § 2077 Abs. 1 Satz 2 BGB darauf an, ob zum Zeitpunkt ihres Todes die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und sie die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.
b) Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt auch die Annahme des Landgerichts, dass die Erblasserin selbst die Scheidung der Ehe beantragt und ausweislich der Akten des Familiengerichts diesen Antrag nicht zurückgenommen hat. Dazu nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug.
c) Soweit das Landgericht des Weiteren das Vorliegen der Voraussetzungen einer Konventionalscheidung bejaht hat ...